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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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er schämte sich deswegen, doch er nahm nicht an, daß er ablehnen konnte, was sich ihm hier bieten mochte, egal, worum es sich dabei handelte. Er kapselte sich ab gegenüber den Dingen, die er vielleicht tun mußte.
    »Bist du gekommen«, wandte sich Vanye an den
qujal,
»um die Dinge von mir zu erfahren, die Roh euch nicht sagen wollte?«
    »Und was könnten das für Dinge sein?« fragte Bydarra leise. »Daß ihr ihm nicht trauen könnt.«
    Wieder lächelte Bydarra, diesmal mit sichtlicher Zufriedenheit. Seine Züge waren ein gealtertes Spiegelbild von Hetharus Gesicht, das sich dicht neben ihm befand — ein hageres Gesicht mit zart ausgebildetem Knochenbau, doch Bydarras Augen waren bleich:
Morgaines Züge,
dachte er innerlich erschaudernd, entsetzt, daß sich dieses vertraute Gesicht in ihren Feinden wiederholte. Kein reiner
qujal
war in Andur-Kursh zurückgeblieben. Zum erstenmal sah er ein solches Wesen und dachte gegen seinen Willen an Morgaine.
    Stell dir die Frage,
hatte Roh ihn spöttisch aufgefordert,
wem du geschworen hast.
    »Geht!« forderte Bydarra die Wächter auf, die kehrtmachten und die Tür hinter sich schlössen; Hetharu aber blieb, was Bydarra mit einem Stirnrunzeln quittierte.
    »Pflichtbewußt«, murmelte Bydarra ihm angewidert zu; dann blickte er Vanye an, und seine hübsch geschwungenen Lippen verzogen sich spöttisch. »Mein Sohn«, sagte er und bedachte Hetharu mit ein'em Nicken. »Ein Mann von kritiklosem Geschmack und energischem Ehrgeiz. Ein Mann plötzlicher und weitreichender Sehnsüchte.«
    Vanye blickte über Bydarras Schulter in Hetharus starres Gesicht und spürte die Arroganz des Mannes, der da an der Seite seines Vaters stand und mitanhören mußte, wie er vor einem Gefangenen abgekanzelt wurde. Einen Augenblick lang empfand Vanye ein unlogisches Mitleid mit Hetharu — war er doch selbst ein Bastard, ein Halbblut, von seinem Vater verachtet. Dann kam ihm aber der Verdacht, daß die Bemerkung nicht leichtfertig gefallen war, daß Bydarra wußte, er habe Grund, seinem Sohn zu mißtrauen, daß Bydarra guten Grund hatte, die Zelle eines Gefangenen aufzusuchen und Fragen zu stellen.
    Hetharu hatte zwingende Gründe, an der Seite seines Vaters zu bleiben, damit der alte Lord nicht von Versammlungen und Bewegungen hörte, die nachts in den Mauern Ohtij-ins stattfanden. Ohne es zu wollen, begegnete Vanye Hetharus Blick, dessen dunkle, menschliche Augen Gewalt versprachen und vor Bosheit loderten.
    »Roh bedrängt uns, dich freundlich zu behandeln«, sagte By-darra. »Dabei nennt er dich seinen Feind.«
    »Ich bin sein Cousin«, gab Vanye leise zurück und bediente sich dabei der Gründe, zu denen sich Roh selbst offen bekannte.
    »Roh«, sagte Bydarra, »macht große und unmögliche Versprechungen — aus einer grenzenlosen Arroganz heraus. Man mag annehmen, er könnte den Mond umformen und das Wasser zurückdrängen. So plötzlich eingetroffen, so seltsam bemüht in seiner Sorge um uns — er gibt sich wie die uralten Menschenkönige und behauptet, Macht über die Brunnen zu haben. Er sucht unsere Unterlagen, betrachtet Landkarten und alte Berichte, die nur von nebensächlichem Interesse sind. Und was willst du, Nhi Vanye i Chya? Geht es dir ebenfalls um die Freundlichkeit von Ohtij-in? Was sollen wir dir für deinen Spaß bieten, wenn du uns alle rettest? Anbetung als Gott?«
    Der Stachel des Sakasmus traf nur auf Gefühllosigkeit, auf einen kalten Schauder bei der Vorstellung, wie Roh, ein Chya-Bogenschütze, ein Lord des bewaldeten Koris, sich durch staubige
qujalin
-Aufzeichnungen arbeite, durch Runentexte, die von Menschen nicht gelesen werden durften — nur von Morgaine. »Roh«, sagte Vanye, »belügt dich. Er weiß nicht alles; aber ihr bringt es ihm bei. Haltet ihn von den Büchern fern.«
    Bydarras silberne Braue hob sich, als weiche Vanyes Antwort von seinen Erwartungen ab. Er warf Hetharu einen Blick zu und ging ein Stück ins Zimmer hinein, auf den Fensterschlitz zu, wo das schwache Tageslicht sein Haar und seine Kleidung mit einem weißen Rand versah. Er sah einen Moment lang aus dem blicklosen Fenster, als überlege er sich etwas, zu dem ein Panorama nicht erforderlich war, dann wandte er sich um und kehrte mit langsamen Schritten in den Fackelschein zurück.
    »Wir«, sagte Bydarra, »wir sind die Erben der echten
khal.
Aber Menschenblut ist in uns. Von gemischtem Blute sind wir alle, trotzdem sind wir ihre Erben. Aber keiner von uns besitzt die Gabe. Sie steht nicht

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