Morgen ist der Tag nach gestern
sein.“
Er hebt bedauernd die Schultern.
„Die haben mit ihrem Löschwasser und Löschpulver alles ruiniert. Ich hasse solche Tatorte.“
Böhm nickt ihm zu. Wenn es was zu finden gibt, wird Lembach es finden. Da ist er sicher.
„Die einzigen Räume, die vielleicht noch einigermaßen intakt sind, sind die Kellerräume. Jedenfalls hat das Feuer da nicht gewütet. Wie das mit durchgesickertem Löschwasser ist, kann ich noch nicht sagen. Aber da können wir erst rein, wenn wir hier alles haben und der Schutt weggeräumt ist. Das THW sichert dann die Kellerdecken.“
Die Sonne ist über den Reichswald gewandert und schwebt über Baumkronen in unterschiedlichsten Grünund ersten blassen Brauntönen. Im Gegenlicht wirkt dies wie die Silhouette eines sanften Gebirgszuges.
Die Mauerreste werfen jetzt kleine, vorsichtige Schatten in die verwüsteten Zimmer.
Bongartz wischt sich den Schweiß von der Stirn. „Könnt ihr die Bergung bitte mit Fotos dokumentieren. Ich glaube nämlich nicht, dass ihr den da heil rauskriegt.“
Lembach grinst.
„Machen wir. Aber wir kriegen den im Ganzen raus, wollen wir wetten?“
Böhm sieht sich ein letztes Mal um. Im hinteren Teil, zur Terrasse hin, sind Lembachs Leute damit beschäftigt Scheinwerfer aufzustellen. Sobald es dämmert, werden sie eingeschaltet. Lembach wird die ganze Nacht hier zu finden sein.
Böhm schiebt die Nickelbrille hoch. „Kurt, gibt es Hinweise zur Identität?“
„Nein, aber der Mann war dick und die Zähne sind gut zu gebrauchen. Wenn es tatsächlich Horstmann ist, kann ich dir das morgen bestätigen. Wenn nicht, haben wir natürlich ein Problem.“
Als Böhm auf den versengten Rasen tritt, steht Steeg bei den Feuerwehrmännern und macht sich Notizen.
Er geht zu ihnen hinüber. Steeg hält sich nicht gern bei den Toten auf. Er beginnt immer mit dem Umfeld und das macht er gut.
Böhm nickt ihm zu. „Hast du was?“
Achim zeigt mit dem Block in der Hand auf das Nachbarhaus. „Hab mit dem Nachbarn geredet und mit Frau Tiller. Sie wohnt drüben in der Siedlung. Sie war es, die die Feuer-wehr informiert hat. Sie hat noch im Garten gesessen. Ihr Kind hat diese Monatskoliken und sie ist mit ihm draußen auf und ab gegangen. Um zwei Uhr vier hat sie angerufen. Zu dem Zeitpunkt hat sie Qualm aus den vorderen Fenstern aufsteigen sehen. Sie sagt, dann sei alles ganz schnell gegangen. Das Haus habe schon fünf Minuten später lichterloh gebrannt.“
„Und der Nachbar? Hat der nichts bemerkt?“
„Frank Zech. Der ist erst von den Martinshörnern wach geworden. Die haben diese dicken, alten Fensterläden und die halten sie geschlossen, wegen der Hitze.“
Sie gehen zusammen zum Auto zurück.
„Ist der Tote Horstmann?“
Böhm dreht den Zündschlüssel um.
„Das kann Bongartz erst morgen sagen.“
Steeg zuckt mit den Schultern.
„Gut, dann hätten wir einen Hausbrand mit einem verbrannten Hausherren. Die Feuerwehrleute sagen, es war Brandbeschleuniger im Spiel. Vielleicht wollte er das Haus abfackeln, um die Versicherung zu kassieren und dann hat er es nicht mehr raus geschafft. Pech!“
Böhm lenkt den Wagen auf die Landstraße.
„Nein, Achim. So einfach wird das leider nicht. Der Mann ist erschossen worden.“
8
Begonnen hat alles mit dem 21. Juni 2001. Ein Mittwoch. Ein Sommertag mit bedecktem Himmel. In der Nacht hatte es geregnet und der Morgen war kühl
.
Er hebt den Kopf und sieht in die Nacht hinaus. Die Bilder dieses 21. Junis schieben sich aus der Dunkelheit. Wie ein Dia, dessen Schärfe man reguliert, werden die Konturen sichtbar. Jener Mittwoch war von dieser gereinigten Frische, die den Staub der warmen, trockenen Tage in die Erde zurückspült und einen tiefer atmen lässt.
Ich war gegen sieben Uhr aus Amsterdam zurück. Die Fahrer hatten sich nach einer kurzen Kaffeepause wieder auf ihre LKWs gesetzt und waren unterwegs zu den Großmärkten
.
Daniel beendete in diesem Sommer die Ausbildung und hatte seine Abschlussprüfung in Rechnungswesen
.
Die Kinder mussten nach dem Frühstück alle zur gleichen Zeit los. Daniel nahm Simon und Miriam mit und setzte sie am Gymnasium ab. Das hatte sich so eingebürgert. Er benutzte den Wagen meiner Frau, dafür nahm er seine Geschwister mit. Ich erinnere mich, dass er an diesem Morgen nervös war und Simon und Miriam zur Eile drängte. Marion, meine Frau, sagte: „Daniel, es ist doch noch Zeit!“ Sie strich ihm übers Haar. „Mach dich nicht verrückt. Du schaffst das!“
Ich
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