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Morgen des Zorns

Morgen des Zorns

Titel: Morgen des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Douaihy
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Verachtung. Die ganze Zeit über, in der ich in dieser Kaserne in der Schlange stand, hatte ich das Gefühl, die Soldaten betrachteten die Zivilisten mit Hochmut oder Missbilligung. Die Zivilisten, das waren wir. Wir bezeichneten die Soldaten im Gegenzug als »Staatsgäule«, die gefüttert wurden, ohne etwas dafür zu tun. Von uns erfuhren sie keine Unterstützung, weil wir der Überzeugung waren, sie wollten uns nur immer eine Falle stellen. Niemand von uns ging freiwillig zum Militär, es sei denn im Rang eines Offiziers.
    Der dritte Mann trug eine gewaltige Akte unter dem Arm, die so vollgestopft war mit Papieren, dass diese herauszufallen drohten, als er versuchte, sie zu sortieren. Er trug eine dicke Brille und lächelte grundlos nach rechts und nach links hin. Das Lächeln schien auf seinem Gesicht festgewachsen. Er war angeblich der Rechtsanwalt der Kommission, wobei mir schleierhaft war, wozu die Kommission überhaupt einen Rechtsanwalt brauchte.
    Das also war sie, die Kommission. Vielleicht war sie gekommen, um sich zu vergewissern, dass das Geld rechtmäßig verteilt wurde. Plötzlich machte das Gerücht die Runde, die Familienoberhäupter würden in Kürze eintreffen. Dann betraten die drei Kommissionsmitglieder das Hauptgebäude der Kaserne. Der Rechtsanwalt drehte sich, während er die Stufen zum Eingang emporstieg, zu der Schlange um. Vielleicht hatte er das Gefühl, dass die Anzahl derer, denen eine Entschädigung zustand, größer war, als er es in seinen Unterlagen, die auf den Boden zu fallen drohten, notiert hatte.
    Kurze Zeit später tauchten Journalisten auf. Sie hatten wohl von der Ankunft der Kommission erfahren, doch erst einmal machten sie auf ihrem Weg in das Gebäude, in dem die Kommission verschwunden war, Fotos von uns. Auch sie waren von der Länge der Schlange überrascht. Als einer der Fotografen seine Kamera in meine Richtung hielt, drehte ich mich unwillkürlich weg und versuchte wieder, mich hinter der dicken Frau zu verstecken. Aber schon traf mich das Blitzlicht. Am nächsten Tag war ein Foto von mir in der Zeitung, gleich auf der ersten Seite. Der hinkende Zeitungsverkäufer kämpfte sich hocherfreut mit einem großen Stapel der Ausgabe durch die Viertel des Ortes und klapperte sogar die schmalen Gassen ab, die er sonst nie betrat. Lauthals, wie stets, wenn er Neuigkeiten unters Volk bringen wollte, posaunte er:
    – Heute über die Leute von Barka, heute ein Bericht über Barka!
    Auf dem Foto sah ich aus, als würde ich lächeln. Dabei war ich keineswegs guter Laune gewesen, als ich in der Schlange gestanden hatte, vor mir die Dicke, die gerade – den Mund mit der Hand bedeckend – einen langen Freudentriller ausstieß. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass der Fotograf seine Kamera ein weiteres Mal auf uns gerichtet hatte, weil ich viel zu sehr – wie alle anderen auch – mit der Ankunft des Oberhauptes der Râmi-Familie beschäftigt gewesen war.
    Er beeilte sich, aus seinem Auto zu steigen. Vielleicht glaubte er, zu spät zu der Zusammenkunft mit der Kommission gekommen zu sein. Zwei seiner Begleiter liefen vor ihm her. In den vorderen Reihen wurden vorsichtig einige Hände geschüttelt, vielleicht aus Furcht vor dem Zorn der Soldaten, die zu unserer Bewachung abgestellt waren. Als die dicke Frau plötzlich einen lauten Freudentriller hören ließ, wurde mir klar, dass sie zur Râmi-Familie gehörte. Ich hatte das bereits vermutet, schließlich kannte ich sie nicht. Wäre sie eine von uns gewesen, hätte ich sie bestimmt schon einmal im Viertel gesehen. Ihr Getriller schien wie bei Hochzeiten kein Ende zu finden. Eine andere Frau versuchte es ihr nachzutun, aber ihre Stimme brach schon nach kurzem ab.
    Auf dem Foto in der Zeitung war auch der Stutzer zu sehen, wie er sich über meine Schulter beugte. Sie hatten die Frau fotografieren wollen, die für das Oberhaupt ihrer Familie trillerte, und so waren wir, der Stutzer und ich, mit auf das Foto gekommen. In dem Augenblick, als die Aufnahme entstand, war er gerade dabei, die Râmi-Familie zu beschimpfen. Ich weiß noch, dass er mich mit hässlichen Worten über ihre Toten und ihre Nachkommen belästigte und sich dann ihre Mutter, Schwester und sogar Tochter vornahm, als seien sie eine ganze Familie von Huren, die das Gewerbe gewissermaßen vererbten.
    Weder mein Bruder noch die Frau meines Onkels waren auf dem Foto zu sehen. Die Zeitung hatte etwas geschrieben, was uns aus dem Unteren Viertel überhaupt nicht gefiel. Ein Satz

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