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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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fortgeschickt. Komm!« Er verließ den Stuhl, bewegte sich langsam zur Tür und blickte zu ihm zurück. »Allein!«
    Vanye zögerte. Gerade nach dieser Tür stand ihm der Sinn, doch er konnte sich keinen Grund denken, warum Roh ihm wohlgesonnen sein sollte. Er versuchte sich vorzustellen, welche Falle Roh wohl für ihn aufgebaut hatte, aber das brachte auch nichts.
    »Komm!« drängte ihn Roh.
    Vanye zuckte die Achseln und ging zum Kamin, vor dem seine Rüstung lag — er schlang sich den Schwertgurt über die Schulter und hängte das Schwert daran, griffbereit: so forderte er Roh heraus.
    »Wie du willst«, sagte Roh. »Aber es gehört mir, ich werde es gelegentlich zurückverlangen.«
    Jhirun kam ans Feuer. Sie blickte erschrocken von einem zum anderen: vieles, vieles hatte sie nicht ausgesprochen; Vanye spürte an ihrem Blick, daß sie ihn daran erinnern wollte.
    »Ich möchte sie nicht allein lassen«, sagte er zu Roh.
    »Sie ist sicher«, antwortete Roh. Er sah Jhirün an, ergriff ihre schlaffe Hand, und verschwunden waren Zurückhaltung und harter Ton. »Du hast in Ohtij-in nichts zu fürchten. Ich weiß mich an eine Freundlichkeit zu erinnern und gebe sie gern doppelt zurück, wenn ich kann, wie auch andere Dinge. Nichts wird dir geschehen. Nichts.«
    Sie blieb starr stehen, schien auf nichts mehr zu vertrauen. Vanye zögerte noch immer; er fürchtete sie zurückzulassen, fürchtete, daß genau das in Rohs Absicht lag: daß er sie beide trennen wollte; auf einer anderen Ebene fürchtete er das Böse, das er ihr antun mochte, indem er in ihrer Nähe blieb, indem er sie mit sich in Verbindung brachte, er, der in Ohtij-in nur Feinde hatte.
    »Ich glaube, ich habe keine andere Wahl«, sagte er zu ihr und wußte nicht recht, ob sie ihn auch verstand. Er wandte ihr den Rücken zu und spürte ihren Blick, als er zur Tür ging. Roh öffnete sie und führte ihn in den kaum erleuchteten Korridor hinaus, in dem ein kühler Wind auf seine dünne Kleidung traf und ihn erschaudern ließ.
    Keine Wächter waren zu sehen, nirgendwo rührte sich etwas. Roh schloß die Tür und senkte den Riegel. »Komm!« sagte er und deutete nach links, zur aufsteigenden Spiralrampe.
    Eine Biegung nach der anderen bewältigten sie, Roh ging ein kleines Stück voraus. Vanyes Erschöpfung erwies sich jetzt als so total, daß er sich an der Innenmauer abstützen mußte. Roh ging weiter, wobei er nur leicht humpelte, und Vanye, die Hand am Schwert, starrte düster auf seinen Rücken und wartete darauf, daß Roh eine logische Angst vor ihm zeigte und sich einmal umblickte; doch Roh tat es nicht.
Arroganz,
dachte Vanye mit Zorn im Herzen; aber auch das typisch für Roh.
    Endlich erreichten sie eine Etage und eine Tür, zu der flache Stufen hinaufführten. Roh öffnete die Tür und ließ einen Windstoß herein, der durch den Turm tobte und die Männer bis auf die Knochen abkühlte. Draußen warteten die Nacht und der Geruch frischen Regens.
    Vanye folgte Roh ins Freie auf den Wehrgang des äußeren Turms von Ohtij-in, bestrahlt vom wäßrigen Licht der Monde, die hinter Wolkenfetzen standen: Anli und Sith hoch am Himmel, dahinter die Bruchstücke des Zerbrochenen Mondes, während das mächtige weiße Gesicht Lis am Horizont lauerte, pokkennarbig und zerkratzt. Der Wind wehte ungehemmt durch die Weite. Vanye blieb im Schutz des Turm-Mittelteils stehen, doch Roh trat an den Rand, den Mantel im starken Wind eng um sich gerafft.
    »Komm!« sagte Roh, und Vanye folgte ihm in dem Bewußtsein, daß er verrückt sein müsse, überhaupt so weit mitgekommen zu sein, allein mit diesem
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im Körper eines Menschen. Er erreichte den Rand und schaute hinab, und der Blick an den Mauern entlang zum Pflaster tief unten ließ ihn schwindeln; er stützte sich mit einer Hand an die Zinne und legte die andere auf den Schwertgriff.
    Wenn Roh ihn vernichten wollte, so sagte sich Vanye, gab es dafür genügend Gelegenheiten. Er kümmerte sich einen Augenblick lang nicht um Roh, sondern warf einen Blick über das weite Land ringsum, das Schimmern des Mondlichts auf schwarzen Fluten, die ein Spinnennetz um die ertrinkenden Hügel zogen. Durch jene Hügel stach die Straße, die er nicht erreichen konnte, eine raffinierte Qual.
    Roh berührte ihn an der Schulter und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder ab. Die andere Hand erfaßte das Land und die eigentliche Burg.
    »Ich wollte, daß du dies siehst«, sagte Roh durch das Heulen des Windes. »Du solltest die Beschaffenheit

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