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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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du auch. Weißt du keine Möglichkeit, ihr zu helfen?«
    »Ja, vielleicht ist sie verwundet. Wenn du sie heilen möchtest, verlaß meinen Dienst und kümmere dich um sie. Wenn nicht, hab Mitleid mit ihr und laß sie in Ruhe.« Sie schwieg einen Moment lang, und der Blick ihrer grauen Augen wanderte durch den Raum, strich über die zerrissenen Wandteppiche und die zerschmetterten Schätze. Aus dem Hof tönten noch immer Geschrei und Gebrüll herauf, und ihr Blick richtete sich auf die Fenster, ehe er zu ihm zurückkehrte. »Ich habe getan, was ich tun mußte«, sagte sie mit entrückter, totenhafter Stimme. »Ich habe die Barrower und die Sumpfbewohner auf Shiuan gehetzt, weil es die einfachste Möglichkeit war, dieses Land zu erreichen, ohne daß meine Streitmacht sich völlig aufreiben mußte. Ich führe diese Wesen nicht, ich bin nur unter sie getreten. Hier werde ich Schutz suchen, doch nur bis ich weiterziehen kann. Ich schaue nicht auf das, was ich hinter mir zurücklasse.«
    Er hörte ihre Stimme, und irgend etwas in ihm erschauderte, nicht über die Worte, die eine solche Reaktion verdient hatten, sondern über den Tonfall. Sie log; er hoffte aus ganzem Herzen, daß er sie in dieser einen Sache richtig verstand, sonst begriff er nämlich überhaupt nichts mehr. Und jetzt aufzustehen, durch die Tür zu verschwinden und sie allein zu lassen, das setzte eine Kraft voraus, die er nicht besaß. Auch hier wußte er nicht, ob sein Handeln von Mut oder Feigheit bestimmt wurde.
    »Ich bleibe«, sagte er.
    Sie blickte ihn schweigend an. Seine Angst wuchs, so seltsam und beunruhigend war ihr Blick. Schatten lagen unter ihren Augen. Er sagte sich, daß sie nicht gut geschlafen hatte, daß sie in den letzten Tagen wenig Ruhe gefunden hatte, ohne Gefährten, der unter den Fremden ihren Schlaf bewachte, ohne einen Helfer, der das Schweigen füllte, mit dem sie sich umgab, unbeirrbar in ihrer Zielstrebigkeit, ohne Interesse für die Wünsche anderer.
    »Ich werde mich unauffällig erkundigen«, sagte sie schließlich. »Vielleicht kann ich veranlassen, daß sie gefunden wird, ohne sie zu finden ... nur damit du klar weißt, wie die Verhältnisse sind.«
    Er hörte die Brüchigkeit ihrer Stimme, wußte, was sich dahinter verbarg, und verneigte sich zittrig vor Dankbarkeit, senkte die Stirn auf die Platten vor dem Kamin, richtete sich wieder auf.
    »Hier muß es gewiß ein Bett geben«, sagte sie, »und es dauert bestimmt noch eine Stunde oder länger, ehe ich es brauche.«
    Er schaute an ihr vorbei zum offenen Durchgang ins dunkle Nebenzimmer, in dem sich die Diener nun rührten, nachdem der Abtransport der früheren Bewohner abgeschlossen war. Irgendwo dort drüben brannte ein Licht, Schränke wurden geöffnet und geschlossen, Stoffe raschelten. Ein warmes Bett: in seiner Erschöpfung sehnte er sich danach, ein Luxus, den er selten erlebte, ganz anders als die Dinge, die er am Ende dieses häßlichen Tages erwartet hätte.
    Anders auch, sagte er sich, als viele andere diesen Abend erlebten: Jhirun, wenn sie noch lebte, Kithan, seiner Macht beraubt, Roh — geflohen in den Sturm und die Flut der Nacht, gefangen in seinem ureigenen Alptraum, der sich um Morgaine drehte; Roh, der Abarais vor sich hatte und die Chance, Morgaine und Vanye zu besiegen.
    Aber Morgaine betrachtete ihn mit einem Gesicht, das er endlich wiedererkannte — müde, unsäglich müde und vernünftig.
    »Ruh du dich als erste aus«, sagte er. »Ich bleibe am Feuer und behalte die Diener im Auge.«
    Sie musterte ihn aus halb geschlossenen Augen und schüttelte den Kopf. »Tu, was ich dir sage!« meinte sie. »Ich habe dein Gewissen erleichtert, soweit es mir möglich war. Nun mach zu! Du hast mir Dinge aufgegeben, um die ich mich kümmern muß; jetzt laß mich sie verfolgen.«
    Er nahm sich zusammen, stand langsam auf — wobei er beinahe umgefallen wäre, waren ihm doch die Füße eingeschlafen —, stützte sich am Kaminsims ab, wobei er sie entschuldigend ansah. Ihr Blick, beunruhigt und nachdenklich, verhieß Vergebung; und dankbar neigte er den Kopf.
    Zuweilen war sie von Alpträumen umgeben. Einer spielte sich heute nicht im Hof und anderswo ab.
Mach Schluß damit!
wollte er sie
anflehen. Übernimm das Kommando und mach der Sache ein Ende. Du könntest es tun, willst es aber nicht.
    Sie hatte einmal eine Armee geführt; zehntausend Mann waren ihr vor seiner Zeit gefolgt und waren ins Nichts gerissen worden, untergegangen. Klans und Königreiche waren

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