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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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dachte an all ihre Hoffnungen auf ein sicheres Unterkommen, auf das strahlende Land, in dem sie sich dem Sterben Hiuajs entronnen wähnten. Es war nicht nur für ihn ein grausames Ende, sondern auch für sie.
    »Wenn du Gelegenheit findest«, sagte er, »solltest du dich den Leuten im Hof draußen anschließen.«
    »Nein!« rief sie entsetzt.
    »Draußen hast du wenigstens noch Hoffnung. Schau dir doch die Gestalten an, die hier dienen — hast du sie nicht gesehen? Da ist der Hof noch besser: hör auf mich — vielleicht werden am Tag die Tore geöffnet; sie müssen doch manchmal offen stehen. Du bist auf der Straße gekommen; du kannst darauf zurückkehren. Kehre nach Hiuaj zurück, zu deinen Angehörigen. Unter
qujal
hast du nichts zu suchen.«
    »Halblinge!« sagte sie und spuckte verächtlich aus. Sie ließ das verfilzte Haar herumwirbeln und biß die Zähne zusammen. »Sie sind nur von halbem Blute oder weniger — und dasselbe könnte ich von mir behaupten, wenn die Gerüchte über meine Großmutter richtig sind. Wir waren die Barrow-Könige, damals gingen die Halblinge am Bettelstab; sie waren nicht besser als die Leute aus den Niederungen. Jetzt rauben wir unseren Vorfahren das Gold und verkaufen es an die Halblinge. Auf keinen Fall werde ich im Schlamm draußen herumkriechen. Diese Lords — nur die hohen Lords wie Bydarra — sie gehören zu den Alten, Bydarra und sein einer Sohn ...« Sie erschauderte. »Sie haben das Blut — wie
sie.
Aber der Priester...« Das Zittern wurde zu einem Schnüffeln, abgefälscht durch ein verächtliches Achselzucken. »Die Augen des Priesters sind dunkel. Das Haar ist gebleicht. Dasselbe gilt für viele andere. Sie sind nicht besser als ich. Ich habe keine Angst vor ihnen. Ich kehre nicht zurück!«
    Ihre Worte nahm er schweigend hin, während ihn Kälte bis ins Herz anrührte, daß selbst eine Myya einen Anspruch auf
qujalin-
Blut preisen konnte — er verstand das nicht. Plötzlich fluchte er los — es war ein halbes Flehen —, lehnte sich gegen den Kaminsims, die Stirn an den Arm gepreßt, starrte ins Feuer und versuchte sich zurechtzulegen, was er tun könne, um seine Lage zu verbessern.
    Ihre Hand berührte ihn an der Schulter, sanft, schüchtern; er wandte den Kopf und sah sie an, ein erschrecktes Mädchen. Die Hitze an seiner Flanke wurde unangenehm; er erduldete sie absichtlich, unwillig, seine Gedanken in die Richtung wandern zu lassen, die sich vor ihm auftat.
    »Ich gehe nicht zurück«, wiederholte sie.
    »Wir werden diese Burg verlassen«, sagte er, obwohl er wußte, daß das eine Lüge war, doch er meinte, sie wollte ein Versprechen hören, eine Grundlage für ihren Mut. Er sagte die Worte aus der eigenen Angst heraus, in der Erkenntnis, wie mühelos Jhirun den Lords von Ohtij-in alles offenbaren konnte, was sie wußte: mit seinem Versprechen gedachte er ihr Schweigen zu erkaufen. »Nur halte weiter den Mund; wir finden schon einen Weg, diesen schlimmen Ort zu verlassen.«
    »Nach Abarais«, sagte sie. In ihre Stimme kehrte das Leben zurück, obwohl sie noch immer heiser klang. Das Licht spiegelte sich in ihren Augen. »Zu dem Brunnen, in dein Land, in die Berge.«
    Diesmal log er, indem er den Mund hielt. Es waren die schlimmsten Lügen, die er jemals verbreitet hatte, er, der einmal ein
dai-uyo
von Morija gewesen war, der sich um die Ehre bemüht hatte. Er kam sich unsauber vor angesichts ihres Mutes unten im Saal und schwor sich, daß sie deswegen keine Nachteile erleiden sollte, nicht soweit er es verhindern konnte. Aber wahrscheinlicher war, daß sie Schaden erleiden würde und er nichts dagegen tun konnte.
    Er war ein
ilin,
an seinen Dienst gebunden; diese eine wesentliche Wahrheit begriff sie wohl nicht richtig, sonst hätte sie ihm ihr Leben nicht anvertraut. Auch diesen Gedanken sprach er nicht aus und schämte sich deswegen.
    Sie bot ihm zu essen und einen zweiten Becher zu trinken an und machte sich mit einem Appetit, der ihm abging, über die Speisen her. Er aß nur, weil er sich stärken mußte, weil, wenn noch Hoffnung in der Stärke lag,
seine
Körperkräfte die Rettung bringen mußten; er zwang jeden Bissen hinab und schmeckte ihn kaum, gefolgt von mächtigen Schlucken des sauren Getränks.
    Zuletzt lehnte er mit dem Rücken am Kaminrand, die Schulter überaus warm, die Beine taub von den Steinen, und begann sich mit sich selbst zu befassen; er überprüfte seine durchtränkte Rüstung und die ruinierten Stiefel. Er begann an den

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