Morgen ist der Tag nach gestern
Küchenpapiertuch, mit dem sie sich die zerlaufene Schminke aus den Gesicht gewischt hat, in ihren Händen zerknüllt. Ihr Kiefer hat gezittert und sie hat ganz fest die Zähne zusammengebissen. Sie hat durch die Nase Luft eingesogen, und er dachte, sie würde ihn verdächtigen.
Er muss alle Paneele runter nehmen. Er muss neue kaufen und sie selber anbringen. In einem Zimmer mit so einer kaputten, zersägten Wand kann er nicht leben.
Aber dann ist Mutter böse geworden und hat dem Steeg die Meinung gesagt: Was wollen Sie von meinem Sohn? Das klingt ja so, als würden Sie ihn verdächtigen! Hat sie geschrien. Verlassen Sie sofort mein Haus. Mein Haus, hat sie gesagt. Aber das war ihm in dem Augenblick egal gewesen.
Ich rufe unseren Anwalt, hat sie gedroht. „Unseren“ hat sie gesagt.
Der Polizist ist gegangen. Er hat sein Notizbuch eingepackt und gesagt, dann laden wir Sie eben vor, Herr Zech. Der führt was im Schilde. Das hat er genau gemerkt.
Er schiebt das klamme Laken zurück und legt sich flach auf den Rücken.
Er will diese Wand nicht mehr sehen. Das regt ihn auf.
Sag mir die Wahrheit, hat Mutter geschrien, als dieser Steeg abgefahren war. Er hat die Wahrheit gesagt: „Ich habe da nichts mit zu tun, Mutter!“
Kann ich dir nach dieser Fälschungsgeschichte überhaupt noch glauben, hat sie traurig gefragt. Wenn du mir nicht die Wahrheit sagst, kann ich nichts für dich tun!
Daran war diese Schlampe von Verkäuferin Schuld. Er hebt den Kopf an und schlägt ihn mehrmals heftig auf die Matratze. Die hetzt Mutter gegen ihn auf. Die verbreitet Lügen.
Geh jetzt zu Bett, hat Mutter gesagt. Und jetzt sitzt sie immer noch unten in der Küche.
Er muss ruhig werden. Mutter wird nicht zulassen, dass sie ihm was tun.
47
Der Wecker zeigt 21.32 Uhr, als er schweißgebadet aufwacht. Er hat fünf Stunden geschlafen. Auf dem Bettrand sitzend, versucht er die letzten Bilder seines Traumes abzuschütteln. Von den drei verbrannten Bäumen hatte er geträumt. Von diesen futuristischen Kunstwerken, modelliert von dem Bildhauer Feuer.
In seinem Traum hatte er wieder zusammen mit Brigitte vor dem Haus gestanden. Sie hatten ihre Fahrräder am Straßenrand auf die Ständer gestellt. Das Haus hatte in seinem Traum keinen Schaden genommen. Nur die Bäume. Er hatte zu Brigitte gesagt: Das ist nicht richtig so. Das kann so nicht gewesen sein.
Sie waren auf das Haus zugegangen und hatten in die Fenster gesehen. Aber man konnte nicht hineinsehen. Obwohl keine Vorhänge vor den Fenstern waren, konnte man nicht durch das Glas hindurchsehen. Die Scheiben schienen von innen mit einer undurchdringlichen Folie beklebt.
Er war um das ganze Haus herumgelaufen, zum Schluss gerannt und hatte in jedes Fenster gesehen. Dann war Brigitte fort und er hatte auf der Terrasse gestanden. Er war hinüber zu den verbrannten Bäumen gegangen. In einem der Bäume war eine Tür gewesen. Er hatte sie geöffnet und war augenblicklich in einen nicht enden wollenden dunklen Schacht gestürzt. Dann war er aufgewacht.
Er schüttelt sich noch einmal.
Als er auf den Flur tritt, hört er Joop und Brigitte unten miteinander reden. Er steigt unter die Dusche, wäscht den trockenen, salzigen Schweiß von der Haut und zieht eine helle Leinenhose und ein frisches dunkelgrünes Poloshirt an.
Wenn er doch auch seine Gedanken abwaschen könnte wie seinen Körper. Wenn er sie reinigen könnte von all dem Ruß des Feuers. Und von seiner Sorge. Diese Sorge, dass immer neue Details sichtbar werden, dass das, was sie bisher haben, noch lange nicht alles ist. Diese Sorge hindert ihn, geht wie ein Weichzeichner über die Fakten und macht sie unscharf.
In der Küche sitzen Joop und Brigitte bei überbackenen Baguettes und Apfelschorle. Böhm stellt sich neben Brigitte und streicht ihr durchs Haar. Sie hält ihm ihr Baguette entgegen. „Hier, nimm erst mal das. Ich mache noch Neue.“
Er weicht ihrem Blick aus. „Ich muss noch mal ins Büro. Vielleicht haben die Kollegen inzwischen was.
Joop springt auf. „Ik og!“
Brigitte steht auf und drückt ihren Mann auf ihren Stuhl. „Wenn Steeg was Neues hat, hat er das in einer Viertelstundeauch noch. Und ihr habt gesagt, wenn er was Wichtiges hat, ruft er an.“ Böhm sieht Joop an und zuckt schicksalsergeben mit den Schultern.
Brigitte schiebt neue Baguettes in den Backofen. „Du wirst jetzt erst was essen. Vorher lasse ich euch nicht gehen.“
Böhm sieht die dunklen Ränder unter Joops Augen. „Hast du nicht
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