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Morgen ist der Tag nach gestern

Morgen ist der Tag nach gestern

Titel: Morgen ist der Tag nach gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mechtild Borrmann
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kann jetzt mal irgendeiner von euch seinen Arsch hierher bewegen!“
    „Bernd, ich bin in zehn Minuten da!“ Böhm legt auf. Er starrt auf den Tisch und spielt einen Augenblick geistesabwesend mit dem Telefon. Dann sagt er ganz ruhig:
    „Wenn Achim das wirklich behauptet hat, hat das ein Nachspiel!“
    Böhm hat den Ruf außergewöhnlich geduldig zu sein. Er kann Verdächtige mit einem freundlichen Langmut immer wieder aufs Neue vernehmen und er wird nur in den seltensten Fällen laut. Auch mit seinen Mitarbeitern zeigt er diese Ausdauer. Aber alle Kollegen hatten auch schon erlebt, was passierte, wenn jemand die Grenzen überschritt. Und genau das hatte Steeg gerade getan.
    Joop zieht sein Handy aus der Hosentasche und ruft Achim Steeg an. Am Ende der Leitung wird ihm mitgeteilt, dass der Teilnehmer zurzeit nicht erreichbar ist. „Das glaube ich jetzt nicht. Godverdomme! Der spinnt doch!“
    Böhm steht auf und geht ins Haus. Er tauscht die Shorts gegen Jeans und das ärmellose T-Shirt gegen ein Polohemd. Joop ist hinter ihm.
    „Ich komme mit.“

    26
    Er holt seinen Roller aus der Garage, klappt den Sitz hoch und holt den Helm heraus. Bei dem Wetter einen Helm! Aber er wird ihn aufsetzen. Nicht, dass er jetzt von der Polizei angehalten wird, bloß weil er ohne Helm fährt. Auf der Landstraße gibt er Gas. Der Gegenwind bläst sein T-Shirt auf und obwohl es ein heißer Wind ist, bringt die Bewegung angenehme Kühlung.
    Mutter hatte gesagt, solange du keine Arbeit hast, brauchst du auch kein Auto. Eine Woche später hatte sie seinen Corsa verkauft. Als er mit den Kursen angefangen hatte und oft erst spät nach Hause kam, stand eines Abends der Roller vor dem Haus. Du kriegst ja abends spät keinen Bus mehr, hatte sie gesagt.
    Es herrscht wenig Verkehr, er kommt gut durch. Nachdem er die Ampeln auf der Emmericher Straße passiert hat, kann er voll aufdrehen.
    Wenn der andere Tote nicht Jochen ist, wenn er Jochen antreffen würde?
    Er nimmt das Gas zurück.
    Daran hat er noch gar nicht gedacht.
    Langsam tuckert er auf die Emmericher Brücke zu.
    Horstmanns Tod hat in den Zeitungen gestanden. Wie soll er ihm das erklären? Er fährt auf die Mitte der Brücke und hält an. Er stellt den Roller an einen Pfeiler und nimmt den Helm ab. Die Brücke ist richtig belebt. An den Brüstungen rechts und links stehen Schaulustige. Der Rhein ist, im Vergleich zu seiner normalen Breite, nur noch ein Rinnsal. Die Schifffahrt ist schon vor ein paar Tagen eingestellt worden. Nichts geht mehr. Die Seiten des Flussbettes sind breite Sandflächen, wie Strände am Meer.
    Er hat nicht gut nachgedacht. Wenn Jochen noch lebt darf er ihm auf keinen Fall begegnen.
    Er schlägt mit der Faust auf die Brüstung. Eine Frau, die etwa drei Meter von ihm entfernt steht, sieht ihn strafend an. Er lächelt entschuldigend zurück.
    Dieses alte Schlammweib soll sich um ihren Scheiß kümmern.
    Er spuckt in den Fluss.
    Dann fällt es ihm ein. Er kann in einer Seitenstraße parken und erst mal nachsehen, ob Jochens Auto auf dem Gelände steht. Wenn der Wagen nicht da ist, kann er rein-gehen und mal nachfragen.
    Er startet den Roller und biegt am Ende der Brücke rechts nach Emmerich ein. Er umfährt die Innenstadt und stellt den Roller in Nähe der Promenade ab. Den Helm verstaut er unter dem Sitz.
    Von der kleinen Seitenstraße aus erreicht er die Rückseite des Hauses. Er kann erst mal, ohne den Hof zu betreten, vom Zaun aus nach den abgestellten Autos schauen.
    Die Zaunpfähle sind verrostet. Der zwei Meter hohe Maschendraht ist mit grünem Kunststoff überzogen und an einigen Stellen von den Pfählen gerissen. Einzelne Maschen scheinen ausgetreten zu sein, so, als sei hier schon so mancher eilig hinüber geklettert.
    Er kann den Wagen von Jochen nicht entdecken.
    Wenn das Auto nicht da ist, ist Jochen auch nicht da. Er kann also mal hineingehen und nachfragen. Wichtig ist ja nur, zu wissen, wann er das letzte Mal hier war.
    Er geht zur Vorderseite des Hauses. An der Fassade steht in rosa Neonbuchstaben „Sex-Shop“. Darunter verläuft ein blauer Pfeil der auf den schmalen Gang zwischen Zaun und Hauswand zeigt, auf dem man in den Hof gelangt.
    Er war nie gerne hierhergekommen. Als er das erste Mal hier war, hatte es geregnet. Alles war schmuddelig und grau gewesen. Der Regen hatte auf dem asphaltierten Hof ölig glänzende Pfützen hinterlassen und aus der provisorischen Dachrinne über dem Eingang war das Wasser aus über zwei Metern Höhe einfach

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