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Morgen ist ein neuer Tag

Morgen ist ein neuer Tag

Titel: Morgen ist ein neuer Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht grausam aus, sondern nur wie ein weißes, körniges Pulver in kleinen Säcken und spitzen, hellen Metallhülsen …
    In Vlotho sprang Fritz Bergschulte vom Wagen und drückte dem Fahrer die Hand. Der nickte bloß und hatte es eilig, seinen Weg nach Rinteln fortzusetzen.
    Mit weit ausgreifenden Schritten eilte Bergschulte dem Krankenhaus zu, doch die Schwester auf der Station für Unfälle stoppte ihn, als er über den langen, weißen, nach Äther riechenden Flur rannte.
    »Zu Frau Korngold wollen Sie? Völlig ausgeschlossen!« sagte sie und wischte sich die vom Spülen feuchten Hände ab. »Außerdem dürfen nur Verwandte zu ihr …«
    »Ich bin ihr Mann«, sagte Fritz. »Ich muß sie sehen …«
    »Ihr Mann?« Die Schwester sah sich um, als suche sie Hilfe. »Herr Korngold sitzt seit drei Stunden im Wartezimmer.«
    »Ich bin Linas erster Mann. Ich bin der tote Mann. Ich bin in Rußland gestorben, verstehen Sie, aber sie ist trotzdem meine Frau, sie heißt Bergschulte, nicht Korngold.«
    Die Schwester sah ihn groß an, so, wie man einen Irren ansieht und ihm zunickt, um ihn nicht zu reizen, und schob ihm einen Stuhl hin.
    »Bitte, nehmen Sie Platz«, sagte sie sanft. »Ich will sehen, was ich tun kann …«
    Sie eilte den Flur entlang und verschwand hinter einer Tür am Ende des Flures. Kurz darauf tauchte der Arzt in weißem Kittel auf, trat zu Fritz Bergschulte und neigte kurz den Kopf.
    »Dr. Bartz. Sie wünschen?«
    »Ich möchte meine Frau sehen«, sagte Fritz Bergschulte. »Ich will wissen, was mit ihr ist …«
    »Frau Korngold geht es verhältnismäßig gut«, meinte Dr. Bartz betont. »Wer sind Sie, mein Herr?«
    »Ein Toter!« In Bergschultes Stimme lag soviel Trauer, daß der Arzt unwillkürlich aufhorchte. »Lassen Sie sich erklären, ich bin der erste Mann dieser Frau. Ich wurde für tot erklärt, kehrte aber nun nach zwölf Jahren Schweigelager zurück und finde meine Frau wieder verheiratet. Ich will sie aber nicht hergeben, sie gehört mir … ich bin doch gar nicht tot, die zweite Ehe gilt nicht … Verstehen Sie mich?«
    Dr. Bartz blickte auf den Linoleumboden des Flures. Sein Gesicht mit den drei breiten Mensurnarben war nur scheinbar unbewegt. Furchtbar, dachte er. Dieser Mann da hat ein Schicksal zu tragen, wie ich es meinem ärgsten Feind nicht wünsche. Armer, armer Kerl …
    »Ich verstehe Sie sehr gut, Herr Bergschulte. Aber Sie müssen auch mich verstehen. Nach dem Gesetz ist diese Dame für uns Frau Korngold, und ich darf Sie deshalb nicht zu ihr lassen, wenn Sie nicht die Erlaubnis ihres Mannes haben …«
    »Die Erlaubnis von Heinrich«, knirschte Fritz. »Die sollen Sie haben, Herr Doktor …«
    Er ließ Dr. Bartz stehen und eilte den Flur entlang zu dem Wartezimmer, vor dem zwei kleine Zimmerpalmen standen. Mit energischem Griff riß er die Tür auf und trat in den kleinen nüchternen Raum. Einige Korbsessel standen um einen runden Tisch. Durch das Fenster flutete die Nachmittagssonne herein. In einem der Sessel saß ein Mann, der vor sich auf den Boden stierte, aber sofort aufblickte, als die Tür geöffnet wurde.
    Fritz Bergschulte stand seinem Kameraden Heinrich Korngold gegenüber. Der eine zaundürr, der andere wohlgenährt. Stumm standen sie sich gegenüber, tasteten sich mit den Blicken ab und warteten instinktiv darauf, daß einer sich auf den anderen stürzte. Wie zwei Ringer standen sie sich gegenüber, und jeden Augenblick mußte der Zusammenprall der beiden Körper erfolgen.
    »Du lebst wirklich?« stieß Korngold endlich mühsam hervor. »Ich habe es nicht geglaubt, als die Nachbarn das sagten, die von eurer Unterhaltung im Treppenhaus etwas aufschnappten.«
    »Darüber sprechen wir später!« Fritz Bergschulte spreizte die Finger. Er hatte den unwiderstehlichen Drang, diesen fetten Hals vor sich zu umfassen und so lange zuzudrücken, bis alles Leben gewichen war. »Ich will von dir die Erlaubnis haben, meine Frau zu sehen …«
    »Sie ist noch nicht aus der Narkose erwacht«, erwiderte Korngold. »Ich habe sie selbst noch nicht gesehen.«
    »Was ist mit ihr geschehen?«
    »Sie ist ohnmächtig die Treppe hinuntergefallen und hat sich schwere Verletzungen zugezogen. Das Wiedersehen mit dir hat sie zu sehr angegriffen. Warum bist du überhaupt gekommen?«
    »Du Schwein!« Fritz Bergschulte schien es, als ob vor seinen Augen lauter Punkte zu tanzen begännen. »Ich will mein Eigentum wiederhaben … meine Frau … meinen Sohn … mein Leben … Alles, alles hast du

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