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Morgen früh, wenn Gott will

Morgen früh, wenn Gott will

Titel: Morgen früh, wenn Gott will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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seine Hände über meine. »Ich schwöre, Jess, auf mein Leben. Ich mache mir genauso viele Sorgen wie du.«
    Die Frage war nur, wie viel sein Leben ihm zurzeit wert war. Trotzdem hatte er mich fast überzeugt. Wie tief er auch gesunken sein mochte, ich konnte einfach nicht glauben, dass er mich bewusst so sehr verletzen würde. Trotzdem stellte ich ihm die nächste Frage.
    »Wie also bist du hereingekommen? Und wenn wir schon dabei sind: Wie hast du es gestern geschafft?«
    Unbekümmert zuckte er mit den Schultern und setzte sich aufs Bett. »Die Hintertür war nicht verschlossen. Du solltest ein bisschen besser aufpassen. Man weiß nie, wer sich hier so herumtreibt. Das ist aber stabil.« Er wippte auf und ab. Dann strich er mit seiner schrecklich rauen Hand über die glatte Oberfläche der seidenen Bettwäsche. Mein Blick fiel auf eine Nummer, die auf seinem Handgelenk eintätowiert war. Ich wollte erst gar nicht darüber nachdenken, was das wohl bedeutete.
    »Du hast ja so recht. Danke für den Tipp.« Ich schraubte die Wimperntusche wieder zusammen.
    »Jessie.« Seine Stimme überschlug sich fast. »Ich glaube wirklich, dass ich dir helfen kann. Was ich sagen wollte, war: Ich war neulich drüben im Westen und habe dort einen Typen kennen gelernt, der meint, er könne Louis finden und ich …«
    »Stopp, stopp, stopp.« Ich bremste ihn. »Was meinst du damit: ›Louis finden‹? Wenn die Polizei ihn noch nicht gefunden hat, wieso sollte dein Kumpel ihn finden können?«
    Höhnisch lächelte Robbie. »Seit wann hast du so viel Vertrauen zu den Bullen?«
    Ich wurde rot.
    »Komm schon, Jess. Sie leisten ja wirklich keine gute Arbeit, oder? Und nach dem, was wir als Kinder alles durchgemacht haben, müsstest du doch eigentlich wissen, dass man ihnen nicht trauen kann. Vor allem seit der Geschichte mit Jones, diesem Bastard. Das Vögelchen unten kann vielleicht gut Tee kochen, aber das ist auch schon alles, wenn du mich fragst jedenfalls.«
    »Und ich dachte, du hättest einmal selbst Tee gemacht. Und hör auf, so schlecht von Deb zu reden«, zischte ich. »Sie ist wenigstens für mich da.«
    Doch er schüttelte nur ungeduldig den Kopf und überhörte den Vorwurf großzügig. »Das ist doch gar nicht der Punkt.«
    »Der wäre dann was genau?«
    »Dass ich bestimmte Leute kenne.«
    »Lieber Himmel, Robbie, weißt du eigentlich, wie lächerlich du dich anhörst?«
    »Kann dir doch egal sein, wie ich mich anhöre. Willst du nun meine Hilfe oder nicht?«
    »Das hängt davon ab.« Ich sah mich nach einem sauberen Slip um. Ich musste wirklich die Wäsche machen.
    »Wovon?«
    »Ob es sich tatsächlich um Hilfe handelt oder nicht.« Es klopfte. Maxine steckte ihren Kopf herein.
    »Haben Sie nach mir gerufen, Jessica?«, sagte sie. Sie sah Robbie. Ich hätte schwören können, dass sie sogar ein bisschen rot wurde.
    »Nein, Maxine«, sagte ich. »Danke sehr.«
    Beinahe unmerklich schüttelte sie ihre wasserstoffperoxidblondierten Haare. »Ach, das tut mir aber leid. Ich dachte, ich hätte meinen Namen gehört.« Eine winzige Verzögerung, dann schloss sie die Tür.
    »Die hast du ja gut erzogen!«, lachte Robbie.
    »Wohl kaum.«
    »Na ja, sieh mal. Tatsache ist, ich kenne diesen Kerl, der einige – sagen wir mal – nicht ganz saubere Kontakte hat. Er ist so weit ganz in Ordnung, aber er hat da in Soho ein paar Sachen am Laufen. Auch einen Klamottenladen. Ganz nettes Zeug. Wie auch immer, als ich neulich mit ihm geredet habe, sagte er, er habe von diesen Banden gehört …«
    Ich seufzte. »Ach, Robbie. Silver hat das mit den Banden längst geprüft.«
    »Wer ist Silver? Doch nicht der tuntige Cop mit den glänzenden Anzügen?«
    Wieder lief ich rot an. »Musst du denn alle Leute schlechtmachen, die versuchen, mir zu helfen?«, fragte ich sauer.
    »Ha, erwischt!« Robbie zog die Augenbrauen nach oben. »Findest du den etwa attraktiv, Jessie?«
    Jetzt leuchtete mein Gesicht wie eine überreife Tomate.»Verpiss dich, Rob.«
    Entzückt lachte er auf. »Aha, also doch.«
    »Natürlich nicht.« »Natürlich doch.«
    »Halt endlich den Mund. Natürlich nicht. Ich bin eine verheiratete Frau. Herzlichen Dank!« Und eine Lügnerin.
    »Du vergisst, wie gut ich dich kenne.«
    Einen Augenblick lang vergaß ich mich auch und lachte hell auf. Ich kam mir vor, als wäre ich sechzehn, und mein kleiner Bruder zog mich in unserem gemeinsamen Schlafzimmer wegen Jungs auf.
    »Er erinnert mich an Merlin.«
    »An wen?«
    »Merlin – aus dem Pub

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