Morgaine 3 - Die Feuer von Azeroth
Kurshin und ein Andurin nicht im Wald gegen alle Hiua an? Glaubst du, ich hätte diese Männer je als angenehme Verbündete empfunden? Fwar hat mich beinahe ebenso sehr gehaßt wie dich. Er hatte die Absicht, mir das Messer in den Rücken zu stoßen, sobald Morgaine ihm nicht mehr gefährlich werden konnte und er dich entwaffnet in der Gewalt hatte. Das war die Vorfreude, die ihn und seine Männer im Zaum hielt. Er bildete sich ein, am Ziel seiner Wünsche zu sein – daß ich mich mit Morgaine abgäbe und so verrückt sei, mich von dem einzigen Mann zu trennen, der mich warnen konnte, wenn man mich heimtückisch aus dem Weg räumen wollte. Fwar sah sich schon als Herr über dieses Land, wenn er uns nur noch kurze Zeit gewähren ließe; daß ich mein Vertrauen dir schenken würde, der einmal mein Feind gewesen war – so ein Mensch war Fwar nicht und konnte sich einen solchen Wandel in anderen auch nicht vorstellen. Das war ja dann auch sein Verderben. Aber du und ich, Vanye – wir sind von anderem Schrot und Korn. Du und ich – wir wissen, was Ehre ist.«
Vanye mußte schlucken, denn er hatte das unbestimmte Gefühl, daß Roh womöglich die Wahrheit sagte. »Ich habe versprochen, dir den Rücken freizuhalten – nicht mehr. Dieses Versprechen habe ich erfüllt. Allein du hast gesagt, du wolltest Morgaine finden und mit ihr sprechen. Nun, das mußt du ohne meine Hilfe erreichen. Hier endet unsere Vereinbarung. Geh deiner eigenen Wege!«
»Für einen Krüppel bist du ziemlich schnell damit bei der Hand, mich fortzuschicken.«
Vanye richtete sich ungeschickt auf, und seine Hand riß das Schwert von seinem Haken; dabei fiel er beinahe um und stützte sich mit dem Rücken an einem Baum ab. Roh aber hatte sich aus seiner knienden Position nicht erhoben. Er machte keine drohende Gebärde.
»Frieden«, sagte er und hob die leeren Handflächen. Ein spöttisches Lächeln stand auf seinen Lippen. »Du glaubst tatsächlich, du könntest in diesem Wald ohne mich weiterkommen. Ich wüßte gern, warum. So wie es um dich bestellt ist, Cousin, würde ich dich ungern im Stich lassen.«
»Laß mich allein!«
Roh schüttelte den Kopf. »Eine neue Vereinbarung: ich begleite dich. Ich will nur mit Morgaine sprechen – wenn sie noch lebt. Wenn nicht, Cousin... wenn nicht, dann sollten wir beide unsere Position neu überdenken. Offensichtlich hast du Verbündete im Wald. Du glaubst, du brauchst mich nicht. Nun, das ist vermutlich die Wahrheit. Aber ich werde dir folgen; das kann ich dir versprechen. Da kann ich dich genausogut gleich begleiten, denn du weißt, daß kein Kurshin mich abschütteln könnte. Möchtest du nicht lieber genau wissen, wo ich stecke?«
Vanye fluchte und krampfte die Hand um das Schwert, das er aber nicht zog. »Weißt du nicht«, fragte er Roh mit heiserer Stimme, »daß Morgaine mir Befehl gegeben hat, dich zu töten?
Und ist dir nicht bekannt, daß ich hinsichtlich dieses Eides keine andere Wahl habe?«
Diese Frage fegte das Lächeln aus Rohs Gesicht. Er überdachte die Worte und zuckte nach kurzem Zögern die Achseln, die Hände locker auf die Knie gelegt. »Nun ja, im Augenblick wärst du mir im Kampf wohl kaum überlegen, oder? – außer ich würde mich dir als Zielscheibe zur Verfügung stellen, was dir wohl kaum behagen würde. Ich begleite dich und beuge mich in dieser Sache Morgaines Entscheidung.«
»Nein«, flehte Vanye, und Rohs Gesicht zeigte noch mehr Unruhe.
»Was soll das? Nennst du das deiner Herrin treu bleiben – ihre Feinde zu warnen, daß sie keine Gnade kennt, daß sie sich nicht umstellen kann, daß sie keine Vernunftgründe akzeptiert, wenn es um eine Gefahr für sie geht? Meine ältesten Erinnerungen sind Träume, Cousin, und sie drehen sich um sie. Die Hiua nennen sie den Tod, und die
Shiua-khal
haben einmal darüber gelacht. Heute aber nicht mehr. Ich kenne sie. Ich weiß, welche Chancen ich habe. Die
khal
aber werden mir nicht verzeihen, was ich getan habe. Ich kann nicht zurück; von ihnen kann ich keine Freiheit erwarten. Ich habe gesehen, was sie dir angetan haben – und ich lerne schnell, Cousin. Ich mußte fort von jenem Ort. Sie ist die einzige Zuflucht. Ich bin müde, Vanye, ich bin
müde –
und ich habe schlimme Träume durchgemacht.«
Vanye starrte ihn an. Verschwunden war jeder Anflug von Stolz, von Spott; Rohs Stimme zitterte, und seine Augen waren düster umschattet.
»Dreht es sich in deinen Träumen darum – was Liell mit mir und ihr angestellt
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