Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan
Linie auf die Männer Kithans, und sie erwiderten die Blicke nicht.
Als sie wieder aufstiegen, ritt Jhirun herausfordernd vor Ki-than und seine Männer, wandte sich um und blickte Kithan düster an.
Der
qujal-
Lord zügelte sein Pferd und schien von dieser Arroganz eines Hiua-Bauernmädchens nicht gekränkt zu sein; sie mochte ihn eher verwirren. In gespielter Ironie zog er sein Pferd schließlich zur Seite, um ihr Platz zu machen.
»Wir kommen zur Schlußetappe«, sagte Morgaine. »Von jetzt an werden wir wohl nicht mehr als nur jeweils ein paar Minuten rasten können. Wir sind hier anscheinend in der Nähe von Sotharrn; und in Sotharrn sind wir in Reichweite von Abarais.«
»Morgen,
liyo?«
fragte Vanye.
»Bis morgen abend sind wir am Ziel«, gab sie zurück, »oder wir erreichen es nie.«
16
Das Dorf breitete sich links von der Straße aus, eine stille Siedlung in der Dunkelheit, unter einer bewaldeten Felsspitze, die Anlis schwaches Licht verdeckte; eine gescheckte Gruppe von Steinhäusern, umgeben von einer reiterhohen Mauer.
Der Hufschlag hallte ungleichmäßig von dieser Mauer wider. Nichts rührte sich in der Siedlung, kein Licht war zu sehen, keines der verschlossenen Fenster über den Mauern öffnete sich, nicht einmal Vieh machte sich bemerkbar. Das Tor war geschlossen, in der Mitte schimmerte ein weißer Gegenstand.
Es war der Flügel eines weißen Vogels, den man dort angenagelt hatte, die Bretter mit dunklem Blut verschmiert.
Jhirun berührte ihr Halsband und murmelte etwas vor sich hin. Vanye bekreuzigte sich inbrünstig und suchte die verschlossenen Fenster und Schatten der Mauer mit den Blicken ab, fand jedoch keine Spur von den Bewohnern.
»Man erwartet euch«, sagte Kithan, »wie ich euch schon gesagt habe.«
Vanye sah ihn, dann Morgaine an — er begegnete ihrem Blick und bemerkte den Schatten darin wie schon vor der Brücke.
Und sie erschauderte, eine schnelle, seltsame Geste, in der Erschöpfung zum Ausdruck kam, und ließ Siptah schneller gehen, damit das Dorf nur recht bald vorbei war.
Ringsum rückte der Paß heran, ein Ort, da Felsbrocken bis dicht an die Straße gefallen waren, mannsgroße Stücke. Vanye blickte in die düsteren Höhen empor und grub dem Tier ebenfalls fröstelnd die Hacken in die Seiten. Sie passierten die engste Stelle mit einer Geschwindigkeit, die die Echos fliegen ließ, doch keine Steine polterten herab, kein Leben regte sich auf den Klippen.
Als Vanye sich jedoch auf halbem Wege durch das nächste kleine Tal umdrehte, sah er einen roten Feuerschein auf der Anhöhe.
»Liyo«,
sagte er.
Morgaine blickte empor und schwieg. Der Graue aus Baien hatte das Tempo angeschlagen, das er auf ebenem Boden einige Zeit durchhalten konnte, während der Wallach ihm an Kraft in nichts nachstand, allerdings nicht für ewig.
Der Alarm war gegeben worden: von nun an gab es keinen Halt mehr. Was Roh nicht gewußt hatte, breitete sich nun durch das Land aus.
Nach kurzer Zeit gab es ein Antwortfeuer zwischen den Hügeln zu ihrer Linken.
Die Türme tauchten überraschend im Morgenlicht auf, halb verborgen in bewaldeten Schluchten: von zahlreichen Türmen bewehrte Mauern, regelmäßiger geformt als die von Ohtij-in, doch zweifellos nicht jünger. Sie beherrschten das breiteste Tal, das sie bisher gesehen hatten; und ringsum erstreckten sich landwirtschaftlich genutzte Felder.
Morgaine zügelte kurz das Pferd und musterte die Feste, die den Paß vor ihnen bewachte.
Weit hinter ihnen ritten die drei
qujal,
deren Pferde das Tempo nicht mithielten, und als letzte, weit zurück, kam Jhirun.
Vanye löste das Schwert und sicherte die Scheide, wobei ihm der Rauch auffiel, der über den Mauern schwebte. Die nackte Klinge legte er vor sich über den Sattel. Morgaine nahm
Wechselbalg
von seinem Platz neben ihrem Knie und legte die Waffe, noch in der Scheide, quer vor sich.
»Liyo«,
sagte Vanye leise. »Ich bin bereit, wenn du es bist.«
»Vorsichtig«, gab sie zurück.
Sie gab Siptah die Zügel frei, und der Wallach hielt Schritt; in leichtem Trab näherten sie sich den Türmen und dem Paß.
Der Rauch stieg dort gleichmäßig auf, wie schon an zahlreichen Stellen in den Tälern, Signalfeuer, die den Alarm weitergaben.
Doch hier handelte es sich nicht wie bei den anderen um ein weißes Holzfeuer; dieser Rauch breitete sich düster am Himmel aus, und als sie nahe genug heran waren, um die Mauern deutlich auszumachen, sahen sie in jenem Fleck am Himmel den Schwärm
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