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Morgengrauen

Morgengrauen

Titel: Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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hatte.
    Da die Eintrittskarten nicht entwertet wurden, machte sich nun Hubertus auf den Weg in das Zelt. Von seinem Freund instruiert, fand er sich schnell zurecht und als quasi Behinderter sogar noch einen Sitzplatz – nur etwa zwei Bankreihen und einige Meter von seiner Frau entfernt. Er versuchte, im Halbdunkel irgendwelche Kratzspuren an dem Mann zu erkennen – vergeblich.
    Nun schob Pehar seine Hand in die von Elke. Nur unter Aufbietung all seiner Kräfte und aufgrund der Tatsache, dass Elke dessen Hand sanft zurückschob, gelang es Hubertus, das Konzert nicht schreiend zu unterbrechen. Doch er musste hier raus – sonst würde er diesen Waldschrat umbringen.
    Vor dem Zelt überließ er Klaus erneut seine Karte, was der Kontrolleur mit pikierter Miene zur Kenntnis nahm.
    »Wir müssen endlich rauskriegen, ob dieser Idiot irgendwo Kratzspuren hat«, sagte Hubertus.
    Nach vier Zugaben war das Konzert vorbei; bei jeder war Hubertus unruhiger geworden. Pehar und Elke gingen nun an einen Weinstand – Hubertus, Kerstin und der mittlerweile wieder zu ihnen gestoßene Klaus in einiger Entfernung hinterher.
    In diesem Moment verließ Elke ihre Begleitung und ging in Richtung Damentoilette, vor der eine lange Schlange entstanden war.
    Kerstin reagierte geistesgegenwärtig und begab sich ebenfalls vor die Toilettenhäuschen. »Und?«, fragte sie vorsichtig, als sie hinter Elke stand.
    »Keine Gefahr, signalisiert mir mein Körper.«
    »Was heißt das?«
    »Ach, Kerstin, das ist ein interessanter Mann«, meinte Elke. »Was der schon alles erlebt hat … Und er ist sehr einfühlsam.«
    Kerstin schaute verdutzt: »Scheint er dir verdächtig?«
    »Überhaupt nicht«, versicherte Elke. »Er hat den Kurier auf der Durchreise zu einem Meditationsseminar gekauft und sagt, es sei definitiv Schicksal, dass er auf meine Anzeige aufmerksam geworden ist.«
    »Warum heißt er eigentlich Pehar?«, wollte Kerstin nun wissen.
    »Bis vor ein paar Jahren hieß er Peter. Aber dann hat er sich meditationsmäßig weiterentwickelt, ist Sannyassin geworden und hat einen Namen angenommen, der auch in spiritueller Hinsicht zu ihm passt.«
    In der Schlange ging es kaum vorwärts. »Gehört er etwa zu einer Sekte?«, fragte Kerstin nun.
    »So kann man das nicht nennen«, meinte Elke. »Ich würde sagen: zu einer religiösen Sondergruppe.«
    Dennoch blieb Kerstin misstrauisch: »Hast du keine Kratzspuren an ihm gesehen?«
    Sie schüttelte den Kopf: »Nein, zumindest im Gesicht und an den Armen nicht.«
    Kerstin machte sich leichte Sorgen: »Elke, du lässt dich doch da in nichts hineinziehen? Bedenke, das könnte der Mann sein, der Verena und Claudia auf dem Gewissen hat.«
    Doch ihre Freundin beruhigte sie: »Nein, nein. Ich finde es nur ungeheuer spannend, mal den eigenen Horizont zu erweitern.«
    Als Kerstin wenig später den Freunden Bericht erstattete, trug sie damit nicht gerade zur Beruhigung der Lage bei.
    »Was – ein Sektenfanatiker?«, fragte Hubertus entsetzt. »Klar, der sieht ja fast aus wie Bhagwan persönlich.« In seiner Studentenzeit war er ab und zu in einer den Bhagwan-Leuten zugeschriebenen Disco im Herzen Freiburgs gewesen. »Bhagwan liebt dich«, hatten orangefarben gekleidete Menschen dort um Mitternacht zu ihm gesagt. Sonst war allerdings nichts passiert. Doch nun steigerte sich Hubertus in seinen Verdacht hinein: »Das könnte passen, Klaus. Eine gefährliche Sekte, die Verena und Claudia auf dem Gewissen hat. Die sind doch gegenüber Aussteigern manchmal so brutal. Wir müssen unbedingt verhindern, dass Elke das nächste Opfer wird!«
    »Hubertus – bleib ganz ruhig«, beschwichtigte Kerstin. »Elke hat die Lage voll im Griff.«
    Sie befanden sich jetzt ungefähr dreißig Meter von dem Pärchen entfernt. Pehar schien weiter vorsichtige Annäherungsversuche zu machen, die jedoch nichts fruchteten. Noch nicht …
    »Ich werde jetzt auf ihn zugehen, ihn an seinem Bart ziehen, ihm eine Krücke über den Kopf hauen und das Hemd vom Leib reißen«, gab sich Hubertus martialisch, während er das zweite Viertele Wein trank und mit bösem Blick seine Gattin und deren Begleiter musterte. »Dann werden wir ja sehen, ob er Kratzspuren am Oberkörper hat.«
    Klaus hielt das für keine besonders gute Idee. Kerstin schon gar nicht.
    Es kam auch nicht dazu, denn Hubertus erhielt Hilfe, und zwar von ganz oben. Zu den Dingen, auf die man sich in Freiburg verlassen konnte, gehörte das unbeständige Wetter während des

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