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Morgen wirst du sterben

Morgen wirst du sterben

Titel: Morgen wirst du sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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Stimme klang nicht nett. Viel zu schneidend.
    »Ob Moritz es wirklich geschafft hat, wissen wir erst, wenn er die Zusage bekommt«, sagte ihr Vater ruhig, als ob er ihren spöttischen Ton nicht gehört hätte. »Aber es vergrößert seine Chancen natürlich enorm. Ich freu mich sehr.«
    »Ich freu mich auch, Moritz«, sagte Frau Rothe. »Hoffentlich schaust du jetzt wieder ein bisschen zuversichtlicher in die Zukunft. Es war ja schlimm, wie niedergeschlagen du in letzter Zeit warst.«
    Moritz nahm das Schreiben der medizinischen Hochschule wieder vom Tisch und starrte darauf, als sähe er es zum ersten Mal.
    »Alles in Ordnung, Moritz?«, fragte sein Vater. »Irgendwas stimmt doch nicht mit dir.«
    Jetzt zerknüllte Moritz das Blatt langsam zu einer Papierkugel.
    »Ich mach das nicht«, sagte er langsam.
    »Du machst was nicht?« Seine Mutter fiel fast vom Stuhl.
    »Ich will nicht mehr Medizin studieren. Das ist nicht der richtige Beruf für mich.«
    »Wie kommst du denn auf so was?«, fragte Herr Rothe entgeistert. »Du bist dir doch seit Jahren sicher, dass du Arzt werden willst.«
    »Jetzt bin ich mir eben sicher, dass es verkehrt ist.«
    »Aber woher willst du das wissen? Du hast doch noch nicht einmal damit angefangen. Ich hatte ja während des Studiums auch oft Zweifel, aber wenn man es einmal geschafft hat, ist es einfach ein toller Beruf …«
    »Gib dir keine Mühe, Papa«, sagte Moritz. »Es hat keinen Sinn. Du kannst mich nicht überreden.«
    »Ich will dich nicht überreden!«, rief Herr Rothe empört. »Was unterstellst du mir denn da? Hab ich dich jemals dazu gedrängt, Medizin zu studieren? Es war von Anfang an deine eigene Entscheidung. Ich habe mich darüber gefreut, das gebe ich offen zu, und ich würde gerne verstehen, warum du deine Meinung plötzlich geändert hast.«
    »Mir ist eben klar geworden, dass ich das nicht packe.«
    »Dass du was nicht packst? Das Studium? Oder die Arbeit als Arzt?«
    »Alles.«
    Herrn Rothe fehlten die Worte. »Vielleicht hast du einfach zu viel um die Ohren gehabt, in letzter Zeit«, meinte er dann. »Die Schule, der viele Sport, deine sonstigen Aktivitäten – warum nimmst du dir nicht einfach mal eine Auszeit und machst eine schöne Reise? Fahr mit ein paar Freunden ans Meer oder in die Sonne.«
    Moritz zuckte mit den Schultern. »Mir ist jetzt nicht nach Urlaub. Ich werd erst mal ein bisschen jobben. Und nachdenken.«
    »Jobben?«, fragte Frau Rothe befremdet. »Was willst du denn machen?«
    »Kellnern. Ein Freund von mir hat mir den Job vermittelt. Eine Pizzeria in der Altstadt. Morgen fang ich an.«
    »Wenn das dein Wunsch ist …«, sagte sein Vater diplomatisch. »Das Medizinstudium läuft dir ja nicht weg. Ich meine, falls du dich irgendwann doch noch dazu entscheiden solltest«, fügte er dann hastig hinzu.
    Moritz nickte geistesabwesend. Dann knüllte er das Schreiben noch fester zusammen und warf die Papierkugel in Richtung Abfalleimer, der neben der Tür stand. Sie prallte am Rand ab und landete direkt daneben.
    Ob Felix eine Ahnung hatte, was mit Moritz los war? Warum er sich so verändert hatte? Wenn Sophia seine Telefonnummer gehabt hätte, hätte sie ihn angerufen und gefragt. Ich mach mir Sorgen um meinen Bruder, hätte sie gesagt. Du kennst ihn doch so gut, kannst du ihm nicht helfen? Das war schamlos, weil Moritz sie in Wirklichkeit ja gar nicht interessierte.
    Felix interessierte sie. Seit er vor zwei Wochen plötzlich vor der Tür gestanden hatte, dachte sie Tag und Nacht an ihn. Wenn es klingelte, begann ihr Herz zu rasen. Aber es war immer nur der Postbote oder ein Vertreter oder eine Freundin ihrer Mutter. Felix hatte sich nicht mehr bei ihr gemeldet.
    Vielleicht hatte ihn das Gespräch gelangweilt oder das Chaos in ihrem Zimmer hatte ihn abgestoßen. Vielleicht hatte er sich mit Moritz gestritten und ließ sich deshalb nicht mehr blicken. Vielleicht war er weggezogen.
    Jungs mögen es nicht, wenn ein Mädchen zu sehr rangeht, hatte Emily Sophia einmal erklärt. Auch wenn sie alle immer das Gegenteil behaupten. In Wirklichkeit ist es heute immer noch genau wie damals in den Neandertaler-Höhlen: Die Frau muss abwarten, bis der Mann den ersten Schritt tut. Sonst kriegt der Mann Angst und läuft weg. Aber was, wenn der Mann gar nicht daran dachte, den ersten Schritt zu machen, sondern sich einfach abwandte? Dann vergiss ihn, hörte Sophia Emily sagen. Gibt auch noch andere schöne Männer auf dieser Welt.
    Sophia ließ sich auf ihr Bett

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