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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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leihen — doch sie konnte damit nichts anfangen.
    Er wandte sich um, trat zu Morgaine und leerte sein Gehirn von allen anderen Dingen — er beobachtete ihren Rücken, behielt die Schatten auf der Seite im Auge, in die sie gerade nicht blickte. Rechts und links glitten die schwarzen Schatten vorbei, und kaum wurde die Dunkelheit wieder absolut, da zuckte ein Licht in Morgaines Hand auf, ein harmloser kalter Zauber, der ihnen lediglich den Weg wies. So wenig Vanye solche Dinge mochte, vertraute er doch der Hand, die sie bewirkte. Was immer sie tun mochte, nichts würde ihm hier Angst machen, in der Gegenwart von unheimlichen und
qujalin-
Mächten: das Metallschwert in seiner Hand war an einem solchen Ort völlig nutzlos, wie auch seine Geschwindigkeit damit — außer gegen einen Hinterhalt.
    Eine Tür tauchte auf; lärmend öffnete sie sich unter Morgaines geschickter Berührung und ließ ihn zusammenfahren; Licht flammte den beiden ins Gesicht, eine grelle Explosion von Farben, von pulsierender Helligkeit. Lärm brach wimmernd über sie herein; Vanye hörte das Echo seines eigenen schändlichen Aufschreis durch die Säle gellen.
    Es war das Herz der Tore, der Brunnen, das Ding, das sie beherrschte; und obwohl er dergleichen schon geschaut hatte und wußte, daß Lärm oder Licht ihm nicht schaden konnten, vermochte er nicht die angstvolle Verkrampfung seines Herzens zu überwinden, vermochte er seine verräterischen Glieder nicht zu lösen, die auf den Wahnsinn ringsum reagierten.
    »Komm!« drängte ihn Morgaine: der Hauch von Mitleid in ihrer Stimme kränkte ihn; und er packte sein Schwert fester und hielt sich dicht hinter ihr, ging energisch wie sie durch den langen Gang aus Licht, das roter flammte als ein Sonnenuntergang, das Morgaines Haar und Haut färbte, das blutig auf der Rüstung funkelte und
Wechselbalgs
goldenen Griff befleckte, der Lärm, der über sie hinwegbrauste, ließ ihre Schritte ungehört verhallen, so daß sie in dem Glanz lautlos dahinzutreiben schienen. Morgaine hatte keinen Blick übrig für den Wahnsinn links und rechts:
Sie gehört hierher,
dachte er und behielt sie im Auge, die in Andurin-Rüstung — von einem Schnitt, der hundert Jahre älter war als der seine — vor der Mitte jener flammenden Kontrollen stehenblieb. Mit sicherer Bewegung legte sie die Hände darauf und erzeugte ein Aufzucken von Lichtern und Geräuschen, das alles andere erstickte und Vanye erzittern ließ.
    Qujal,
dachte er.
    Sie faßte ihn mit scharfem Blick ins Auge und winkte ihn zu sich; er setzte sich mit einem sichernden Blick nach hinten in Bewegung, denn in dem Lärm war es kein Problem, sich lautlos anzuschleichen. Doch Morgaine berührte ihn am Arm und fesselte sofort seine Aufmerksamkeit.
    »Das Tor ist festgestellt, und zwar weit offen«, sagte sie durch das Brausen. »Eine Sperre, die nicht überwunden werden kann: Rohs Werk. Ich wußte, daß ich so etwas finden würde, wenn er das Tor als erster erreichte.«
    »Du kannst nichts dagegen tun?« fragte Vanye und sah über ihrer Schulter die pulsierenden Lichter, die die Kraft und das Leben der Tore darstellten. Er hatte soviel ertragen, wie er ertragen wollte, und mehr, als sein Verstand verarbeiten konnte; doch er wußte, was sie ihm da sagte — daß die einzige Hoffnung in diesem Raum lag und daß Rohs Hand einen Riegel davorgeschoben hatte. Vanye versuchte in dem Lärm seine Gedanken zu ordnen. Optisches und Akustisches vermischten sich miteinander, ein Chaos, an das er sich nicht erinnern würde, so wie er sich nicht an den Moment zwischen den Toren erinnern konnte; er wußte nicht, wie er die Szene ringsum bezeichnen sollte, und seine Gedanken konnten sie nicht greifen. Schon einmal war er durch einen solchen Saal geschritten; und er erinnerte sich nun an einen Blutfleck auf dem Boden, an einen Korridor, an eine anders geformte Treppe — als befinde sich irgendwo in diesem Gebäude eine eingeschlagene Tür und an seiner Seite stünde ein Bruder, den er verloren hatte.
    Der nun zu Staub geworden war, längst gestorben, vor neunhundert Jahren.
    Die Konfusion wurde zu groß, zu schmerzhaft. Vanye sah, wie sich Morgaine umdrehte und wieder das Steuerpult berührte, wie sie mit etwas kämpfte, das er nicht begriff und auch gar nicht näher kennenlernen wollte. Er erkannte allerdings, daß es hoffnungslos war.
    »Morgaine!«
    Rohs Stimme, lauter als der Lärm ringsum.
    Vanye hob den Blick, das Schwert umklammernd; und Rohs Gestalt trieb durch Licht und

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