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Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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nett und versprach mir, später vorbeizukommen, um mir die Änderungen zu zeigen. Wenn ich noch länger tatenlos herumsaß, würde ich verrückt werden.
    Gegen acht Uhr fasste ich mir ein Herz und tat, was ich nie zuvor getan hatte. Ich rief Silver auf seinem Handy an. Schließlich hatte er immer gesagt, ich könne ihn jederzeit anrufen. Trotzdem war ich so aufgeregt, als würde ich einen Mann um eine Verabredung bitten. Er nahm sofort ab. Ich hörte laut quietschende Kinder im Hintergrund. Silver war freundlich, aber nicht ganz bei der Sache. Ich fragte ihn nach Agnes. Hatte er sie denn schon gefunden? Und befragt? Silver antwortete, man glaube inzwischen, sie sei in Holland, wo sie augenblicklich lebte. Man habe vor Ort einen Polizeibeamten zu ihr geschickt. Er würde sich heute melden, dessen war er sich sicher. Eines der Kinder fing zu weinen an. Es war so nahe am Telefon, dass ich das Gestammel verstand. Es ging um Andy, der die Marmelade genommen hatte. Silver entschuldigte sich. Dass er mit seinen Kindern zusammen sein konnte, ließ in mir ein nagendes Gefühl der Eifersucht entstehen. Ich beneidete ihn um diese absolute Normalität. Dann erzählte ich ihm von Robbie. Ein dünner Schweißfilm bildete sich auf meiner Stirn.
    »Wir laden ihn vor. Wir sehen uns in der Dienststelle zu Ihrem Fernsehinterview«, sagte er. Ich stellte mir vor, wie eine wunderschöne Frau mit Grübchen und entsprechend weiblichen Rundungen ihm das Frühstück bereitete. Er sah aus wie ein Mann, der Eier mit Schinken aß, ein Mann, den man am Tisch bediente.
    Ich saß am Frisiertisch und tuschte mir die Wimpern in der vergeblichen Hoffnung, dann weniger wie eine Leiche auszusehen. Plötzlich funkte es in meinem Kopf, und eine Verbindung kam zustande: Die Frau in der Tate und Agnes? Konnten sie nicht ein und dieselbe Person sein? Wahrscheinlich war es am besten, ich informierte Silver im Hinblick auf meinen Verdacht. Da quietschte die Tür in meinem Rücken. Ich erschrak so, dass ich mit dem Tuschebürstchen eine schwarze Linie über die Brauen zog. Eine dampfende Teetasse tauchte in mein Blickfeld, dahinter mein Bruder.
    »Verdammt noch mal, Robbie! Hast du noch nie gehört, dass man anklopft, wenn man einen Raum betritt?«, fauchte ich und wischte mit dem befeuchteten Finger die Wimperntusche von der Braue.
    »Ich habe dir eine Tasse Tee gebracht. Leigh ist doch nicht etwa da?«, fragte er ängstlich.
    »Doch, sie versteckt sich unter dem Bett. Aber ich freue mich, dass du da bist. Ich habe schon versucht, dich zu erreichen. Hast du meine Nachrichten nicht abgehört? Warum gehst du nie ans Telefon?« Wütend starrte ich ihn an. »Und warum zum Teufel hattest du gestern einen Schnuller in deiner Hosentasche?«
    Robbie knallte die Teetasse auf den Frisiertisch. Natürlich verschüttete er dabei Tee auf die Lederunterlage vor dem Spiegel. Ich ließ sein Gesicht nicht aus den Augen. Es schien vollkommen emotionslos.
    »Was für einen Schnuller?« Total lässig. Er war immer so verdammt überzeugend – das war schon seit Ewigkeiten das Problem.
    »Den Babyschnuller, der gestern aus deiner Tasche baumelte, als du Mickeys Scotch hast mitgehen lassen. Mir ist erst später aufgefallen, dass das ein Schnuller war.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Robbie!«
    »Wirklich nicht. Warum sollte ich einen Schnuller in der Tasche haben?«
    »Eben das frage ich mich auch. Sag mir endlich die Wahrheit, Robbie.«
    »Bildest du dir etwa ein, ich hätte Louis? Du spinnst ja.« Er nippte an seinem Tee. »Vielleicht habe ich ihn ja eingesteckt, während ich hier war. Ohne es selbst zu merken.«
    »Louis hat keinen Schnuller. Er hatte nie einen. Ich habe ihm keinen gegeben.« Darauf war ich wirklich stolz, zumindest ein kleiner Sieg in meiner ansonsten eher von Versuch und Irrtum gesteuerten Mutterrolle. Leigh war eine große Anhängerin des Schnullers, und Maxine hatte Louis manchmal einen verpasst, als er Zähne bekam. Aber ich fand, dass die armen Babys damit aussehen wie eine verkorkte Flasche. Einfach hässlich.
    »Keine Ahnung, ich weiß es einfach nicht. Ich schwöre, Jess. Ich schwöre dir, dass ich nicht weiß, wo Louis ist. Du musst mir einfach glauben.«
    »Robbie.« Ich nahm sein Gesicht in beide Hände und zwang ihn, mich anzusehen. »Ich schwöre dir, ich bringe dich um, wenn du damit etwas zu tun hast. Das ist dir doch klar, nicht wahr? Wenn ich zu der Auffassung gelange, dass du es bist, werde ich die Polizei verständigen.«
    Er legte

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