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Morgen wirst du sterben

Morgen wirst du sterben

Titel: Morgen wirst du sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Mayer
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der Alte. Dieser verdammte Scheißkerl!
    Julie bekam keine Luft. Ihre Nase lief, ihr Hals war geschwollen, ihre Augen tränten. Eine Sommergrippe. Obwohl von Sommer keine Rede sein konnte, in Hamburg regnete es seit Tagen in Strömen.
    Sie war am Morgen nicht zur Arbeit gegangen, obwohl Renate sie zurzeit brauchte wie ein Junkie seinen Stoff. »Aber das ist egal«, fand Christian. »Du musst jetzt an dich selbst denken. Erhol dich mal ordentlich. Das ist jetzt das Allerwichtigste.«
    Er und Julie hatten sich endlich ausgesprochen. Nach ihrer Rückkehr aus Düsseldorf hatte er sie zum Essen eingeladen. Und sich entschuldigt, dass er nicht zu ihr gekommen war. »Und für alles andere auch.«
    »Für alles andere?«
    »Na, dass ich in letzter Zeit so wenig für dich da war. Ich gelobe Besserung.«
    Sie lachte. »Schön wär’s!«
    »Wirklich!« Er wurde plötzlich ernst. »Ich liebe dich, Julie.«
    Da wurde ihr ganz schwindlig. Ich liebe dich. Sie konnte sich nicht erinnern, dass das jemals irgendjemand zu ihr gesagt hatte.
    »Ich liebe dich auch«, sagte sie mit belegter Stimme und sah ihn ganz verschwommen, weil sie auf einmal Tränen in den Augen hatte.
    »Alles okay mit dir?«, fragte er betroffen.
    Sie schüttelte den Kopf und blinzelte die Tränen weg. Dann erzählte sie ihm alles. Von ihrem verschwundenen Vater, seinen Affären, ihren Geschwistern. Von V. Und von ihrer Angst.
    Christian war bestürzt. »Das klingt ja alles schlimm.«
    »Ist es ja auch.«
    »Und die Polizei hat keine Ahnung, wer dahinterstecken könnte?«
    »Nichts.«
    »Bis zum 2. Juli ist es nicht mehr lange hin …«
    »Eine knappe Woche«, sagte Julie. »Samstag ist der 2. Juli.«
    »Und dann?«
    »Keine Ahnung.«
    »Haben die euch keinen Polizeischutz angeboten?«
    Julie zog eine Grimasse. »Dafür haben die gar nicht genug Leute.«
    »Na, dann muss ich dich wohl beschützen. Ich lass dich einfach nicht mehr aus den Augen«, versicherte er ihr und küsste sie.
    Aber schon am Dienstag brach er sein Versprechen, weil er zu einer Fortbildung nach Oldenburg musste. »Warum fährst du nicht zu deiner Mutter, solange ich weg bin?«, schlug er ihr vor.
    Julie schnaubte verächtlich. »Meine Mutter ist viel schlimmer als V. Nee, mach dir keine Sorgen, ich komm schon zurecht.«
    Kaum war Christian abgefahren, da begann ihr Hals zu schmerzen und ihr Kopf zu dröhnen. Sie nahm ein Aspirin, kochte Tee und legte sich ins Bett. Und stand viermal wieder auf und kontrollierte, ob die Haustür auch wirklich abgeschlossen war. Und ob alle Fenster zu waren. Am Ende war sie nass geschwitzt und fragte sich, ob es an ihrem Fieber lag oder an der Angst. Sie starrte an die Decke, lauschte auf Schritte im Treppenhaus, warf sich hin und her, schwitzte noch mehr. Irgendwann schlief sie ein.
    Und wachte wieder auf, weil ihr Handy piepste.
    Schlaftrunken rief sie die neue SMS ab, starrte auf das Display und war sofort hellwach. Sie versuchte zuerst Christian zu erreichen, dann Moritz und Sophia. Vergeblich. Sie wählte Philipps Nummer und hinterließ eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Dann rief sie Kommissar Becker an.
    »Ich habe gerade eine neue SMS von V bekommen«, sagte sie.
    »Was schreibt er denn?«
    »Noch drei Tage. V«
    Becker schwieg.
    »Haben Sie mich gehört?«
    »Wir werden das überprüfen.«
    »Wie denn?« Sie ließ sich wieder auf ihr Kissen fallen. »Sie konnten die anderen Nachrichten doch auch nicht zurückverfolgen.«
    »Wer sagt das?«
    »Sie.«
    »Wir sind jetzt aber einen Schritt weiter. Ihr Bruder Philipp hat heute Morgen die gleiche SMS bekommen. Und bei Frau Rothe hat sich der Entführer ebenfalls gemeldet. Er fordert eine Million.«
    »Was, wirklich? Das ist ja irre viel! Haben die denn überhaupt so viel Kohle?«
    »Es wird schwierig, aber Frau Rothe ist entschlossen zu zahlen. Sie wird allerdings weiter mit uns kooperieren. Wir hoffen, den Entführer bei der Geldübergabe zu stellen.«
    »Wann soll die denn stattfinden?« Sie kannte die Antwort, bevor der Kommissar sie aussprach.
    »Samstag, den 2. Juli. Der genaue Zeitpunkt und der Übergabeort werden noch bekannt gegeben.«
    »Und sonst?«
    »Auch in diesem Fall konnten wir den Anrufer nicht ermitteln, es war ein Prepaid-Handy. Aber beide Nachrichten kommen aus demselben Sendebereich.«
    »Ach. Und woher?«
    »Hamburg.«
    »Hamburg?« Nun saß sie aufrecht im Bett.
    »Stadtteil Ottensen.«
    »Ottensen? Da wohne ich«, flüsterte sie.
    »Das ist uns bewusst.«
    »Wo genau in

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