Morenga
fort und überfielen am 28. September bei Heirachabis einen Transport von zehn Proviantwagen, wobei vier Deutsche verwundet wurden. Bei dieser Gelegenheit erklärten Morenga und Morris einem zur Pflege von Verwundeten zurückgebliebenen Veterinär, sie hätten beschlossen, bis zum letzten Mann weiterzukämpfen.« (Die Kämpfe der deutschen Truppen in Südwestafrika, hrsg. vom Großen Generalstabe, Bd. 2, S. 232)
Ein halbes Jahr nach diesem Vorfall drang Hauptmann Bech mit seiner Abteilung in das englische Gebiet vor. Morenga hatte mit seinen Leuten das Lager am Van Rooisvley aufgeschlagen. Der Feuerüberfall kam für sie völlig überraschend. Zwar leisteten die Hottentotten, wo sie gerade standen und lagen, erbittert Widerstand, sie wurden aber in kurzer Zeit von den gut gedeckten Deutschen zusammengeschossen. Lediglich aus drei Pontoks wurde weitergefeuert, als läge darin eine Kompanie Gardeschützen. Da es Verluste auf deutscher Seite gab, befahl der Hauptmann, die Pontoks zu stürmen. Die Deutschen drangen schließlich mit ihren Bajonetten in die Pontoks ein, wo sie zu ihrer Überraschung nur drei Mann und zwei Frauen fanden, die sie auf der Stelle niedermachten. Inzwischen winkte von einem Hügel ein englischer Polizeikorporal mit einem weißen Bettlaken an einem Spazierstock und protestierte im Namen Seiner Majestät des Königs von England gegen die Grenzverletzung. Dennoch suchten die Deutschen das Gefechtsfeld in aller Ruhe ab. Morenga war durch zwei Schüsse an Kopf und Hals verletzt worden. Später erzählte er einem Reporter der ›Cape Times‹, daß er sich, als er zwei deutsche Soldaten auf sich zukommen sah, auf dem Gesicht liegend totgestellt habe. Der eine Soldat sei ihm mit dem Gewehrkolben in die Seite gefahren und habe versucht, ihn umzudrehen, dann aber das Blut am Kopf und im Nacken gesehen und gesagt: Der hat genug.
Drei Tage später stellte sich Morenga, ausgehungert und vom Blutverlust erschöpft, mit zehn anderen Hottentotten und zwei Herero der englischen Polizei. Er wurde daraufhin in der Kapkolonie interniert. In einem der drei Pontoks, die man mit den Bajonetten hatte säubern müssen, fand man auch Morengas Habe: ein paar Schuhe, ein Baumwollhemd, zwei Pfeifen, einige Platten Tabak und ein Drahtgestell, dessen Funktion sich niemand erklären konnte.
Einzig der Gefreite Zeisse hätte Auskunft geben können über Herkunft und Funktion dieses merkwürdigen Gestells, wäre er nicht zwei Tage zuvor an einem glühheißen Nachmittag durch einen Kopfschuß gefallen.
Oberleutnant von Davidson trug dieses Fundstück aus Morengas Habe in die Liste des Beuteguts mit dem Vermerk ein: Fruchtbarkeitsfetisch.
Allgemeine Lage
Am 29. September 1905 fiel Hendrik Witbooi während eines Gefechts bei Fahlgras. Wenig später ergaben sich seine beiden Söhne. Bei ihnen waren nur fünfundsiebzig Mann, und von denen waren nicht alle bewaffnet. General Trotha konnte endlich seine Rückreise in die Heimat antreten. Befehlshaber der Schutztruppe wurde kommissarisch Oberst Dame.
Schon Mitte September hatte Oberstleutnant van Semmern, nachdem Morenga die Verhandlungen abgebrochen hatte, eine Offensive gegen die Aufständischen im südöstlichen Teil des Schutzgebietes eingeleitet.
Van Semmerns Truppen sollten in zwei Abteilungen in Richtung Hartebeestmund am Oranje marschieren, wo, wie man erfahren hatte, Morenga die Frauen und Kinder ins englische Gebiet übersetzen wollte. Durch eine Zangenbewegung wollte van Semmern die Hottentotten vernichten. Die Abteilung Koppy, bei der sich der Oberstleutnant befand, marschierte von Osten kommend den Oranje entlang, die Abteilung Siebert sollte über die Oranje-Berge vorstoßen. Am 24. Oktober erreichte die Abteilung Koppy den Hartebeestmund, nicht weit entfernt von jener Stelle, über die vor mehr als fünfzig Jahren der Missionar Gorth ins Land gekommen war. Frühmorgens erhielt die Spitze Feuer: in Front auf dem rechten Flügel von steilen Klippen herab und auch von dichtbewachsenen Inseln im Oranje. Die Abteilung wurde geschlagen und trat mit erheblichen Verlusten den Rückzug an. Die Abteilung Siebert, die die Hottentotten in die Zange nehmen sollte, hatte zwar Kanonendonner gehört, aber keinen Weg durch das steile Gebirge finden können. Die Aufständischen unter der Führung Morengas und des Bondelzwart-Kapitäns Johannes Christian hatten einen Sieg über die Südabteilung der deutschen Schutztruppe erkämpft, der für die nächsten Monate ihre Stellung
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