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Morgenlied - Roman

Morgenlied - Roman

Titel: Morgenlied - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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blieb stehen. Sie sagte nichts, sondern hielt ihn nur an den Händen und schaute ihn an.
    »Dann blickte ich hin. Fox hatte sein Hemd ausgezogen und drückte es auf die Wunde. Eine Schusswunde in der Brust. Mein Vater kann die Kugel nicht einfach so abstoßen.«

    Sie nahm ihn in den Arm.
    »Ich hätte die Kugel abfangen müssen. Ich wäre schon nicht dran gestorben.«
    »Cal hätte einen weiteren Schuss wahrscheinlich auch verkraftet, aber darum geht es gar nicht. Ihr habt alle versucht, den Dämon aufzuhalten, das tun Menschen eben. Sie versuchen, ihn aufzuhalten.«
    »Wir haben das nicht gesehen, Cybil.«
    »Nein.«
    »Ich habe den Lauf der Dinge verändert, weil ich mich außer der Reihe mit Cal und Fox getroffen habe. Deshalb war Cal nicht alleine in seinem Büro, als Cy hereinkam und um sich schoss.«
    »Gage, hör mir zu.« Sie blickte ihm direkt in die Augen. »Du fragst dich jetzt, ob du die Schuld daran trägst, dass es so ausgegangen ist. Aber du weißt ganz genau, wer die Schuld daran hat. Nach einundzwanzig Jahren weißt du das!«
    »Cal lebt. Ich weiß, das bedeutet mir mehr...«
    »Hier geht es nicht um mehr oder weniger.«
    »Ich habe heute zum ersten Mal erlebt, dass der alte Mann für mich eingetreten ist. Das einzige Mal, wahrscheinlich auch das letzte Mal.«
    Cybil blickte ihn traurig an. »Wenn du möchtest, können wir jetzt auf deinen Vater schauen.«
    »Nein.« Er legte die Wange auf ihren Scheitel. »Wir warten.«
     
    Er hatte das Gefühl, er hätte stundenlang gewartet. Aber in Wirklichkeit waren sie gerade erst wieder ins
Wartezimmer gekommen, als ein Arzt im OP-Kittel hereinkam. Gage wusste es sofort. Sein Magen krampfte sich zusammen, und es blieb nur noch betäubte Leere zurück.
    »Mr Turner.«
    Gage stand auf und hielt mit einer Handbewegung seine Freunde zurück. Dann ging er mit dem Arzt hinaus, damit er ihm sagen konnte, dass sein Vater tot war.
     
    Sie würden den alten Mann neben seiner Frau und seiner Tochter beerdigen. Zumindest das konnte Gage noch für ihn tun. Es sollte eine kurze, schlichte Veranstaltung werden. Cal kümmerte sich um die Zeremonie, und Gage ließ ihm freie Hand, immerhin hatte Cal Bill Turner besser gekannt als er. Vor allem den Bill Turner, der auf dem OP-Tisch gestorben war.
    Er holte den einzigen guten Anzug seines Vaters aus dem Schrank und brachte ihn zum Beerdigungsinstitut. Er bestellte den Grabstein und bezahlte alles im Voraus in bar.
    Irgendwann müsste er die Wohnung ausräumen, dachte er. Wahrscheinlich konnte er das meiste an die Heilsarmee verschenken. Wenn es ihn an der Sieben selbst erwischte, dann konnte er diese Aufgabe ebenfalls Cal überlassen.
    Die Polizei logen sie an, was Gage keine schlaflosen Nächte bereitete. Mit Hilfe von Bill Hawkins ließen sie die Beweise verschwinden. Cy erinnerte sich sowieso an nichts, und Gage fand, der alte Mann sollte wenigstens nicht umsonst gestorben sein.

    Als Gage aus dem Beerdigungsinstitut trat, sagte er sich, er habe getan, was er konnte. Neben seinem Auto stand Frannie Hawkins.
    »Cybil sagte, dass du hier bist, und ich wollte nicht so aufdringlich sein und hineinkommen.«
    »Du bist nie aufdringlich.«
    Sie umarmte ihn fest. »Es tut mir leid. Ich weiß, wie dein Verhältnis zu Bill war, aber es tut mir leid.«
    »Mir auch. Ich bin mir nur nicht sicher, warum.«
    »Wie auch immer die Dinge zwischen euch in der Vergangenheit gestanden haben, am Ende hat er alles getan, um dich - und Cal und Fox - zu beschützen. Und am Ende hast auch du genau das Richtige für Hollow und Bill getan.«
    Frannie schaute ihn voller Mitgefühl an. »Du rettest einen guten, unschuldigen Mann vor einer Mordanklage und dem Gefängnis. Es war nicht Cy, der auf Cal oder Bill geschossen hat - das wissen wir doch alle. Cy sollte nicht den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen müssen, wo er sich nicht um seine Frau, seine Kinder und Enkelkinder kümmern kann.«
    »Nein. Darüber haben wir schon gesprochen. Der alte Mann kann ja leider nichts mehr dazu sagen, deshalb...«
    »Du sollst wissen, dass Bill Cy als Freund angesehen hat, und das beruhte auf Gegenseitigkeit. Als Bill aufgehört hat zu trinken, war Cy einer der wenigen, der sich mit ihm auf einen Kaffee oder eine Cola zusammengesetzt hat. Es ist genau das, was Bill von dir erwarten würde. Für die anderen ist Bill derjenige, der mit der
Pistole hereinkam, und als Cy und ihr versucht habt, sie ihm abzunehmen, hat sich ein Schuss gelöst. Bill würde nicht

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