Morgen komm ich später rein
Ländern für das Unternehmen, das 2006 einen Umsatz von 22,9 Milliarden US-Dollar machte. McKnight
sah den Zusammenhang von Freiheit und Kreativität schon 1944: »Fördern Sie experimentelles Herumbasteln«, wies er seine Manager
damals an: »Wer Zäune um Menschen baut, bekommt Schafe. Geben Sie Menschen den Raum, den sie brauchen.«
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|141| Kreative Unordnung beim Maschinenbauer Voith
Auch in Deutschland finden sich neuerdings Anhänger der Idee, Mitarbeitern Freiheit und Zeit zurückzugeben, um patriarchalische
Kontrolle gegen innovative Produkte und loyale Angestellte einzutauschen. Das Familienunternehmen Voith im schwäbischen Heidenheim
baut Papiermaschinen, Lokomotiven, Wasserkraftwerke und Schiffsschrauben – also ziemlich handfeste Güter der Old Economy.
Insofern ist das Unternehmen luftigen Zukunftsphantasien und abstrakten Management-Experimenten sehr unverdächtig. Und doch
hat der Vorstandsvorsitzende Hermut Kormann dem Unternehmen ein radikales Kreativitätsprogramm verordnet, damit Voith-Produkte
auch in Zukunft so innovativ sind, dass sie sich in die ganze Welt verkaufen. »Innovation ist, wenn unsere Kunden ein altes
Produkt für ein neues verschrotten«, sagte er dem Wirtschaftsmagazin
brand eins
.
Auf einer Führungskräftetagung im Jahr 2005 gab Kormann das Motto aus, »dass Kreativität von nun an ein Thema ist.« Und so
darf jede Abteilung seitdem im Tagesgeschäft zwei bis drei Leute zur Kreativarbeit freistellen. Mitarbeiter werden offen aufgefordert,
ihre Ideen auch gegen den Willen des Abteilungsleiters voranzutreiben. Forscher können 10 bis 15 Prozent ihrer Arbeitszeit
an neuen Projekten tüfteln. Man nennt das bei Voith »themenfreie Arbeit« oder, so Manager Günter Halmschlager, ein »gewisses
Maß an Unordnung«. Heraus kamen unspektakulär klingende, aber die Branche revolutionierende Ideen wie ein Sensor zur kontaktlosen
Papierdickenmessung oder eine neue Trockentechnik, mittels der Papiermaschinen ein Drittel weniger Energie verbrauchen. Heraus
kam aber auch die Vision, auf die Perfektionierung von Wellenkraftwerken zu setzen, die in Zukunft den Energiebedarf ganzer
Südseeinseln decken sollen. Unternehmenschef Kormann will mit seinen Befreiungsmaßnahmen und Spielzeiten die Leidenschaft
der Ingenieure wecken und hervorragendes Personal überhaupt ans Unternehmen binden. Voith kann derzeit 120 offene Ingenieursstellen
nicht besetzen. »Mit Geld allein kriegen sie heute keine Spitzenkraft mehr gelockt«, so |142| Kormann. Mit dem Versprechen von Freiheit, Flexibilität und Eigenverantwortung sowie dem Geld, aus der eigenen Idee ein fertiges
Produkt entwickeln zu können, schon.
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Freudenberg: Flexible Bürogestaltung
Vermutlich ist die Unternehmensgruppe Freudenberg nicht so bekannt, weil es ein wenig schwierig ist zusammenzufassen, was
die Firma überhaupt macht. Freudenberg hat 14 operativ selbstständige Geschäftsgruppen, die weltweit in unterschiedlichen
Märkten tätig sind. Das Unternehmen stellt viele technische Produkte her, die man im täglichen Gebrauch nutzt, bei denen die
Marke aber nicht in Erscheinung tritt. Es liefert Dichtungen, Filter, Vliesstoffe, Trennmittel und Schmierstoffe an nahezu
alle Automobilhersteller der Welt sowie an Maschinen- und Anlagenbauer, Energie- und Chemie- oder Pharmaunternehmen. Eines
der wenigen Produkte, die unter ihrem Markennamen bekannt sind: Vileda-Reinigungstücher. Freudenberg hat 2006 über fünf Milliarden
Euro umgesetzt. Es sind Firmen wie diese, Familienunternehmen ohne großen Glamour, deren Namen kaum jemand kennt, die hierzulande
die große Masse an Arbeitsplätzen schaffen und das deutsche Exportwunder ausmachen.
Ulrich Frenzel ist der Direktor des erst vor kurzem gebauten Innovationscenters von Freudenberg. Neue Produkte sind gerade
in der schnelllebigen Automobilbranche ständig gefragt. »Kreativität entsteht nicht an einem Volltischarbeitsplatz und im
Einzelbüro«, sagt Frenzel, »darum haben wir das Center so gestaltet, dass wir die Kreativität wo immer möglich unterstützen:
Das Gebäude ist transparent gestaltet, so kann ich meine Kollegen schnell ansprechen. Es gibt keine festen Arbeitsplätze,
sondern wir stellen verschiedene Arbeitsplatzsituationen zur Verfügung. Wir haben Denkerzellen, Teambereiche oder Kommunikationszonen
wie den Coffeeshop.« Es gibt nur einen Drucker pro Etage, damit die
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