Morgen komm ich später rein
Mitarbeiter sich austauschen. Kreativbereiche sorgen mit
Hintergrundmusik, Lichteffekten und moderner Medientechnik für Inspiration.
Frenzel schwört auf Desksharing: Seine Mitarbeiter suchen sich |143| morgens einen beliebigen Arbeitsplatz, auch über die Stockwerke hinweg, die Arbeitsmaterialien und Unterlagen rollen sie im
Caddy hinter sich her. »So mache ich das auch jeden Vormittag«, sagt Frenzel, »schon aus Prinzip, aber auch, um möglichst
viele Mitarbeiter und Projekte kennenzulernen.« Ein ganz wichtiges Prinzip, damit die Sache funktioniert: Alle befolgen die
gleichen Regeln, auch der Chef. Die Standardausstattung jedes Arbeitsplatzes ermöglicht diese Mobilität – ein Laptop, ein
Mobil- bzw. Internet-Telefon, ein 19-Zoll-Monitor und eben der Caddy.
Die Vorteile der offenen Raumstruktur und flexiblen Arbeitsplatzwahl sieht Frenzel vor allem im Organisatorischen: Für das
bei Freudenberg geforderte technisch-kreative Arbeiten können sich Teams schnell beliebig zusammensetzen und täglich andere
Eindrücke sammeln. Aber auch wirtschaftliche Effekte spielen eine Rolle: Der ständige Arbeitsplatzwechsel funktioniert nur,
»weil eine stringente Datenstruktur hinter den Prozessen liegt«. Sprich: Nicht jeder hat seine Arbeitsunterlagen auf seiner
lokalen Festplatte oder – noch schlimmer – auf Papier im Caddy. Sondern es gibt auf dem Firmenserver eine zentral definierte,
transparente Struktur, in die jeder hineinarbeitet. Ein Raster, das jeder kennt und einhalten muss. »Damit hat man zu allen
Informationen sehr leicht Zugriff und ein Mitarbeiter kann einen anderen jederzeit vertreten«, sagt Frenzel. Diese prinzipielle
Flexibilisierung bietet auch praktische Freiräume. Jeder Mitarbeiter hat von unterwegs Zugriff auf alle wichtigen Daten. Frenzel:
»Ich sitze gern mal in einem Café und arbeite von dort. Wenn ich im Hotel mal kein W-LAN habe, fühle ich mich schon ganz unwohl.«
Ob man allerdings regelmäßig von zu Hause aus arbeiten wolle, sei ja auch eine persönliche Frage: »Ich habe mehrere Kinder,
bei mir würde das gar keinen Sinn machen«, sagt Frenzel, »da habe ich im Büro mehr Ruhe.« Aber wenn ihn zum Beispiel jüngere
Mitarbeiter ohne Familie darum bitten, zeitweise von woanders zu arbeiten, sei das grundsätzlich möglich.
Noch ist das Innovationszentrum bei Freudenberg ein Leuchtturmprojekt, findet aber konzernintern »sehr große Beachtung« und
wird auch in andere Bereiche ausgeweitet. Im Anlagen- und |144| Werkzeugbau, einige Kilometer entfernt, wird es ebenso eingeführt wie in einem neu gebauten Werk in Italien
Zwischenfazit: »Die meisten Menschen haben ihre besten Ideen unter der Dusche oder während sie die Straße entlang gehen«,
so Nicholas Negroponte im Interview: »Wenn Arbeit leichter genommen wird, mehr mit Spaß zu tun hat, generiert das Innovation.
Wir müssen Arbeit, Spiel und Leben zu einer Einheit verschmelzen.« Diese Vision erfüllt sich für manche Menschen in der Selbstständigkeit
– die allermeisten aber werden weiter eine Festanstellung vorziehen. Vorausgesetzt, diese bietet ihnen künftig dasselbe Maß
an Spaß und Freiheit. Das wäre dann die Easy Economy. Moderne Arbeitgeber setzen sie schon heute in verschiedenen Ausprägungen
um. Die Mitarbeiter dieser Unternehmen sind die Avantgarde einer neuen Arbeitsweise, die unser Leben radikal zum Guten verändern
wird. Die Easy Economy bedeutet für Arbeitnehmer:
weniger Stress und bessere Gesundheit,
mehr Zeit für Alltagserledigungen,
mehr Zeit für Freunde und Familie,
gesteigerte Produktivität,
höhere Zufriedenheit im Job,
einen umgerechnet höheren Stundenlohn,
mehr Kreativität,
bessere Karrierechancen durch mehr Souveränität und Ideen,
die Möglichkeit zu persönlicher Entwicklung durch Reisen, Hobbys, ehrenamtliche Arbeit.
Doch die Emanzipation des Einzelnen vom System Büro hat weitergehende Konsequenzen, auch für Arbeitgeber. Um diesen Aspekt
soll es im nächsten Kapitel gehen.
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|145| Kapitel 10
Radikal anders arbeiten
»80 percent of success is showing up«
Woody Allen
»Arbeit ist etwas, das man tut,
nicht ein Ort, an den man geht«
Cali Ressler und Jody Thompson, Best Buy
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Controller, Personaler, Manager: Aufgepasst!
Auch wenn es im letzten Kapitel um die Vorteile ging, die die Easy Economy insbesondere für Angestellte bietet, ist dieser
Aspekt in guten Unternehmen von den
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