Morgen komm ich später rein
Beweglichkeit zeigen und schaffen.« Mit dem 2007 eingeweihten Neubau in Mönchengladbach will das Unternehmen diesem
Leitmotiv der Mobilität für jeden sichtbar Ausdruck verleihen: Die 15 000 Quadratmeter Bürofläche mit rund 1 250 Arbeitsplätzen
kosteten 65 Millionen Euro und sollen das Firmenmotto mit Hilfe von flexiblen und mobilen Arbeitsplatzkonzepten widerspiegeln.
Das zusammen mit dem Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation entwickelte Konzept hat die frühere Arbeitsweise
revolutioniert: »Früher haben wir in Büroformen jedweder Art gearbeitet«, erinnert sich Jürgen Golde, Direktor Zentrale Verwaltung,
»in sieben verschiedenen Lokationen, ohne Etikette. Heute arbeiten wir zentral, mobil, flexibel, kommunikativ, non-territorial,
mit Prinzipien wie Open Space und Clean Desk.« Konkret heißt das: Bei Santander wird jetzt Desksharing betrieben, jeder Mitarbeiter
sucht sich morgens seinen Arbeitsplatz. Golde unterschreibt die These, |171| dass wir neuerdings arbeiten können, wann und wo wir wollen, doch versteht er darunter in erster Linie: Wo auch immer im Santander-Gebäude.
»Unsere Mitarbeiter arbeiten in verschiedenen Arbeitssituationen an unterschiedlichen Plätzen, also in Think-Tanks, Projekträumen,
Touchdown-Zonen, oder auch im Restaurant oder einer unserer Chillout-Areas.«
Für konzentrierte Arbeit auch mal Zuhausebleiben, hält Golde selbst zwar für »absolut möglich«, doch das Thema werde bei der
Bank noch vielfach kritisch gesehen. Die Gründe seien zum Teil nicht immer nachvollziehbar und »sehr altmodisch, wie zum Beispiel
die fehlende Kontrolle durch Vorgesetzte«. Vielfach sei ein Hindernis aber auch, zu Hause einen – Achtung, Gewerkschaftsdeutsch
– »arbeitsstättenrichtliniengerechten Arbeitsplatz« einzurichten, bei dem die Mitbestimmung der Arbeitnehmervertretung zu
beachten sei. Mit anderen Worten: Der Betriebsrat stellt sich gern mal quer. Mitbestimmung und Gesetzeslage machen die Sache
für Telearbeit nicht einfacher.
Zwar ermöglicht die IT bei Santander schon heute mobiles Arbeiten innerhalb des Gebäudes an verschiedenen Arbeitsplätzen und
zu unterschiedlichen Bedingungen: Es gibt drahtloses Internet per W-LAN, ein so genanntes »Follow me«-Telefonsystem, mit dem
Telefonnummer und Anrufbeantworter dem Arbeitnehmer an seinen je gewählten Arbeitsplatz »folgen« sowie prinzipiell auch die
Möglichkeit, sich per sicherer VPN-Verbindung mit dem Laptop von außen ins Firmennetz einzuwählen. Doch Telearbeit muss sich
bei Santander erst noch durchsetzen, nach Goldes Einschätzung kein technisches, sondern eher »ein kulturelles Problem«.
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Tarifverträge und gesetzliche Regelungen
Auch bei der Siemens AG wird Vertrauensarbeitszeit praktiziert, die hier ebenfalls von einer zeit- zu einer ergebnisorientierten
Kultur geführt hat. Pressesprecher Marc Langendorf: »Es ist nicht mehr nötig, Menschen für acht oder neun Stunden an den Schreibtisch
zu verbannen. Arbeiten kann man heute von überall mit Handy und |172| Laptop. Das hat sich in den letzten Jahren dramatisch gewandelt.« Stefan Liesen, im Unternehmen der Fachexperte für Arbeitszeitgestaltung,
ist stolz darauf, dass Siemens-Mitarbeiter heute eigenverantwortlich entscheiden, wann sie kommen und gehen und wie lange
sie jeweils arbeiten – »natürlich in Abstimmung mit Führungskräften und Kollegen sowie unter Berücksichtigung betrieblicher
Prozesse«. Für Liesen liegt die klassische Büroumgebung mit Zeitkontrolle und Anwesenheitspflicht schon in grauer Vergangenheit:
Wenn man »historisch zurückblickt, haben wir früher auch so gearbeitet wie andere Unternehmen: Alle mussten morgens um acht
anfangen, dann den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen und um 17 Uhr war Feierabend.«
Doch bereits seit 1993 sei das Unternehmen von vorsichtigen Anfängen in Sachen Gleitzeit immer mehr hin zum, so Liesen, »heute
flexiblen Modell hinsichtlich Volumen und Lage der Arbeitszeit weitgehend ohne maschinelle Zeiterfassung« gekommen. Mit anderen
Worten: Hier wird die Zeitsouveränität auf die Mitarbeiter übertragen. Natürlich ist das auch bei Siemens in Büroumgebungen
einfacher zu realisieren als in »fertigungsnahen Bereichen«, natürlich sind flexible Regelungen auch hier für leitende Angestellte
unkomplizierter umzusetzen als für Mitarbeiter, die dem Tarifvertrag unterliegen.
Wie in anderen Unternehmen müssen
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