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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Frauen, die ebenso schlecht dran waren wie das Mädchen, sah er keine Möglichkeit, die Ereignisse aufzuhalten, nur für Jhirun, die ihm Freundlichkeit erwiesen hatte, die ihm geglaubt hatte, als er sagte, er würde sie aus Ohtij-in herausholen.
    »Liyo«,
sagte er und ließ sich neben dem Kamin, neben Morgaine auf die Knie fallen. Seine Stimme bebte; eine Reaktion auf die Ereignisse, doch deswegen schämte er sich nicht; sie waren beide müde.
»Liyo,
Jhirun muß hier irgendwo sein. Wenn es dir recht ist, gehe ich los und versuche sie zu finden. Das bin ich ihr schuldig.«
    »Nein!«
    »Liyo. . .«
    Sie starrte ins Feuer, das gebräunte Gesicht war starr, das bleiche Haar noch feucht vom Regen. »Wenn Ihr in den Hof hinausgeht, sticht Euch irgendein Shiua von hinten nieder. Genug!«
    Er stemmte sich auf die Füße hoch, verwirrt von ihrer Fürsorglichkeit, erschöpft genug, um sich über seine Gefühle nicht mit ihr zu streiten. Er ging auf die Tür zu, in der Annahme, daß sie ihren Einwand vorgebracht hatte und die Sache damit erledigt war. Er wollte Jhirun trotzdem suchen. Er mußte sich um sie kümmern, das wußte Morgaine.
    »Ilin!«
ertönte ihre Stimme hinter ihm. »Ich habe Euch einen Befehl gegeben!«
    Er blieb stehen und sah sie an: es war die kalte Stimme einer Fremden. Sie war umgeben von Männern, die er nicht kannte, von Zielen, die er nicht mehr verstand. Er starrte sie an, während sich ein Eisenband um sein Herz schloß. Es war, als hätte sie sich verändert wie das Land. »Ich brauche mich mit Euch nicht auseinanderzusetzen«, sagte sie.
    »Jemand sollte sich aber mit dir auseinandersetzen«, gab er zurück.
    Ein langes Schweigen trat ein. Sie starrte ihn an, während er spürte, wie ihre kühle Abweisung zunahm.
    »Ich lasse nach deinen Sachen suchen«, sagte sie. »Du kannst das Pferd nehmen und das Hiua-Mädchen, wenn sie noch lebt, dann kannst du gehen, wohin du willst.«
    Ihre Worte waren ernst gemeint. Entrüstung durchfuhr ihn. Beinahe, beinahe hätte er auf dem Absatz kehrtgemacht und sich von ihr gelöst — aber in ihrer Stimme stand nicht einmal Zorn, nichts, wogegen er sich richten konnte, keine Hoffnung, daß sie gedankenlos, ohne Absicht gesprochen hatte. Ihre Stimme verriet nur totale Erschöpfung, eine Leere, die sich seinem Zugriff entzog, und wenn er sie verließ, gab es niemanden mehr, der Morgaine anzusprechen vermochte, niemanden mehr.
    »Ich weiß nicht mehr«, sagte er, »wem ich meinen Eid abgelegt habe. Ich erkenne dich nicht.«
    Ihre Augen blieben auf eine Stelle irgendwo hinter ihm gerichtet, als hätte sie ihn bereits aus ihren Gedanken verdrängt.
    »Du kannst mich nicht wegschicken!« rief er ihr zu, und seine heisere Stimme überschlug sich, nahm ihm die letzte Würde.
    »Nein«, sagte sie, ohne ihn anzusehen. »Doch solange du bei mir bist, stellst du meine Befehle nicht in Zweifel.«
    Er atmete zittrig aus, ging auf sie zu, kniete auf den Kaminsteinen nieder und riß sich den Mantel herunter, den sie ihm geliehen hatte, legte ihn ab und starrte seinerseits ins Leere, bis er spürte, daß er wieder sprechen konnte, ohne die Beherrschung zu verlieren.
    Sie brauchte ihn. Er redete sich ein, daß dies noch zutraf; ihre Not war aus Verzweiflung geboren und von unfairer Dimension, und deshalb wollte sie ihm nicht befehlen, zu bleiben, nicht nach ihren Bedingungen. Jhirun, so sagte er sich, würde ihm bis zu seinem Tode auf dem Gewissen liegen; aber Morgaine — Morgaine konnte er nicht verlassen.
    »Darf ich«, fragte er schließlich leise, »einen Diener losschicken? Vielleicht findet der sie.«
    »Nein!«
    Er stieß ein verzweifeltes, tonloses Lachen aus in der Hoffnung, daß ihre Reaktion ohne Überlegung gekommen war, daß sie ihm gleich nachgeben würden, doch Lachen und Hoffnung erstarben, als er sie direkt anblickte und die Kälte in ihrem Gesicht sah. »Ich verstehe das nicht«, sagte er. »Ich verstehe das nicht.«
    »Als du mir den Eid geleistet hast«, sagte sie mit leiser Stimme, »erbatest du von mir eine Rücksicht, die ich nach Möglichkeit immer gewährt habe: unberührt zu bleiben von den Dingen, die ich gebrauche und die ich tue. Willst du diesem Mädchen nicht dieselbe Gunst erweisen?«
    »Du verstehst nicht, was ich meine,
liyo,
sie war eine Gefangene; man hat sie an einen anderen Ort gebracht. Vielleicht ist sie verwundet. Die Frauen hier sind hilflose Opfer für die Sumpfbewohner und für den Mob im Hof. Was immer du sonst sein magst, eine Frau bist

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