Morenga
am Oranje sichern sollte. Oberstleutnant van Semmern wurde durch den langjährigen Schutztruppenoffizier von Estorff ersetzt. Estorff galt als der fähigste Südwester.
Er bereitete die neue Offensive über Monate sorgfältig vor: Er forderte und erhielt erhebliche Verstärkung, insbesondere im Nachrichtenwesen, darunter vier Funkenstationen und elf Signaltrupps. Außerdem mußten Proviant, Munition und Futter für mehr als fünftausend Mann und über sechstausend Pferde herangeschafft, zudem Vorräte für die geplante Offensive angelegt werden. Wiederum mußte ein Großteil des Futters und Proviants aus der Kapkolonie eingeführt werden, wobei es zu so paradoxen Situationen kam, daß Schlachtvieh über den Oranje getrieben wurde, von den Hottentotten erbeutet und abgetrieben, wieder durch den Oranje zurückgetrieben, von den gleichen Händlern billig aufgekauft, abermals an die Deutschen verkauft und hinübergetrieben wurde, bis es endlich in die Fleischtöpfe der Truppe kam. Die Geschäfte der Händler haben damals wie nie zuvor floriert. Als die Rinderpest ausbrach und die englische Regierung auch noch eine Zeitlang die Grenze schloß, schnellten die Preise hoch, Versorgungsengpässe stellten sich ein, Unzufriedenheit. Immer wieder wurde von den Militärs der Bau einer Eisenbahn gefordert, und zwar von Keetmannshoop nach Kalkfontein in den Süden, in das Gebiet der Bondelzwarts.
Im Februar hatte Estorff seine Vorbereitungen für den Angriff abgeschlossen. Der Vormarsch auf die Stellungen der Hottentotten bei Kumkum begann Anfang März mit dreizehn kriegsstarken Kompanien und dreizehn Geschützen sowie sechs Maschinengewehren.
Den mehr als fünftausend Mann auf deutscher Seite standen ungefähr zweihundertsechzig bewaffnete Hottentotten gegenüber.
Morenga versuchte, seiner bisherigen Strategie folgend, zunächst die schwächste deutsche Abteilung in ein für sie ungünstiges Gelände zu locken und zu schlagen, um dann die nächst stärkere Abteilung anzugreifen. So hoffte er, den Vormarsch der deutschen Truppen wie in dem Gefecht am Hartebeestmund zu stoppen und sie zum Rückzug zu zwingen. Aber diesmal war die Überlegenheit der deutschen Seite zu groß. Darüber hinaus war die Nachrichtenverbindung zwischen den einzelnen Abteilungen durch Heliographen und vor allem durch die neuen Funkenstationen wesentlich verbessert, so daß die Abteilungen sich bei einem Angriff der Aufständischen gegenseitig zu Hilfe kommen konnten. Es kam zu mehreren Gefechten in dem felsigen Gelände. Keine der deutschen Abteilungen konnte geschlagen werden. Die deutschen Truppen stießen schließlich bis Kumkum vor, wo die Aufständischen ihre Werften hatten. Vor dem anrückenden Feind verlegten sie die Werften mit Frauen und Kindern über den Oranje auf englisches Gebiet. Die sogenannten Orlog-Leute, die kämpfenden Männer, durchbrachen den Einschließungsring der Deutschen. Einige Leute unter Morris entkamen in westlicher Richtung in den Canon des Großen Fischflusses. Johannes Christian, der Kapitän der Bondelzwarts, schlug sich mit seinen Leuten nach Nordosten zum Großen Karrasgebirge durch, und Morenga zog nach Osten, überschritt die englische Grenze und schlug am Van Rooisvley sein Lager auf, wo sich seine Leute mit Proviant und Munition versorgen sollten. Hier umzingelte ihn Hauptmann Bech. Die Mehrzahl der Aufständischen fiel. Morenga selbst wurde schwer verwundet und stellte sich der englischen Polizei. Er wurde in der Kapprovinz dreihundert Kilometer von der deutschen Grenze entfernt in Prieska interniert, mit der Auflage, nicht den Ort zu verlassen. Dort lebte er die nächsten Monate, empfing Journalisten, Gäste und Neugierige, die den schwarzen Napoleon sehen wollten. Wahrscheinlich ist hier auch die Aufnahme entstanden, die ihn mit den beiden Hottentottenjungen zeigt.
Nach dem Ausscheiden Morengas standen im Süden des Schutzgebietes noch folgende Guerillaführer im Kampf mit den Deutschen: Johannes Christian, der Kapitän der Bondelzwarts, mit ungefähr neunzig bewaffneten Männern, Lambert, Morris und Fielding, mit zusammen höchstens achtzig Männern, und schließlich, in der schwer zugänglichen Kalahari, Simon Kopper mit neunundfünfzig Mann. Darüber hinaus gab es noch mehrere kleine Widerstandsgruppen, meist aus fünf bis sieben Mann bestehend, die im südlichen Namaland umherzogen.
In der Zeit von Mai bis Ende des Jahres 1906 kam es noch zu dreiunddreißig Gefechten, zumeist Überfällen von
Weitere Kostenlose Bücher