Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
heimsuchte, wenn sie ihn mit solchen Fragen einzukreisen begann. Sie war nicht von seinem Blut. Er hatte sein Heimatland verlassen, er hatte alles aufgegeben, um ihr zu folgen. Es gab Dinge, die er bewußt nicht bis zu ihrem logischen Ende dachte.
    Sie ließ ihn in der Stille allein, ein bedrückendes Gewicht; und er öffnete die Hand, an der sich schon zweimal das Narbenzeichen aus Blut und Asche zeigte, mit dem die Inanspruchnahme erfolgte. Durch dieses Symbol war er ihr
Ilin,
gebunden im Dienst, ohne Gewissen, ehrlos bis auf ihre Ehre, der
er
diente. Dieses Abschiedsgeschenk hatte sein Klan ihm mit auf den Weg gegeben, wie auch das abgeschorene Haar, das ihn als Geächteten kennzeichnete, ein Mann, der nur zum Aufknüpfen geeignet war. Brudertöter, bastardgeboren: kein anderer Herr hätte einen solchen Diener haben wollen, nur Morgaine, deren Name verflucht wurde, wo immer die Menschen sie kannten. Es war krasse Ironie, daß der
Ilin-
Dienst, die Strafe für einen Mord, ihm weitaus mehr Blutschuld aufgeladen hatte, als wenn er sie nicht getroffen hätte.
    Und das Problem mit Roh war noch nicht gelöst.
    »Ich bin mitgekommen«, sagte er, »weil ich es geschworen hatte.«
    Sie stach mit dem Stock nach dem Feuer und ließ Funken wie Sterne im Wind dahinschießen. »Verrückt«, sagte sie bitter. »Ich habe Euch freigegeben. Ich habe Euch offen gesagt, daß es außerhalb von Kursh, außerhalb der Ordnung und der Menschen, die Ihr kennt, keinen vernünftigeren Platz für Euch gibt. Ich wünschte, Ihr hättet mir geglaubt.«
    Achselzuckend nahm er diese Wahrheit hin. Er kannte Morgaines Denken besser als jeder andere Lebende; und er kannte die Forderung, die sie an ihn richtete, ein Anspruch, der nichts mit den Narbenzeichen in seiner Hand zu tun hatte; und auch den Anspruch, den ein anderer gegen sie erhob, grausamer als jeder Eid. Ihr Zwang lag an ihrer Seite, jenes Schwert mit Drachengriff, das eigentlich gar kein Schwert war, aber dennoch eine Waffe. Es war die einzige Bindung, die je Ansprüche gegen sie durchgesetzt hatte, und sie haßte sie vor allen anderen bösen Dingen,
qujal
oder menschlich.
    Ich habe keine Ehre,
hatte sie ihn einmal gewarnt.
Es ist unverantwortlich, daß ich mit der Last, die ich trage, noch Risiken eingehe. Ich habe keine Geduld mehr mit Tugenden.
    Und noch etwas hatte sie ihm gesagt, und daran zweifelte er nicht:
Ich würde auch dich töten, sollte es notwendig sein.
    Sie jagte
qujal,
sie und ihre Namensklinge
Wechselbalg.
Der
qujal,
den sie im Augenblick verfolgte, basaß die Gestalt von Chya Roh i Chya. Sie suchte Tore und folgte darin einem Zwang, der mehr als halber Wahnsinn war, ein Drang, der ihr weder Frieden noch Glück schenkte. In gewisser Weise konnte er sie verstehen: er hatte
Wechselbalg
selbst in Händen gehalten, hatte seine fremde Bösheit im Kampf geführt, und hinterher hatte sich auf seine Seele ein solches Gewicht gelegt, daß kein
Ilin
-Dienst je Strafe genug sein konnte, ihn von der Erinnerung daran zu befreien.
    »Das Gesetz besagt«, meinte er, »daß du mich wohl bitten kannst, deine Dienste zu verlassen, nicht aber befehlen. Wenn ich bleibe, bleibe ich
Ilin,
aber das ist meine Entscheidung und nicht die deine.«
    »Niemand hat sich je geweigert, solche Umstände zu verlassen.«
    »Gewiß«, sagte er, »hat es vor mir
ilinin
gegeben, die keine andere Wahl hatten. Man kann im Dienste zum Krüppel geschlagen werden oder verhungern, doch solange einer
ilin
ist, muß seine
liyo
ihn und sein Pferd zumindest ernähren, so unangenehm die Behandlung auch sonst sein mag. Du kannst mich nicht zwingen, dich zu verlassen, und deine Zuwendungen waren stets großzügiger als das, was ich von meinen Brüdern bekommen hätte.«
    »Du bist weder ein Krüppel noch blind«, gab Morgaine zurück; sie war es nicht gewöhnt, daß man ihr antwortete.
    Er machte eine abwehrende Handbewegung in dem Bewußtsein, daß er ihren Panzer endlich einmal durchstoßen hatte.
    In diesem Augenblick gewahrte er in ihrem Ausdruck etwas Verwundertes, sogar Erschrockenes. Die Entdeckung ließ seine Zufriedenheit verfliegen. Er hätte noch mehr gesagt, doch sie wandte mit plötzlichem Stirnrunzeln den Blick ab und machte die Gelegenheit zunichte.
    »Mindestens einmal hast du aber allein entschieden«, sagte sie endlich. »Das habe ich dir gegeben, Nhi Vanye. Du solltest daran denken.«
    »Ja«, sagte er vorsichtig. »Nur damit du mir denselben Gefallen erweist,
liyo,
und nicht vergißt, daß ich

Weitere Kostenlose Bücher