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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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der Piken, um die Besucher zu berühren. Jhirun schrie auf, und Vanye drückte sie an sich, froh, im Schutz der grotesk bewaffneten Wächter einem unbekannten Ziel entgegenzumarschieren; er starrte in wild funkelnde Augen und offene Münder, die unverständliche Worte brüllten, er spürte ihre Hände auf dem Rücken und an den Schultern. Ein Pikenschaft wurde in hysterische Gesichter gestoßen und ließ Blut fließen; die eigenen Leute behandelten diese Wächter so schlecht. Vanye beobachtete diesen Vorgang voller Entsetzen und verwünschte sich selbst, weil er diesem Ort jemals nahe gekommen war.
    Sie wurden zum Zwinger geführt, zu jenem mächtigen tonnenartigen Bauwerk in der Mitte, welches den Rest der Burg schützte. Über den verzerrten Gesichtern und ausgestreckten Händen sah Vanye die flechtenbedeckten Mauern; an ihrem Fuße erstreckte sich ein elendes Gewirr primitiver Gebäude, die im Schatten der wirren Stützpfeiler vegetierten. Der kopfsteingepflasterte Hof war uneben. Risse waren mit Wasser gefüllt, Regenpfützen überbrückten die Gassen zwischen den primitiven Unterkünften, die an Streben und Mauern lehnten. Unmittelbar am Hauptgebäude befanden sich außerdem eingepferchte Tiere, Rinder und Ziegen; und der Mist von diesen Gehegen und Ställen verstärkte den Geruch der Verkommenheit, der durch den Hof und die Slums wehte. In einem Winkel der Stufen, denen sie sich näherten, lag ein durchfeuchtetes Etwas aus Fell, eine tote Ratte oder ein anderes ertrunkenes Ungeziefer, eine Häßlichkeit, vom Regen ins Freie geschwemmt.
    In solchem Elend lebten Menschen. Kein Lord von Andur-Kursh, der auf seinen Ruf bedacht war, hätte seine Untertanen so vegetieren lassen, hätte solchen Schmutz überhaupt geduldet — nicht einmal im Kriege. An diesem Ort regierten der Wahnsinn und das Elend, und die Wächter gebrauchten mehr als einmal ihre Waffen, um den Weg auf der Treppe freizumachen.
    Ein Tor, vergittert und mit Ketten verhängt und von innen bewacht, versperrte der anrückenden Gruppe den Weg; ein Wächter schloß auf und hakte die Ketten aus, um sie hereinzulassen. Vanye sagte sich, daß ein Lord, der ein solches Elend seines Volkes duldete, wahrlich hinter Ketten und Gittern leben mußte; und dieser Umstand versprach Besuchern keine Rücksicht, wenn ein Herrscher nicht einmal Gnade mit seinem eigenen Volk hatte. Vanye wünschte, er habe diese Burg nie gesehen; doch die Gittertür stand offen und verschluckte sie und klapperte hinter ihnen zu. Jhirun blickte zurück, und er tat es ihr nach und sah, wie der Wächter sofort wieder Schloß und Kette vorlegte, während der Mob vorbrandete, die Arme durch das Gitter streckte und hinter ihnen her brüllte.
    Die Innentür ließ sie durch, schloß sich donnernd in ihrem Rücken. Sie standen vor einer spiralenförmigen Rampe, die sie in Angriff nahmen, nachdem der Priester und vier Mann aus der Eskorte sich an der Tür mit Fackeln versorgt hatten. Die Rampe führte in leichtem Anstieg um einen inneren Kern, zu beiden Seiten da und dort von Türen flankiert. Von oben hallten hohle Echos herab. Die Luft in dem Bauwerk wirkte feucht und abgestanden, als wären sie von nassem Mauerwerk umgeben, das sich seit Urzeiten in stehenden Gewässern erhob. Der Boden des Korridors war uneben, häufig aufgebrochen, begleitet von Rissen in den Mauern, die mit mörtelverbundenem Schutt verkittet waren. Die Wächter blieben die ganze Zeit dicht bei den Besuchern, zwei Fackelträger bildeten die Nachhut, drei gingen voraus, und die Schatten der Flammen zuckten chaotisch über die Mauern. Hinter ihnen verhallten die Stimmen am Tor, und im Ansteigen wurden die Klänge einer seltsamen und wilden Musik immer lauter.
    Die Töne waren deutlicher zu hören, eine unheimliche Begleitung zu den eisenrasselnden Schritten der Bewaffneten ringsum; gleichzeitig wurde die Luft wärmer, durchzogen von zartem Weihrauchduft. Jhirun atmete, als wäre sie gerannt, und auch Vanye spürte den Schwindel von Erschöpfung und Hunger und plötzlicher Wärme; er bekam nicht mehr so recht mit, was um ihn herum vorging, und richtete seine Sinne nur langsam wieder auf die Umwelt, als die Wächter herumfuhren und sich anderen gegenüberstellten, als weiche Stimmen ertönten und eine Reihe von Türen sich vor ihnen öffnete.
    Die Musik erstarb in klagendem Ton; golden funkelnde Gestalten von Männern und Frauen hielten mitten in der Bewegung inne, groß und schlank und mit silbernem Haar. —
Qujal!
    Jhirun

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