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Morenga

Morenga

Titel: Morenga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Timm
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einer macht, wenn die Zugochsen keuchend festhängen. Schließlich reichte er dem überraschten Morris verächtlich die Peitsche und sagte: Siehst du, das sind deine Hosen, jede im Wert eines Ochsen. Sie ziehen keinen Wagen. Die Ochsen, die du für die Hosen bekommst, können deinen Wagen auf dem Baiweg hinunterziehen bis Walvisbaai, und sie können ihn wieder heraufziehen, und sie können lange Zeit solche Arbeit für dich leisten, länger als deine Hosen getragen werden. Und wenn die Arbeitszeit vorbei ist, dann kannst du sie schlachten, und sie sind noch einmal etwas wert für dich.
    Im Rat der Alten war der Vorschlag gemacht worden, Morris mit seinen Leuten einfach des Landes zu verweisen und seine Waren im Stamm aufzuteilen. Da kam an einem Morgen die Glühnase sturzbesoffen in die finstere Nüchternheit des Orts, und in der Hand hielt er einen Krug, einen Krug mit Honigbier, das auch den geübtesten Trinker schnell zu Boden warf. Die Stimmung war gerettet. Morris ließ sogleich mehrere Brauereien am Ort errichten, lieferte den Zucker und verkaufte Haddys Brauformel gegen Ochsen und Schafe. Allein das Brauverfahren war so einfach, daß es schnell erlernt und nachgeahmt werden konnte. So kam es immer wieder zu Schwarzbrauereien, die dann durch Jonker, auf Betreiben von Morris, der mit einem Zuckerboykott drohte, verboten wurden. Aber insgeheim standen in vielen Pontoks Kalebassen, in denen man das Haddy-Bier gor. Folgenreicher hingegen war, daß sich dieses Brauverfahren auch bei den Herero herumsprach und Jonkers Leute jetzt immer häufiger die Rosinenbüsche abgeerntet fanden, trotz der weißen Stoffläppchen. Die Fußspuren rings um die Büsche zeigten, daß es keine Namafüße waren, denn ihre Größe bewies unwidersprechlich, daß hochgewachsene Herero die Diebe waren. Nun war es unmöglich, jeden wilden Rosinenbusch von einem Posten bewachen zu lassen, darum verhängte Jonker zur Abschreckung exemplarische Strafen. Der Vordermann der Herero, die für Jonker arbeiten mußten, Samuel Maharero, der spätere Häuptling, wurde, obwohl selbst unschuldig, ersatzweise an ein Wagenrad gebunden, an dem er mehrere Tage in der glühenden Sonnenhitze und in der nächtlichen Kälte aufrecht stehen mußte. Einem anderen Herero, den man mit einer Handvoll Rosinen antraf, wurde mit einem Scheit Feuer unter dem Arsch gemacht, so wie man müde Ochsen mit Hilfe eines brennenden Astes, den man ihnen unter den Hintern hält, wieder auf die Beine bringt.
    Eine gewisse Verrohung griff um sich, wobei das Haddy-Bier das Seine beitrug. Selbst der schlechteste Fusel hinterließ am anderen Tag keinen auch nur annäherungsweise vergleichbaren Kater. Klügge hatte nach einer durchzechten Nacht, in der ausschließlich Haddy-Bier getrunken worden war, das Gefühl, als zöge sich seine Hirnschale zusammen, während sein Gehirn wie Holz aufquoll. Immer wieder mußte er schlucken, um den Druck knackend vom Trommelfell zu nehmen.
    Zwar kehrte die alte Betriebsamkeit wieder, es wurde getrunken und getanzt, und die sprachbegabten Hottentotten sangen: Es tanzt ein Bi-Ba-Butzemann in unserm Kreis herum, dideldum, einen Text, den sie mit einigen Schnalzlauten verschnörkelten. Aber es kam zwischen den Singenden immer häufiger zu Schlägereien, die plötzlich und ohne jeden erkennbaren Grund ausbrachen und an denen sich schließlich fast das ganze Dorf beteiligte, Frauen und Kinder eingeschlossen. Bei diesen Prügeleien schien es keine Parteien zu geben, wie auf ein geheimes Zeichen drosch jeder auf jeden ein, egal, wen er vor sich hatte. Sogar die Morrisleute wurden hin und wieder angerempelt. So goß man Thompson, der bei einer solchen Schlägerei weiterspielte, um die Gemüter zu beruhigen, einen Eimer mit klebrigem Honigbier über seine Ziehharmonika.
    Und eines Nachts, als Klügge wie gewöhnlich mit seinem Mädchen in die Hütte ging, sich die Hose aufknöpfte, hob sie nicht den Rock, um sich wie eine kühne Reiterin auf ihn zu schwingen, sondern sagte, als er fragte, was sei, er solle ihr erst eine Handvoll Zucker geben. Klügge hielt das für einen Scherz und sagte: Ja, meine Süße, und wollte ihr an ihre strammen Brüste langen, da schob sie ihn mit der Hand weg und wiederholte, sie wolle eine Handvoll Zucker haben, und auf die erstaunte Frage, warum, sagte sie: Ich gebe dir etwas, also muß ich auch etwas bekommen.
    Klügge fragte sie, ob es ihr denn keinen Spaß mache.
    Sie sagte nein, nicht mehr, er sei so fürchterlich schwer. Da trat

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