Morgen ist der Tag nach gestern
haben heute Mittag überlegt, ob Horstmann vielleicht gar nicht eingeplant war? Achim, dieser Nachbar hat doch ausgesagt …“
Van Oss hält verdutzt inne. Achim Steeg hat die Arme verschränkt, das Kinn ruht auf der Brust. Er atmet tief und gleichmäßig.
Joop pufft ihn am Arm. „Ich glaub’s ja nicht. He slapt!“
Achim fährt erschrocken hoch. „Was? Was ist los?“ Er sieht sich irritiert um und reibt sich durchs Gesicht. „Oh Scheiße! Tut mir leid.“
Böhm sieht auf seine Uhr. Es ist kurz vor Mitternacht. „Lasst uns Schluss machen. Wir treffen uns morgen früh um acht Uhr hier!“
14
Er hört, wie sie die Schlüssel auf den Schuhschrank neben der Garderobe wirft. Er hört den Takt des aufsetzenden Stockes. Erst das fahle
Klock
auf dem Fliesenboden des Flurs. Dann, sich entfernend, das gedämpfte
Tomm
wenn sie im Wohnzimmer über den Teppich geht. Und das
Tock
, wenn sie den Stock auf die Holzbohlen ihres Schlafzimmers aufsetzt.
„Das Essen ist gleich fertig!“ Er ruft aus der Küche in den Flur hinein.
Warum ist sie im Schlafzimmer verschwunden? Sie kommt immer zuerst in die Küche. Warum geht sie ins Schlafzimmer?
„Ich komme. Was ist mit der Wäsche?“ Ihr Ton ist nicht freundlich. Ihr Ton ist nicht unfreundlich.
Mit zwei Tabletten in der Hand betritt sie die Küche.
„Ich brauche etwas Wasser.“
Er zieht die Tür des Oberschrankes auf, nimmt eines dieser Senfgläser heraus, die sie alltags benutzen, und füllt es.
„Hast du Schmerzen?“
Sie nimmt das Glas und nickt. „Diese Hitze macht es wirklich nicht besser. Jeder Schritt tut mir weh.“
Mit beiden Tabletten auf der Zunge legt sie den Kopf zurück und trinkt.
Er schluckt. „Das tut mir leid!“
Augenblicklich ist sie ärgerlich. „Das tut DIR leid? Wenn ich mich mal schonen könnte! Wenn ich mal nicht jeden Tag zur Arbeit müsste, dann ginge es mir besser.“
Sie hält inne, setzt sich an den Küchentisch und starrt auf die braunroten Bodenfliesen. „Wie stellst du dir das jetzt weiter vor? Hast du Horstmann erreicht?“
Er dreht ihr den Rücken zu und rührt in der Pfanne.
„Die Wäsche ist gerettet, Mutter. Sieh mal im Badezimmer auf dem Ständer nach.“ Der Stolz macht seine Stimme fest.
„Na, dann hast du heute ja wenigstens etwas geleistet.“
Er prüft den Reis mit dem Kochlöffel. Man darf den Kochlöffel nicht am Topfrand abklopfen. Wenn man ihn am Topfrand abklopft, brennt der Reis an.
„Ich habe dich was gefragt! Hast du Horstmann angerufen?“
Er dreht sich um, hält den Kopf gesenkt und sieht sie an, indem er die Augen verdreht.
„Nein, Mutter. Horstmann ist tot. Er ist in dem Haus verbrannt.“
Ursula Zech ringt nach Luft. Nicht nur ihre Brust hebt und senkt sich, der ganze Körper scheint sich um Sauerstoff ringend zu heben. Sie sieht ihren Sohn nicht an.
Atemlos leise fragt sie: „Woher weiß du das?“
Frank dreht sich wieder dem Herd zu. Er hebt den Deckel des Reistopfes.
„Er ist gestern Abend gekommen und heute Mittag haben sie ihn herausgetragen.“ Er legt den Deckel zurück auf den Topf.
„Noch zwei Minuten, dann können wir essen.“
„Du hast gewusst, dass er da war?“ Ihre Stimme hat jetzt wieder diesen Ton. Dieser Ton, der ansteigt, der in seinen Ohren schmerzt.
Er nimmt den Reis vom Herd und stellt ihn auf die Spüle. Wieder öffnet er einen der Oberschränke, nimmt zwei Teller heraus und verteilt sie auf dem Tisch.
„Frank, ich habe dich was gefragt! Hör auf mit diesem Rumhantieren. Antworte mir!“, brüllt sie.
„Ja!“ Er nimmt Messer und Gabeln aus der Schublade und legt sie neben die Teller.
„Weißt du überhaupt, was hier im Augenblick passiert?“
Die zweite Gabel noch in der Hand, sieht er sie fragend an.
„Wie meinst du das?“
Sie schlägt mit vier Fingern flach auf die Tischkante.
„Wie ich das meine? Du hast jetzt gar keinen Job mehr! Du hast jetzt nicht mal mehr einen Aushilfsjob! Wie stellst du dir dein weiteres Leben vor?“
Die Tomatenschalen haben sich abgelöst und liegen wie dünne, rote Würmer in der Soße. Das Gehackte hat er angebraten. Jetzt sind es kleine, braune Bällchen mit unebener Oberfläche zwischen Paprikastreifen, Zucchinischeiben und Tomatenstücken.
„Ich rede mit dir!“
Er zuckt zusammen.
„Ich schreibe doch Bewerbungen. Ich finde schon was. Der Arbeitsmarkt …“
Wieder schlägt sie auf die Tischkante. „Ich glaube dir nicht!“ Sie dreht sich zur Seite und schiebt ihr krankes Bein vom Tisch weg.
„Ich
Weitere Kostenlose Bücher