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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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würde.
    Dann fiel ihm ein, wieviel sie von Morgaine wußte und von dem Ort, wo man Morgaine suchen müßte; natürlich auch von ihm und seinem Ziel.
    »Ich möchte mich nicht darauf verlassen«, sagte er.
    »Das Sumpfland und Ohtij-in treiben Tauschhandel«, sagte sie flehend und zitterte in ihrem feuchten Schal. »Hier sind wir in Sicherheit. O Herr, sie müssen uns Nahrung und Unterkunft geben, sonst sterben wir an der Kälte. Es ist ein sicherer Ort. Man wird uns zu essen geben.«
    Die dünne Kleidung klebte ihr am Leib. Sie litt grausam, während er von der mehrschichtigen Rüstung geschützt wurde, so schwer sie auch sein mochte; außerdem hatten beide nichts gegessen und wurden zuweilen von Magenkrämpfen geplagt; seine Beine waren schwach vor Erschöpfung, während sie kaum noch gehen konnte. Sie gab vernünftigen Rat, sie, die dieses Land und seine Leute kannte; und in seiner Müdigkeit begann er den eigenen Instinkten zu mißtrauen, der Tier-Panik, die ihn gedrängt hatte, diesen Ort zu meiden, alle Orte, die ihn einengen mochten. Er wußte, wie ein Geächteter lebte, er kannte die verzweifelten nächtlichen Ritte und gelegentlichen Glückszufälle, die ihn hatten überleben lassen — versorgt mit Waffen, mit einem Pferd, mit Kenntnissen über das Land, die denen seiner Feinde in nichts nachstanden. Es hatte Wild zu jagen gegeben und Bräuche, die er kannte. Hier aber wußte er nicht einmal, was sich weiter unten an der Straße befand; abseits dieser Straße irrte er ziellos herum, und auf ihr war er verwundbar, alle Feinde in diesem Land konnten ihn darauf mühelos finden.
    Er gab dem Zupfen ihrer Hand nach. Sie gingen näher heran, und er sah, daß Ohtij-in eine einzige Feste war, ein Bauwerk in einer mächtigen Mauer, die dem Umriß des Hügels folgte, auf dem es sich erhob. Zahlreiche Türme krönten das Hauptgebäude und Teile der Mauer, jeder mit verrückten Pfeilern und Zinnen versehen, als sei jede Stütze raffiniert und auch verzweifelt entworfen worden, ohne Einbeziehung in einen Gesamtplan. Buschwerk wuchs unten an den Mauern; schwarze Bäume mit Ästen, die nur an den Spitzen Blätter trugen, nach Süden gewendet, von der Kraft des Sturms noch weiter geneigt, die Finger nach der flechtenbewachsenen Mauer ausstreckend. Die ganze Anlage wirkte von der Zeit mitgenommen, ein Ort ohne scharfe Konturen, dessen Verfall weit fortgeschritten war, in träumendem Schlaf vor dem Tod.
    Im Regen rieb er sich die Augen und versuchte sich ein deutlicheres Bild zu machen.
    »Komm!« drängte ihn Jhirun, und ihre Zähne klapperten vor Kälte.
    Vielleicht würde Morgaine hier entlangkommen, sagte er sich verwirrt; sie mußte, es gab gar keinen anderen Weg.
    Jhirun zog an seinem Arm, und er ging mit; als sie von der Straße auf den kleinen Stichweg abbogen, der zum Hügel führte, sahen sie, daß sich in dem Bogen eine feste Holztür befand, weitaus jünger als die Steine, die den Rahmen bildeten, der erste Gegenstand in dieser Öde, der neu und widerstandsfähig wirkte.
    Vanye sagte sich, daß er wohl ein wenig selbstbewußter auftreten sollte, daß er sich geben müßte wie jeder Unschuldige, der keine Angst hatte und von dem keine Gefahr ausging.
    »Hai!« rief er zu den abweisenden Mauern hinauf und versuchte den Wind zu übertönen; doch seine Stimme klang müde und gepreßt und ließ die Zuversicht vermissen, um die er sich bemühte. »Hai! Öffnet die Tore!«
    Gleich darauf flackerte ein Licht in dem Turm neben dem Tor; ein verschlossenes Fenster öffnete sich, um sie in der fast totalen Dunkelheit anzusehen. Dann begann eine schrille Glocke zu läuten. Die Öffnung verriet, daß sie von mehr als einem kritischen Augenpaar gemustert wurden; eine Reihe schwarzer Gestalten erschien und verschwand wieder.
    Dann wurde die Lade wieder geschlossen, und die Glocke schwieg, nichts war zu hören als das Wasser, das plätschernd von den Mauern lief und sich auf dem Pflaster vor dem Tor sammelte. Jhirun zitterte bedrückt.
    Dann das Quietschen einer aufgehenden Tür; der kleine Durchtritt neben dem Haupttor öffnete sich, verhüllt vom Regen, und ein Mann streckte den Kopf heraus und sah sie an. Er trug eine schwarze Robe, darüber einen Mantel, so daß nur Gesicht und Hände sichtbar waren. Schüchtern trat er vor und öffnete das Tor weiter; so stand er da, den regenfeuchten Mantel um sich gerafft, unmittelbar vor der Schwelle, bis zu der er nur einen Schritt zurück machen mußte.
    »Kommt!« sagte er. »Kommt

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