Morgen ist der Tag nach gestern
Mutter immer zu ihm, und in diesem Fall hatte sie wohl Recht. Ein paar Mal lief der Handel über Martin. Für ein paar Fotos hatte er über dreihundert Mark zahlen müssen. Für einen Film wollte er fünfhundert haben. So gut waren die Sachen nicht gewesen. Alles Amateuraufnahmen. Die Mädchen waren zwar richtige Mädchen und keine erwachsenen Frauen, die auf Schulmädchen machten, aber viel gaben die Bilder nicht her. Das hatte er auch gesagt. Die Bilder kannst du behalten, hatte er gesagt. Was da drauf zu sehen ist, kann ich in jedem Freibad haben. Dann hatte Martin ihm die Adresse in Emmerich gegeben.
Wenn das wirklich Jochen war, der andere, dann wäre alles gut. Dann könnte ihm niemand was.
Er dreht das Fernglas nach links. In seinem Blickfeld liegen die Trauerbirken. Kein Luftzug bewegt die drückende Mittagshitze, und doch … er weiß, dass es unter den dünnen, hängenden Zweigen angenehm kühl ist. Dass sie die schwüle Luft abhalten, wie ein undurchdringlicher Schirm.
Er musste auf jeden Fall heute noch nach Emmerich. Mutter wird böse werden, wenn er weg ist, aber das ist jetzt wichtig.
Alles war ein abgekartetes Spiel, von Anfang an. Dieser Martin war auch von Horstmann bezahlt worden. Damals wusste er das noch nicht, damals hatte er ja keine Ahnung gehabt!
23
Achim Steeg ruft gegen drei Uhr nachmittags an und fragt, ob er jemandem was zu essen mitbringen soll. „Ich komme gleich an einer guten Pizzeria vorbei. Ich hol mir da auf jeden Fall was. Wollt ihr auch?“
Böhm geht hinüber in Joops Büro. „Joop, Achim ist am Telefon. Willst du Pizza, oder was anderes vom Italiener?“
Joop macht die Lippen spitz und zieht die Augenbrauen hoch. Böhm lacht. Beide wissen sie, dass Achim zu sol-chen Freundlichkeiten nur neigt, wenn er irgendetwas will. Und wahrscheinlich geht es darum, dass er gegen siebzehn Uhr gehen kann. Er trainiert die E-Jugend des Fußballvereins. Der Verein ist Dreh- und Angelpunkt in seinem Privatleben.
Joop winkt Böhm näher heran und nimmt das mobile Telefon. „Achim, ich will Nasi Goreng, Bami Goreng und eine Fleischrolle Spezial.“
Was am anderen Ende erwidert wird kann Böhm mithören. Joop nimmt den Hörer vom Ohr, hält ihn mit ausgestreckten Armen vor sein Gesicht und grinst.
„Du blöder Holländer. Ich hab es nur gut gemeint. Wenn du nur holländisches Fastfood frisst, dann besorg es dir doch selber!“
Eine kleine Pause entsteht in der Joop zufrieden nickt. Dann nimmt er den Hörer wieder ans Ohr. „Okay, ich nehme eine Pizza, egal welche. Es darf nur kein Knoblauch und keine Peperoni drauf sein.“
Böhm macht ihm ein Zeichen.
„Moment, Achim!“
Böhm bestellt einen Tomaten-Mozzarella-Salat.
Er geht mit dem Telefon zurück in sein Büro und atmet durch. Joop hat Steeg gegenüber wieder den vertrauten, provozierenden Ton angeschlagen. So sehr ihn die Auseinandersetzungen der beiden manchmal nerven, gerade hat es ihn gefreut.
Böhm recherchiert die Vergangenheit des Hauses undstößt auf äußert interessante Parallelen zum aktuellen Fall. Das Horstmannhaus, soviel hat er inzwischen rausgefunden, ist ein um die Jahrhundertwende erbauter Bauernhof gewesen. 1972 war es, vermutlich durch einen Kurzschluss, schon einmal ausgebrannt. Nicht so verheerend wie jetzt, aber es war nicht mehr bewohnbar gewesen. Das Haus war damals nur weit unter Wert versichert, und der Eigentümer, ein Johannes Loose, hatte nach dem Feuer alles verkaufen müssen. Der Verdacht der Brandstiftung wurde schnell fallen gelassen. Kein Mensch steckt sein Haus an, wenn die Versicherungssumme nur zehn Prozent des Wertes deckt. Horstmann ersteigerte das Haus mit einem Hektar Land schon 1974. Erst zehn Jahre später wurde es bis auf die Grundmauern abgerissen und neu errichtet. Eigentlich fast ein Neubau, aber der Architekt hatte sich in der Außenansicht an das ursprüngliche Erscheinungsbild gehalten.
Joop recherchiert Horstmanns aktuellen Lebenswandel. Wo verkehrte er, mit welchen Leuten hatte er engeren Kontakt? Wie sahen seine Konten aus? Wie hoch war das Haus versichert?
Mehr können sie im Augenblick nicht tun.
Steeg ist gut zwanzig Minuten später da. Bevor er die Pizzas und den Salat auspackt, präsentiert er die Rechnung.
Joop funkelt Achim an.
„Kann ich vielleicht erst essen? In ein Restaurant kann ich auch essen und bezahle hinterher, oder?“
Achim stellt das Fresspaket auf den Schreibtisch und zieht den Kassenbon aus der Tüte. „Das ist hier aber kein Restaurant,
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