Morgen komm ich später rein
wir nicht auf, den und
die sich daraus ergebenden Möglichkeiten müssen wir berücksichtigen und für uns nutzen. Dann haben wir gemessen: Wie oft sind
denn Mitarbeiter überhaupt an ihrem Arbeitsplatz? Klar: Der Vertrieb seltener, die Programmierer mehr. Aber im Schnitt wird
jeder Platz mindestens 20 Prozent der Zeit nicht genutzt. Das gilt sogar für Infrastrukturabteilungen wie Rechnungswesen oder
Personal. Und zwar aus Gründen, die wir die fünf natürlichen Abwesenheitsgründe nennen: Der Mitarbeiter ist auf einer Schulung,
im Urlaub, krank, auf Dienstreise oder in längeren Meetings.
Also haben Sie als eines der ersten Unternehmen in Deutschland mit
Desksharing angefangen …
Schimanski: Genau. Wir haben ausgerechnet, dass wir 35 Prozent der Schreibtische entfernen konnten, wenn wir eine offene Bürolandschaft
hätten, die diese Flexibilität zulässt. Jeder bekommt sein Notebook, jeder ein schnurloses Telefon. Für vertrauliche Gespräche
haben wir Rückzugsräume, wo man auch hochkonzentriert arbeiten oder zum Beispiel eine Vertragsverhandlung und vertrauliche
Personalgespräche führen kann.
Was war das Ergebnis?
Schimanski: Ich hatte vorher ganz klassisch mein Eckbüro, davor lag das Sekretariat. Alles wurde reglementiert und nach Terminplan gemacht
und wenn ich mal wegen einer Besprechung später dran war und der Unterschriftentermin musste verschoben werden, dann war das
ein Verwaltungsakt. |157| Auf der Fläche kam zutage: Jetzt sieht mich jeder und wenn ich nicht gerade hochkonzentriert arbeite oder telefoniere, dann
kann man mit der Unterschrift vorbeikommen. Umgekehrt bekomme ich viele Sachen nebenbei mit. Vorher in meinem Eckbüro konnte
ich zwar ins Grüne schauen, aber war sehr weit weg von allem. Im Sinne der Produktivität und leichterer Kommunikation ist
die offene Bürostruktur ein unschätzbarer Wert – in beide Richtungen.
Aber Ihre Mitarbeiter müssen gar nicht immer ins Büro kommen …
Schimanski: … genau, wir haben die Arbeitszeitsouveränität eingeführt, und wir führen unsere Mitarbeiter nach Zielen. Wenn der Mitarbeiter
weiß, was er wann abliefern muss, kann er sich einteilen, wie er das termingerecht, vollständig und qualitativ hochwertig
erledigt. Dazu brauche ich keine Stechuhr, die ist bei uns 1997–98 abgeschafft worden. Jeder kann von überall arbeiten: Vom
Kunden, vom Flughafen, im Zug, von zu Hause.
Und dieses Modell gilt jetzt für ganz IBM?
Schimanski: Ich bin zuständig von der holländischen Grenze bis Wladiwostock und nördlich von Flensburg bis Pakistan – da ist es überall
umgesetzt. Weltweit führt die IBM es immer dort ein, wo neue Büros angemietet werden oder wenn sich der Umbau rechnet.
IBM ist ein Hightech-Konzern, da sind derart moderne Arbeitsweisen
leichter vorstellbar als in einem traditionellen Unternehmen.
Schimanski: Falsch. Welches Unternehmen hat denn heute nicht für jeden Mitarbeiter einen PC? Den tauschen Sie einfach aus gegen ein Notebook,
das ist ja auch nicht teurer. Dazu eine Netzwerkanbindung, zum Beispiel W-LAN. Als nächstes machen sie den Schritt nach Hause.
Die modernen DSL-Leitungen sind fast genau so schnell wie die Netzwerkübertragungsraten am Arbeitsplatz. Vertriebsmitarbeiter
werden dann noch mit UMTS-Karte fürs Notebook oder einem Blackberry ausgestattet. Für diese Schritte müssen Sie kein IT-Unternehmen
sein – die Technik ist da, der Wandel passiert um Sie herum.
Aber Manager müssen sich dann umgewöhnen?
Schimanski: Natürlich kann ich dem Mitarbeiter auch ständig über die Schulter gucken und den ganzen Tag seine Anwesenheit am Schreibtisch
überprüfen. Wenn ich ihn nicht über Zielsetzung führe, dann müsste ich |158| genau das tun: Jeden Arbeitsschritt, den er macht, genau kontrollieren. Was da noch an Effizienz, Motivation, Produktivität,
Eigenverantwortung und Kreativität übrig bleibt, dürfte klar sein.
Anwesenheitspflicht und 9-to-5-Arbeitstag sind altmodisch?
Schimanski: Solche Arbeitsmodelle kommen aus den Zeiten des Taylorismus, wo man dachte, man könne die Arbeit in viele kleine Schritte
einteilen, jeden Schritt messen und die Zeit nehmen. Das funktioniert vielleicht in der Produktion. Aber diese Arten zu arbeiten
beherrschen ja nicht den deutschen Arbeitsmarkt. Wir müssen heute versuchen, Wachstum über Innovationen zu treiben.
Ist das Konzept des Büros also passé?
Schimanski: Nein, ich gehe ja selbst oft genug ins Büro. Aber
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