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Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Titel: Morgen wirst Du frei sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Martini
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Ruhe.«
    »Darf ich duschen?«
    »Ich kümmere mich darum.«
    »Danke.«
     
    Ich lag wach. Von draußen fiel Mondlicht durch das Fenster, das zu hoch war, um hinaussehen zu können. Stellte ich mich auf die Zehenspitzen, erkannte ich Dächer und den Stacheldraht auf der Mauer. An der Wand war ein Brett befestigt, auf das ich meine Bücher gelegt hatte. Eine Toilettenschüssel aus Edelstahl, ein Waschbecken, die Pritsche, auf der ich lag, an deren Ende ein in den Boden geschraubter Metalltisch. Zum Essen oder Schreiben saß man auf der Bettkante.
    Die Stahltüre hatte eine Klappe, durch die in unregelmäßigen Abständen ein Gesicht zu mir hereinschaute. Rührte ich mich nicht, wurde das Licht angeschaltet. Man wollte sich wohl vergewissern, dass ich noch lebte.
    Ich versuchte, mir vorzustellen, was an diesem Tag passiert war und in den nächsten Tagen passieren würde. Hatten sie meine Mutter bereits gefunden? Lag Thea wie ich schlaflos auf einer Pritsche? Wo befand sich eigentlich das Gefängnis für Frauen? Riss ein riesiges Polizeiaufgebot die Einwohner Kleinspornachs aus ihrer Lethargie? Versprühten Spurensicherer Lösungen, leuchteten mit Lampen in Ecken und tupften Pulver auf Flächen, wie ich es aus Fernsehserien kannte? Gaben wildfremde Menschen vor Kameras über mich und mein Leben Auskunft?
     
    Ein lautes Geräusch ließ mich aus dem Schlaf hochfahren. Die Tür stand offen, ein Wagen mit Frühstückstabletts versperrte den Durchgang. Ein Gefangener hielt mir eines davon hin. Ich stand auf und nahm es ihm ab. Er wandte sich wortlos ab, schob seinen Wagen weiter.
    In der Türöffnung erschien ein Vollzugsbeamter. »Morgen. In einer viertel Stunde hole ich Sie ab zum Duschen. Nehmen Sie Duschgel, Zahnbürste, Handtuch und Kleidung mit. Keine Tasche.«
    Die Tür fiel ins Schloss und wurde verriegelt.
    Ich starrte auf ein Kännchen mit Kaffee, einen Teller mit zwei Scheiben Brot, einem Stück Butter, je einer Portion Marmelade und Honig, einige Räder grauer Wurst sowie vier Stück Würfelzucker. Ich nahm die Tasse aus unzerbrechlichem Material und goss den lauwarmen Kaffee ein. Milch gab es nicht, ein Messer fehlte ebenfalls. Eine Art Plastiklöffel war offenbar als Universalwerkzeug gedacht; ich benutzte ihn, um die Butter auf dem bröckelnden Brot zu verteilen. Nachdenklich kaute ich.
    Tag zwei. Wie viele werde ich in dieser Zelle zubringen? Werden sie sich zu Wochen summieren? Oder zu Monaten? Jahren?
    Ich unterbrach meine Gedanken, griff nach meiner Tasche, suchte Unterwäsche, Socken und ein Shirt heraus. Eine zweite Hose hatte ich vergessen. Ich würde darum bitten müssen. Ob Zecke mich besuchen durfte? Ob er es überhaupt wollte?
     

37. Kapitel
     
    454 Tage nach ihrem Tod wurde meine Mutter gefunden und Thea wegen Erpressung, Betruges und Identitätserschleichung verhaftet. Das Haus, in dem ich aufgewachsen, in dem ich als Kind glücklich gewesen war, wurde von Tatortermittlern auf Spuren untersucht.
     
    Ich war erneut in die Ettstraße gebracht worden. Dort wurde ich abwechselnd befragt und musste erzählen, was sich an diesem Sonntagabend im September zugetragen hatte. Erst chronologisch, dann in umgekehrter Reihenfolge und noch einmal in einzelne sachliche Zusammenhänge gestellt.
    Wie war das mit dem Auto? Wann hatte ich die Idee mit dem Leihwagen? Woher hatte ich die Adresse? Wann war ich im Baumarkt? Wann spülte ich das Messer? Wie spät war es, als ich aus meiner Bewusstlosigkeit erwachte? War es dunkel, als ich auf dem Dachboden nach Vaters Jagdwaffen suchte?
    Ich wurde mit Details und vermeintlichen Widersprüchen konfrontiert. Die Polizisten bedrängten mich, brüllten mich an, versuchten mich in die Enge zu treiben, bei Lügen zu ertappen.
    Meine Anwälte schrien zurück, stritten mit Kriminalbeamten und dem anwesenden Staatsanwalt, wischten Indizien und daraus gezogene Schlüsse mit großspurigen Armbewegungen beiseite, lachten höhnisch über Interpretationen von Fakten.
    Ich war erschöpft, todmüde. Ich wollte in meine Zelle, doch ich durfte nicht. Irgendwann beschloss man, den Mutmaßungen ein Ende zu bereiten und einen Ortstermin zu organisieren.
    Ein Polizist wurde geschickt, um einen großen Leinensack zu besorgen. Er sollte, wenn ich das richtig verstanden hatte, mit Sand gefüllt und nach Kleinspornach gebracht werden. Wozu?
     
    Während ich im Polizeipräsidium vernommen wurde, wurde nicht weit entfernt im rechtsmedizinischen Institut in der Nussbaumstraße meine Mutter

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