Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan
ähnlicher Rüstung, in ähnlicher Haltung, einer zu seiner Rechten, einer zu seiner Linken.
»Warum seid ihr bei uns?« fragte Vanye. »Solltet ihr euch in eurem Vertrauen dermaßen täuschen?«
Kithan ließ sich kaum etwas anmerken: ein Stirnrunzeln. Sein Blick richtete sich seltsam herausfordernd auf Vanye, und eine elegante bleiche Hand, umgeben von zarten Spitzen, deutete auf sein Herz: »Zu deiner Verfügung, Barrow-Lord.«
»Du täuschst dich«, antwortete Vanye.
»Warum?« fragte Morgaine leise. »Seid ihr
wirklich
bei uns, mein Lord Kithan, einst von Ohtij-in?«
Kithan warf den Kopf in den Nacken, lachte lautlos und bewegte die Hand in Richtung Suvoj. »Wir haben keine große Wahl, nicht wahr?«
»Und wenn wir tatsächlich auf Roh und auf Hetharus Streitmacht stoßen, sitzt du uns im Rücken.«
Kithan runzelte die Stirn. »Aber ich bin dein Mann, Morgaine-Angharan!« Er streckte die langen Beine und schlug sie übereinander, als säße er vor seinem Kamin. »Ich bin dein höchst ergebener Diener.«
»Ach«, sagte Morgaine.
»Unzweifelhaft«, sagte Kithan und musterte sie mit unverändert entrücktem Lächeln, »wirst du mir zu Hilfe sein, wie du jenen gedient hast, die dir nach Ohtij-in gefolgt sind.«
»Das ist sehr wahrscheinlich«, sagte Morgaine.
»Sie haben dir gehört«, rief Kithan in plötzlichem Aufjammern, als erflehe er etwas; und Jhirun kauerte sich zusammenzuckend an den Felsen neben Vanye.
»Das mag früher einmal gegolten haben«, antwortete Morgaine. »Aber die Männer, die ich kannte, liegen längst begraben. Ihre Kinder sind mir nicht mehr verpflichtet.«
In Kithan Gesicht kehrte die gelassene Ruhe zurück; in seinen halb geschlossenen Augen blitzte ein Lachen auf. »Aber sie sind dir gefolgt«, meinte er. »Ich finde das ironisch. Sie kannten sich, sie wußten, was du ihren Vorfahren angetan hattest; trotzdem sind sie dir gefolgt, weil sie dachten, du würdest sie besonders behandeln; und du hast ihnen so gedient, wie es typisch für dich ist. Selbst die Leute aus Aren, die dich hassen und die weiße Federn an ihre Türen binden ...« Er lächelte breit und lachte — ein bloßer Atemhauch. »Eine Realität. Ein Fix-Punkt in diesem sinnlosen Universum. Ich bin
khal.
Ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen Punkt gefunden, auf den ich mich stellen, oder einen Schrein, den ich anbeten konnte — bis jetzt. Du
bist
Angha-ran; du bist gekommen, um die Brunnen zu vernichten und alles, was es hier gibt. Du bist das einzige vernünftige Wesen in der Welt. So folge ich dir ebenfalls, Morgaine-Angharan. Ich bin dein getreuer Anbeter.«
Vanye sprang auf, die Hand am Gürtel; Abscheu vor der Frechheit, vor dem Spott, vor den wohlgesetzten Worten des
qujal
erfüllte ihn: Morgaine mußte das nicht über sich ergehen lassen, ließ es aber zu, war es doch nicht ihre Gewohnheit, sich für Worte oder andere Untaten zu rächen.
»Ich stehe dir zur Verfügung«, sagte er zu Kithan.
Kithan machte eine nach außen gerichtete Bewegung und deutete damit an, daß er waffenlos war; eine leichte Härte lag jetzt in seinem Blick.
»Laß es gut sein«, sagte Morgaine. »Mach die Pferde fertig. Wir wollen aufbrechen, Vanye.«
»Ich könnte den Burschen die Zügel und Sattelgurte durchschneiden«, sagte Vanye und starrte düster auf den Halbling-Lord und seine beiden Männer, die er, obwohl sie in der Überzahl waren, im Kampf für nicht weiter gefährlich hielt. »Sie könnten überprüfen, wie gut sie unter solchen Umständen mit den Pferden fertig werden, und wir brauchten ihnen keine Geduld mehr entgegenzubringen.«
Morgaine sah Kithan an und zögerte. »Laß ihn in Ruhe«, sagte sie schließlich. »Sein Mut entspringt dem
akil.
Er wird verfliegen.«
Kithans Sorglosigkeit schien nun doch etwas angeschlagen. Er runzelte die Stirn und lehnte sich mit starrem Blick gegen den Felsen, sie anblickend, nicht mehr fähig, die gelassene Distanz zu wahren.
»Mach die Pferde fertig«, wiederholte sie. »Wenn er mithalten kann, gut; wenn nicht, werden die Hiua nicht vergessen, daß er mit mir gelagert hat.«
Unbehagen machte sich bei den Wächtern bemerkbar, ein Echo dieser Empfindung auf Kithans Gesicht, dann verbeugte er sich und sagte mit gepreßtem Lächeln:
»Arrhtein, sharron a thrissn nthinn.«
»Arrhtheis«,
erwiderte Morgaine leise, und Kithan lehnte sich mit berechnendem Blick zurück, als habe sich etwas von ironischer Bedeutung und bitterem Humor zwischen ihnen abgespielt.
Es war die
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