Morgaine 3 - Die Feuer von Azeroth
Knie in die Flanke, woraufhin es schreiend fortstürmte; aber darauf wußte der Hiua natürlich eine Antwort. Man fesselte ihm die Fußgelenke zusammen und warf ihn mit dem Bauch nach unten über einen Sattel und band ihn fest, damit er das Losreiten nicht länger aufhalten konnte. Sein Helm fiel zu Boden; ein Mann nahm ihn auf und setzte ihn sich spöttisch auf den Kopf.
Dann begann der schnelle Ritt am Flußufer entlang, und das unangenehme Auf und Ab drohte Vanye immer wieder das Bewußtsein zu rauben. Er fiel nicht völlig in Ohnmacht, doch gab es ausgedehnte Perioden der Dunkelheit, die ihm allerdings keine Erleichterung verschafften.
Und schlimmer als der andere Schmerz war der Gedanke an Morgaine und die Frage, ob die Shiua-Reiter sie eingeholt hatten und ob sie dem Pfeilschuß zum Opfer gefallen war – mit schwerem Herzen dachte er an die Blutstropfen im Sand. Auf jeden Fall mußte er überleben. Wenn sie noch in dieser Welt war, brauchte sie ihn. War sie tot, mußte er dennoch nach dem Überleben streben; er hatte es ihr geschworen.
Im Kampf gegen die Hiua hatte er daran einen Augenblick lang nicht gedacht: in jenem ersten Schock war es ihm nur darum gegangen, einen schnellen und ehrenvollen Tod zu erleiden. Doch nachdem er nun Zeit gefunden hatte, darüber nachzudenken, zu was sie ihn mit seinem Eid verpflichtet hatte, gab er die Gegenwehr auf und sammelte seine Kräfte für einen anderen und längeren Kampf, bei dem für ihn keine Ehren zu gewinnen waren. Gegen Mitte des Vormittags rasteten die Hiua. Vanye spürte, daß das Pferd angehalten wurde, kam jedoch erst richtig zu sich, als man ihn vom Sattel losband und rücksichtslos in den Sand schleuderte. Reglos blieb er liegen und ignorierte die Männer, während er in das dunkle Wasser des Narn starrte, der kaum einen Steinwurf weit vorbeiströmte – ein schwarzer Faden, der diesen Ort mit jenem verband, an dem Morgaine sich aufhielt: der Anblick tröstete ihn, der Gedanke, daß sie noch nicht im Unbekannten verloren war, daß sie sich noch nicht endgültig verloren hatten.
Einer der Hiua packte ihn an den Haaren, hob seinen Kopf und setzte ihm eine Flasche an die Lippen: Wasser. Er trank, soviel man ihm zu geben beabsichtigte; dann goß man ihm noch einen Schwall ins Gesicht und schlug ihn, um ihn wieder in die richtige Stimmung zu bringen. Auf beides reagierte er kaum, obwohl er durchaus wußte, was da mit ihm geschah.
Fwar trat herbei, packte sein Haar und schüttelte ihm den Kopf, bis sein Blick sich auf ihn richtete. »Ger, Awan«, nannte er seine toten Brüder beim Namen, »und Efwy. Und Terrin und Ejan und Prafwy und Ras, das sind Minurs Verwandte; und Eran, das war Huls Bruder; und Sithan und Ulwy, Trins Brüder...»
»Und unsere Frauen und Kinder und all die anderen, die schon davor sterben mußten«, sagte Eran. Vanye blickte ihn an und las in seinem Gesicht einen Haß, der Fwars Gefühlen in nichts nachstand. Er hatte Fwars Brüder mit eigener Hand umgebracht. Vielleicht hatte er auch die anderen getötet, deren Namen eben aufgezählt worden waren: viele waren bei dem Versuch gestorben, Morgaine und ihn zu verfolgen. Die Frauen und Kinder waren in der zerstörten Feste umgekommen, und das war nicht sein Werk – aber das machte für diese Männer keinen Unterschied. Er war ein Objekt des Hasses, das sie in ihrer Gewalt hatten, ein Feind, der ihnen hilflos ausgeliefert war, und wegen allem Leid, das sie je erlitten hatten, empfanden sie Haß – auch gegenüber Morgaine, die ihre Vorfahren in Irien in die Katastrophe geführt und jetzt versucht hatte, sie im untergehenden Shiuan festzuhalten. Ihr Haß auf sie war nicht minder brennend: doch er gehörte zu Morgaine, und ihn hatten sie in der Gewalt.
Er gab keine Antwort; welche Antwort sollte an den Gefühlen seiner Feinde etwas ändern? Trin versetzte ihm einen Faustschlag ins Gesicht, und Vanye warf sich herum, spuckte ihn mit Blut an und traf diesmal sogar etwas besser. Trin schlug ein zweitesmal zu, doch Fwar hielt ihn von weiteren Ausschreitungen ab.
»Wir haben den ganzen Tag Zeit, dann die Nacht und die nächsten Tage.«
Dieser Gedanke freute die anderen sichtlich, und sie belegten ihn mit den übelsten Ausdrücken, doch Vanye biß die schmerzenden Zähne zusammen und starrte auf den Fluß, in dem Bemühen, sich nicht aus der Reserve locken zu lassen. Die Drohungen waren weitgehend an ihn verschwendet, denn die Männer sprachen ein ziemlich exotisches Kurshin, einen Dialekt aus
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