Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan
daß die Anstrengung sinnlos war; auch seine Seele unterlag dem Dienst an Morgaine.
Doch Roh legte ihm die Hand auf den Arm, ließ ihn gnädig innehalten und vor Übelkeit bebend schweigen. »Nein«, sagte Roh. »Erspare dir die Schuldgefühle, Vanye; das steht dir nicht. Du erkennst die Situation, Lord Hetharu. Ich habe dir die Wahrheit gezeigt. Mein Cousin ist ein ehrlicher Mann. Und du, mein Lord, wirst mir schwören, daß du ihm kein Härchen krümmst. Ich habe eine gewisse Zuneigung zu diesem Cousin.«
Hitze stieg Vanye ins Gesicht. Es schien sinnlos, diesen spöttischen Verteidigungsworten zu widersprechen. Er begegnete Hetharus düsterablehnendem Blick. »Gewährt«, sagte Hetharu nach kurzem Schweigen und blickte Roh an. »Er gehört dir. Doch ich kann meinem Vater natürlich nicht vorgreifen.«
»Niemand krümmt ihm ein Härchen«, sagte Roh.
Hetharu blickte nach unten und zur Seite und erhob sich stirnrunzelnd. »Niemand«, wiederholte er mürrisch.
»Meine Lords«, sagte Roh und erhob sich ebenfalls. »Euch allen wünsche ich einen sicheren Schlaf.«
Ein kurzes Schweigen trat ein, ein Augenblick brodelnden Zorns auf der Seite des jungen Lord. Bestimmt war es nicht üblich, daß Bydaras Sohn von einem dunkelhaarigen Gast so einfach ins Bett geschickt wurde. Doch Angst ballte sich in dem Raum zusammen, während Roh die übrigen nacheinander anblickte: die Augen waren abgewandt, unter dem Vorwand, sich sehr für die Pflastersteine oder die bewachte Tür zu interessieren.
Hetharu zuckte in vorgetäuschter Gelassenheit die Achseln. »Meine Herren«, sagte er zu seinen Gefährten. »Priester.«
Unter Brokatrascheln und Waffenklirren schoben sich die Männer hinaus, die schlanken blonden Lords mit ihren Wächtern, halb menschlich — bis schließlich nur noch Roh übrig war, der leise die Tür schloß und im Zimmer wieder eine private Atmosphäre herstellte.
»Gib mir das Schwert zurück, Cousin«, sagte Vanye.
Roh musterte ihn aufmerksam, die Hand um den Griff gelegt. Er schüttelte den Kopf und zeigte keine Neigung, ihm wieder näher zu kommen. »Du scheinst die Situation nicht zu verstehen«, sagte Roh. »Ich habe dein Leben und deine Person aus beträchtlicher Gefahr gerettet. Ich besitze hier eine gewisse Autorität — solange mich die Leute fürchten. Mich zu bekämpfen, dürfte deiner Sache nicht förderlich sein.«
»Du hast dein eigenes Leben gerettet«, antwortete Vanye, stand auf und stellte sich mit dem Rücken zum Feuer, »damit sie mich nicht zu ernsthaft auf die Probe stellen und herausfinden, daß dein Verwandter nur ein Mensch ist.«
»Auch das«, sagte Roh. Er machte Anstalten, die Tür zu öffnen, zögerte und blickte sich um. »Ich wünschte, ich könnte dir etwas Vernunft nahebringen.«
»Ich kehre in das Zimmer zurück, in dem ich war«, sagte Vanye. »Es war etwas gemütlicher.«
Roh grinste. »Zweifellos.«
»Rühr sie nicht an!« sagte Vanye. Rohs Grinsen verschwand; er drehte sich ganz zu ihm herum und musterte ihn ernst.
»Ich habe gesagt«, fuhr Roh fort, »sie ist in Sicherheit. Und das ist sie auch — wenn sie nicht mit dir zusammen ist. Ich glaube, du erkennst das selbst.«
»Ja«, sagte Vanye nach kurzem Schweigen.
»Es würde dir weiterhelfen, wenn du mir die Möglichkeit gäbst...«
»Gute Nacht«, sagte Vanye.
Roh zögerte immer noch; er hatte zweifelnd das Gesicht verzogen. Er streckte die Hand aus, ließ sie mit hilfloser Geste fallen. »Nhi Vanye — mein Leben ist zu Ende, wenn deine Herrin die Brunnen zerstört — nicht plötzlich, doch um so gewißlicher. Alles, was in diesem Land existiert, wird sterben ... Aber das bedeutet ihr ja nichts. Vielleicht kann sie nicht anders, sie muß eben sein und tun, was ihr vorgezeichnet wurde. Ich vermute, daß sie zu schwach ist. Aber du zumindest hast die Wahl. Menschen — werden sterben; und das wäre eigentlich nicht nötig.«
»Ich muß mich an einen Eid halten. Ich habe keine Wahl.«
»Hättest du dich dem Teufel verpflichtet«, sagte Roh, »wäre es da eine fromme Tat, dein Wort zu halten?«
Unbedacht hob Vanye die Hand zur segnenden Gebärde und hielt inne, und vollendete die Bewegung dann ganz bewußt, an diesem Ort der
qujal,
da die Priester Teufel anbeteten.
Innerlich war ihm kalt.
»Kann sie tun, was du getan hast?« fragte Roh weiter. »Vanye, gibt es ein Land, das sie bereist hat, und in dem sie nicht verflucht, zu Recht verflucht wird? Weißt du überhaupt, ob du in diesem Krieg der Sache
Weitere Kostenlose Bücher