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Morgen letzter Tag!

Morgen letzter Tag!

Titel: Morgen letzter Tag! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Süß
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jemanden aus Langeweile oder Grausamkeit und machen den dann auch zum Vampir. Fortpflanzung in dem Sinn aber gibt es nicht.) Immer weniger Menschen/Vampire werden immer reicher. Und immer mächtiger, je älter sie werden. Der Reichtum wächst. Und auch die technischen Möglichkeiten, seine körperlichen und kognitiven Potenzen zu vergrößern.
    Schon jetzt darf das Smartphone als die erste digitale Hirn-Prothese angesehen werden, bei der derjenige als behindert gilt, der sie nicht hat. Und die Vernetzung von menschlichem Fleisch und Technik wird immer intimer werden. Jetzt sind es noch Herzschrittmacher, Computerchips im Auge, die Blinden die Sehkraft zurückgeben sollen, oder Cochlea-Implantate für Gehörlose, die Defizite kompensieren. Doch der nächste konsequente Schritt ist freilich, über die Wiederherstellung von verlorenen Potenzen hinauszugehen und sich zu verbessern. In jeder Hinsicht. Eine direkte Verbindung von Mensch und Computer gibt es heute erst in Ansätzen, wenn zum Beispiel vom Hals abwärts Querschnittsgelähmte direkt via Elektrode mit einem Computer verbunden sind, um ihn auf diese Weise zu dirigieren. Noch brauchen wir offenbar die Bemäntelung mildtätiger Hilfe für die Schwachen, um diese intime technische Aufrüstung des Menschen gut zu finden. Aber es ist klar, dass diese Entwicklung auf den Einbau eines » Smartphones« ins Gehirn hinausläuft. Wir werden zu Cyborgs. Wir sind die Borg! Widerstand ist zwecklos. Das aber wiederum soll uns dann die übermenschlichen Fähigkeiten, die wir uns derzeit nur in Romanen, im Computerspiel und im Kino erträumen oder herbeisimulieren, tatsächlich verleihen.
    Das halten Sie für übertrieben? Das mag es auch sein, aber dennoch wird es allenthalben in der Wissenschaftsgemeinde diskutiert. Ein paar Beispiele: Der Biologe Paul Zachary Myers schreibt in einem Aufsatz: » Wir werden lernen, wie man das Gewebe des Menschen umprogrammieren kann, und schaffen damit neue Möglichkeiten für Reparatur und Regeneration. Wir beschaffen uns die Hilfsmittel, mit denen wir die Form des Menschen stärker gestalten können … eines Tages wird sie es uns erlauben, uns selbst neu zu gestalten, uns neue biologische Merkmale und Eigenschaften zuzulegen und uns vielleicht vollständig von den Begrenzungen der festgelegten Form eines aufrecht gehenden Primaten zu befreien« (zitiert in John Brockman [Hrsg.], » Welche Idee wird alles verändern?«, Frankfurt a. M. 2010).Hier wird von der Manipulation der Gene geträumt, von Verbesserung, von gesteuerter Evolution. Und nicht nur die nächste Generation soll Nutznießer des neuen Wissens werden. Durch Stammzellenforschung sollen uns neue Organe wachsen, wenn die alten verbraucht sind. Sogar eine Umprogrammierung der Gene, die die Alterung steuern, wird angedacht. Craig Venter, der gefühlte Sohn von Dr. Frankenstein, denkt gar gleich über die Erzeugung von völlig neuen Spezies nach.
    Die andere, vielleicht sogar noch aussichtsreichere Art und Weise, das eigene Leben wenn schon nicht unendlich, so doch wenigstens sehr viel länger zu machen, besteht darin, den eigenen Geist in ein anderes, haltbareres Medium zu übertragen. Es ist ein weitverbreiteter Glaube unter Neurowissenschaftlern, dass ein Gehirn nicht notwendigerweise feucht zu sein hat. Es geht nur darum, ein Medium zu finden, das eine ähnlich hohe Komplexität bietet wie unser elektrochemisches Gehirn. Freilich bietet sich hier der Computer als Ersatz an. Denn laut dem Moore’schen Gesetz verdoppelt sich die Speicherkapazität der Schaltkreise alle 18 Monate bei Halbierung der Kosten. Irgendwann wäre dann die Komplexität des menschlichen Gehirns erreicht, und man könnte wechseln. Der Neurowissenschaftler David Eagleman schreibt: » Schon lange bevor wir verstehen, wie ein Gehirn eigentlich funktioniert, werden wir… in der Lage sein, seine Struktur (die des Geistes) digital zu kopieren und den bewussten Geist auf einen Computer herunterzuladen« (ebda.). Na, das wäre doch nett. Die Welt als totale Simulation, mit allen Möglichkeiten des Computerspiels.
    Tatsächlich leben wir ja jetzt schon in einer » simulierten« Welt. In der Simulation unseres eigenen Geistes. Wir nehmen die Welt nicht direkt wahr, sondern nur die Konstruktion der Umwelt, die unser Gehirn liefert. Es gibt zum Beispiel keine Farben oder Töne, außer wir sehen beziehungsweise hören sie. Das Sehen und Hören von Farben und Tönen ist unsere Interpretation der Daten, die uns unsere

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