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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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dasselbe wie die Nächte an den Lagerfeuern, da sie Wärme geteilt hatte, beide in Rüstung, Gefährten in der Dunkelheit, ständig einer auf Wache aus Angst vor Überfällen. Er lauschte auf ihre Atemzüge, spürte ihre kleinen Bewegungen und versuchte sich mit anderen Gedanken abzulenken, indem er zu den dunklen Deckenbalken aufblickte. Lautlos sprach er vor sich hin, halb Fluch, halb frommes Gebet, und fragte sich, was sie davon halten würde, wenn er sich doch noch an den Kamin zurückzog.
    Als Frau mochte sie über die Geste nicht viel nachgedacht haben; vielleicht verstand sie sie nicht. Oder, überlegte er elend, sie wollte gerade, daß er sich über die Barriere hinwegsetzte, und quälte ihn absichtlich.
    Sie hatte ihn gefragt, warum er sie weiter begleitete.
Deine Zuwendungen,
hatte er ihr leichthin geantwortet,
waren stets großzügiger als die meiner Brüder.
Diese Bemerkung hatte sie gekränkt; er wünschte bis heute, daß er nach dem Grund gefragt hätte, damit er begriffe, warum sie sich darüber erzürnt gezeigt hatte, warum sie deswegen den ganzen bitteren Tag lang mit ihm böse gewesen war.
    Er war ein Mensch; von ihr war er sich dessen nicht so sicher. Er war ein gottesfürchtiger Mann gewesen und wußte nicht, was sie war. In solcher Nähe zu ihr kam er mit Logik nicht weiter. In dieser Nähe zu Morgaine verloren Rohs Argumente ihre Gültigkeit; und er wußte genau, was ihn auf diese Seite der Tore gelockt hatte, obwohl er es noch immer schaudernd vermied, in ihre fremdartigen grauen Augen zu blicken oder so dicht bei ihr zu liegen; das Schaudern ging in ein ganz anderes Gefühl über, und er war entsetzt über sich, der sich von ihr anrühren ließ, von ihr, seiner Herrin, tausendfache Mörderin und
qujal,
zumindest dem Auge nach.
    Er war verloren, sagte er sich, und besaß nur die eine Entschlossenheit, er möge nicht vergessen, daß er Kurshin und Nhi war und daß sie in seinem Land als Verfluchte galt. Was die Menschen über sie erzählten, war zur Hälfte gelogen; doch von den schrecklichen Dingen hatte er vieles mit eigenen Augen sehen müssen.
    Und diese Logik war ebenfalls machtlos.
    Er erkannte endlich, daß sich ihm weder Vernunft noch Tugendhaftigkeit in den Weg stellten, sondern daß sie das -Vertrauen in ihn verlieren mochte, sollte er nur einmal versuchen, jene kalte Barriere zwischen ihnen zu überklimmen. Als
ilin,
so hatte sie ihm einmal ätzend gesagt,
habt Ihr Euren Platz

ilin,
so hatte sie heute abend gesagt,
ich habe Euch einen Befehl gegeben.
    Der Stolz machte jeden weiteren Schritt unmöglich. So konnte man ihn nicht behandeln; er wagte sich nicht vorzustellen, mit welchen Qualen er ihre Beziehung belasten konnte, wenn sie versuchte, ihn als Mann zu behandeln, während er sich Mühe gab, Mann und Diener gleichzeitig zu sein. Sie hatte einen Gefährten, der älter war als sie, ein anspruchsvolles und böses Ding, das wie ein Gewicht neben ihm lag; kein anderer konnte ihr näherkommen.
    Und wenn sie ihn auch nur ein wenig achtete, sagte er sich, mußte sie das Elend spüren, das sie ihm bringen konnte, und würde die Distanz wahren — bis zu dieser Nacht, da sie, übermäßig praktisch denkend, übertrieben freundlich, ihn nicht an den ihm gemäßen Platz verwies.
    Er fragte sich, zu wessen Schutz sie das Schwert zwischen sie gelegt hatte — wegen seines Seelenfriedens oder des ihren.
     
12
    Etwas fiel zu Boden, ein schwerer Gegenstand.
    Vanye erwachte, schleuderte einen Arm zur Seite und erkannte, daß Morgaines Platz neben ihm leer und kalt war. Helles Tageslicht schien ins Nebenzimmer.
    Halbblind sprang er auf, befreite sich strampelnd von der Decke und torkelte zur Tür. Er blinzelte Morgaine an, die die gewohnte schwarze Rüstung trug und an der offenen Außentür stand. Am Kamin lagen Sachen, vor allem Rüstungsteile; diese Dinge waren am Abend noch nicht dagewesen. Bücher und Karten häuften sich am Boden in einem Strahl Tageslicht vom Fenster, die meisten geöffnet und ungeordnet. In diesem Augenblick brachten Diener etwas zu essen herein, wohlriechende dampfende Teller. Sie deckten den langen Tisch mit Tellern und Bechern aus Gold.
    Und an der Tür stand, mit Morgaine sprechend, eine neue Gruppe Wächter: größer und schlanker als die Sumpfbewohner. Morgaine unterhielt sich leise mit ihnen; entweder gab sie Befehle oder nahm einen Bericht entgegen.
    Vanye fuhr sich mit der Hand durch das Haar, atmete tief und kam zu dem Schluß, daß alles in Ordnung war. Er

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