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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Duft begleitete das Geschirr, das in den Händen der Diener klapperte.
    Vanye erhob sich von dem erlöschenden Feuer. Der ganze Körper tat ihm weh; der Schmerz in seinen angeschwollenen Füßen ließ ihn torkeln, so daß er sich am Kaminsims abstützen mußte. Die Piken in den Händen der Wächter senkten sich drohend in seine Richtung. Die Diener starrten ihn an, Männer, die nur unmerkliche Bewegungen machten, im Gesicht das Symbol des eingeschnittenen Kreises — und in den Augen eine ganz besondere Angst, die durchdringend war und niemals schwand.
    »Roh«, wandte er sich an die Diener und Wächter, und seine Stimme klang noch immer heiser. »Laßt Roh kommen. Ich möchte ihn sprechen.« Denn an diesem Morgen erinnerte er sich an einen verlorenen Dolch, verloren bei Morgaine, und an eine Sache, die er zu tun geschworen hatte, und an Dinge, die er in der Nacht gesagt hatte, und andere, die unausgesprochen geblieben waren.
    Niemand antwortete ihm. Die Diener wandten sich erschrocken ab. Die Dämonenhelme überschatteten die Augen der Halblings-Wächter und ließen ihre Gesichter ähnlich und ihm gegenüber ausdruckslos erscheinen.
    »Ich brauche Kleider zum Wechseln«, sagte er zu den Dienstboten; sie zuckten vor ihm zurück, als sei er von einem Teufel besessen, und suchten hastig hinter den Wächtern Schutz, die sich allmählich zurückzogen.
    »Das Feuerholz ist beinahe aufgebraucht«, brüllte er sie an, erfüllt von Panik bei dem Gedanken, daß es in dem Raum dunkel und kalt sein würde. »So überstehe ich den Tag nicht.«
    Die Dienstboten flohen; die Wächter zogen sich zurück und schlössen die Tür. Der Riegel wurde vorgeschoben.
    Vanye zitterte vor Zorn. Worüber er wütend war, wußte er nicht: über Roh, die Lords dieser Burg, über sich selbst, der so bereitwillig durch das Tor geschritten war. Er stand da und starrte auf die Tür in der Erkenntnis, daß keine Muskelkraft etwas gegen sie auszurichten vermochte und daß Rufen ihm die Freiheit auf keinen Fall bringen konnte. Er humpelte zum Tisch, setzte sich ans Ende der Bank und dachte nüchtern nach, er erinnerte sich an jede Tür, jede Ecke, jede innere und äußere Einzelheit der Burg. Und irgendwo in Ohtij-in — auch an diesen Raum versuchte er sich zu erinnern — befand sich Jhirun, der er nicht helfen konnte.
    Er trank aus dem Krug, den die Diener hingestellt hatten — aber nur wenig, denn er sagte sich, daß er heute womöglich nichts mehr bekommen würde, wenn seine Gastgeber ihm schon kein Feuerholz lieferten; beim Essen hielt er sich ebenso zurück und drehte vor seinem inneren Auge immer wieder das Bild, das er sich von der Burg machte, die Korridore, Tore, die Zahl der Männer, die hier Wache standen, und kam immer wieder zum gleichen Schluß: er konnte nicht hoffen, so viele Barrieren zu überwinden und sich außerdem durch ein Gebiet abzusetzen, das er nicht kannte, zu Fuß, in Unkenntnis aller Landmarken außer der Straße — auf der seine Feinde ihn mühelos finden würden.
    Nur Roh kam und ging, wie es ihm gefiel.
    Roh mochte ihn auf diese Straße schicken. Diese Freiheit hatte allerdings ihren Preis. Das Fleisch in Vanyes Mund verlor seinen Geschmack, während er überlegte, was es ihn kosten mochte, Rohs Vertrauen zu erringen und bei Abarais abgesetzt zu werden.
    Roh zu vernichten: das war der letzte Auftrag, den sie ihm indirekt gegeben hatte, eine Sache, die so einfach war wie sein verpfändetes Wort, ein Auftrag, aus dem es kein Entrinnen gab, war die Tat nun ehrenhaft oder unehrenhaft: die Ehre stand zwischen
ilin
und
liyo
nicht zur Debatte.
    Es war nicht nötig, sich zu fragen, was hinterher aus ihm werden würde, es war später auch nicht wichtig, wem er den Eid geleistet hatte — dieses Gewicht lastete nicht mehr auf seinem Gewissen, eine letzte Entlastung von Verpflichtungen.
    Es tröstete ihn seltsam, die Grenzen seiner Existenz zu erkennen, zu wissen, daß er nicht mehr gegen Rohs Vernunft ankämpfen mußte. Zum erstenmal in seinem Leben war er alle Möglichkeiten durchgegangen und hatte begriffen, was zu begreifen nötig war.
    Niemand kam dem Raum nahe. Der lange Tag verging. Vanye ging nach kurzer Zeit ans Fenster, das er für eine Gnade seiner Wärter hielt, obgleich es nur schmal war, eine freundliche Geste, die ihm Zugang zum Himmel gewähren sollte — bis er die Holzlade zurückklappte. Vor der Öffnung erstreckte sich eine Steinmauer, die er beinahe mit ausgestrecktem Arm berühren konnte; und als er sich

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