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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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der Menschen dienst? Du hast einen Eid geschworen; wegen dieses Eides hast du Augen und Ohren verschlossen; du hast deswegen Verwandte an deinem Weg tot liegen lassen. Aber wem hast du den Eid geschworen? Fragst du dich manchmal, was in Andur-Kursh zurückgeblieben ist? Du wirst nie erfahren, was du dort angerichtet hast, und vielleicht ist das für dein Gewissen nur gut so. Aber hier kannst du sehen, was du tust, und wirst darin leben. Meinst du, die Brunnen haben diese Leute ins Elend gestürzt? Glaubst du, die Brunnen sind das Böse? Es war ihr Verlust, der das Land vernichtete. Und das sieht mir nach Morgaines Werk aus. Solche Dinge tut sie, solche Dinge läßt sie zurück, wo immer sie durchkommt. Es gibt nichts Schrecklicheres, als an einem Ort bleiben zu müssen, durch den sie gereist ist. Du und ich, wir wissen das; wir wurden in das Chaos geboren, das sie in unserer Heimat Andur-Kursh anrichtete. Unter ihrer Führung fielen Königreiche und Klans starben. Sie ist das wandelnde Chaos, Nhi Vanye. Sie tötet. Das ist ihre Funktion, und du kannst sie nicht daran hindern. Zu vernichten ist ihr ganzer Lebenszweck.«
    Vanye wandte das Gesicht ab und blickte auf die kahlen Wände, auf den einsamen Fensterschlitz, vor dem ein Holzladen befestigt war.
    »Du bist entschlossen, mir nicht zuzuhören«, sagte Roh. »Vielleicht wirst du wie sie.«
    Vanyes Gesicht verkrampfte sich vor Zorn, und er blickte Roh an. »Liell«, sagte er zu ihm, den Namen, der sein letztes Ich gewesen war, das Roh vernichtet hatte. »Kindermörder! Du hast mir in Raleth auch den Himmel angeboten, und ich sah, was für ein Geschenk
das
war, welchen Wohlstand du jenen brachtest, die in deine Gewalt gerieten.«
    »Ich bin Liell nicht mehr.«
    Ich.
    Vanye spürte eine Enge um das Herz, fühlte sich gefangen von dem ruhigen Blick. »Wer redet da zu mir?« fragte er mit leiser Stimme. »Wer bist du,
qujal?
Wer warst du?«
    »Roh.«
    Vanye stieg ein bitterer Geschmack in den Mund. »Verschwinde! Laß mich allein! Tu mir wenigstens den Gefallen. Laß mich in Ruhe!«
    »Cousin«, sagte Roh leise. »Hast du dich je gefragt, wer Morgaine einmal war?«
    Die Frage leitet eine Stille ein, eine Art Betäubung, in der er die Geräusche des Feuers und des Windes vor dem schmalen Fenster hörte. Er fand es anstrengend, in dieser Stille Atem zu holen.
    »Du hast dich also wirklich damit beschäftigt«, fuhr Roh fort. »Du bist nicht völlig blind. Frag dich einmal, warum sie dem Auge nach, nicht aber nach dem Herzen
qujal
ist. Frage dich, ob sie immer die Wahrheit sagt.. . und du kannst mir glauben, sie tut es nicht, nicht wenn es um die wichtigsten Dinge geht, wenn das bedroht ist, was sie erstrebt. Frag einmal, wieviel von mir Roh ist, dann sage ich dir, daß das Kernwesen Roh ist; und warum du dich in Sicherheit wiegen kannst, obwohl du mich feindselig behandelst, dann sage ich dir, weil wir wirklich Cousins sind. Ich spüre diese Last; ich handele danach, weil ich so handeln muß. Aber frag einmal, was aus
ihr
geworden ist, deiner Herrin! Meine Impulse sind menschlich. Stell dir die Frage, wie menschlich
sie
ist. Weniger als jeder andere hier, dessen Blut nur halb menschlich ist. Frag dich, wem du Treue geschworen hast, Nhi Vanye.«
    »Raus!« brüllte dieser, daß die Tür aufsprang, und die Wächter mit gesenkten Waffen hereinstürmten. Aber Roh hob die Hand und ließ sie anhalten.
    »Eine gute Nacht«, murmelte er und zog sich zurück.
    Die Tür ging zu. Draußen wurde ein Riegel vorgeschoben. Vanye fluchte lautlos vor sich hin, warf sich auf die Bank am Feuer.
    Ein Baumstamm, der im Feuer glühte, krachte und erzeugte eine Flamme, die an der verkohlten Kante entlanglief und erstarb. Er beobachtete die wechselnden Muster in der glühenden Asche, und sein Herz klopfte stark, denn seinen unsicheren Sinnen wollte scheinen, als habe sich der Fußboden um eine Winzigkeit bewegt, ein Sturz wie der Moment zwischen den Toren.
    Draußen riefen klagend einige Tiere. Er hörte das ferne Murmeln nervöser Stimmen. Die Erkenntnis, daß er keiner Illusion erlegen war, ließ ihn am ganzen Körper in Schweiß ausbrechen, doch der Boden blieb ruhig.
    Er ließ den angehaltenen Atem ausströmen und starrte auf das Feuer, bis Licht und Hitze seine Augen ermüdeten und ihn veranlaßten, sie zu schließen.
     
9
    Am Morgen störten ihn Wächter, Dienstboten brachten Speisen und Wasser, ein plötzliches Poltern von Schritten, das Krachen von Riegeln und Türen; ein angenehmer

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