Morgenlied - Roman
Wald sprang und ihn mit in die Dunkelheit nahm.
Dann vermischte sich alles und veränderte sich. Der Blutstein glühte in seiner Hand, und um ihn herum waren Stimmen, die er nicht verstand. Er war allein, als Flammen aus seiner Hand in die heiße Sommernacht emporloderten. Allein, als der Dämon grinsend aus den Schatten trat.
Er wusste nicht, wer den Kontakt abgebrochen hatte, aber er empfand höllische Schmerzen, als die Visionen aufhörten. Er hörte, wie Cybil mehrmals seinen Namen sagte.
»Pass auf. Achte auf die Punkte, die ich drücke. Das musst du auch für mich machen, wenn ich fertig bin. Hörst du mich?«
»Ja, ja, ja.« Er hörte sie, aber er hatte das Gefühl, sein Kopf würde platzen. Als ob sie mit ihren Fingerspitzen Löcher in seinen Nacken bohren würde.
Langsam ließ der Schmerz nach, als sie schließlich auf die Haut zwischen Daumen und Zeigefinger drückte, spürte er nur noch ein dumpfes Pochen.
Er öffnete die Augen. Sie sah ihn besorgt an. Ihr Gesicht war kreidebleich, und sie holte tief Luft. »Okay, okay.«
Er entzog ihr seine Hand und legte sie ihr auf den Nacken. »Ist es so richtig?«
»Ein bisschen nach... Ja. Ja. Fest, du tust mir nicht weh.«
Schlimmeres als die Visionen konnte er sicher nicht
anrichten, also drückte er fest auf die Punkte, die sie ihm zeigte, damit er auch ihr die Schmerzen nahm.
Sie hatte ihn zuerst versorgt, dachte Gage. Er war sich nicht ganz sicher, ob ihn das dankbar oder eher verlegen machte. Er sah ihr an, wie sich die Schmerzen langsam auflösten, bis sie erleichtert die Augen schloss.
»In Ordnung, jetzt ist es besser. Das genügt schon, ich muss nur...« Sie legte sich auf den Rasen und ließ ihr Gesicht von der Sonne bescheinen.
»Gute Idee.« Er tat es ihr nach.
»Wir haben es nicht kontrolliert«, sagte sie nach einem Moment. »Es hat uns wie Hunde an der Leine hinter sich hergezogen. Ich konnte es weder aufhalten noch verlangsamen. Und ich konnte auch die Angst nicht abblocken.«
»Also bist du ein kompletter Versager.«
Sie lachte leise, und obwohl er die Augen geschlossen hatte, wusste er, wie ihr Mund aussah. »Dann sind wir ja schon zwei, du harter Bursche. Aber das können wir besser. Wir müssen einfach. Was hast du gesehen?«
»Du zuerst.«
»Wir alle waren tot oder lagen im Sterben. Fox blutend am Straßenrand, in der Dunkelheit und im Regen. Scheinwerfer, ich glaube, die Scheinwerfer seines Trucks.« Sie schilderte ihm alle Szenen, und ihre Stimme bebte dabei.
»Bei mir war das Gleiche. Doch dann veränderte sich das Bild.«
»Es ging alles so schnell, die Bilder kamen immer schneller und wurden immer verschwommener. Ganz
gewöhnliche Dinge wurden zu Alpträumen, es ging so schnell, dass man sie nicht mehr auseinanderhalten konnte. Alles war vollkommen durcheinander. Aber am Ende hattest du den Stein.«
»Ja, alle sind tot, und ich habe den Stein. Und der Bastard hat mich getötet, während der Stein in meiner Hand brannte.«
»War das wirklich so oder ist das nur eine Interpretation? Ich weiß nur, dass du den Stein mit all seiner Macht in der Hand gehalten hast.« Sie wandte sich zu ihm. »Und ich weiß, dass wir nur Möglichkeiten gesehen haben. Wenn man vorausschaut, kann man sich wappnen. Wir erzählen den anderen davon, und dann schnallen wir uns die Waffen an.«
»Ich sehe dich gerade vor mir, wie du diese kleine Pistole mit dem Perlmuttgriff am Oberschenkel trägst. Das muss sich gut anfühlen.«
»Hmm. Was hatte ich überhaupt an?«
Er grinste sie an. »Wir sollten uns beide gut fühlen.« Er rollte sich auf sie.
»Stopp, Cowboy. Abmachung ist Abmachung.«
»Ich hatte nicht vor, dich zu verführen.«
Sie lächelte ihn an. »Das hatte ich auch nicht so verstanden.«
»Du bist eine harte Nuss, Cybil.« Er ergriff ihre Hände und zog ihr die Arme über den Kopf. Positive Energie - darin war sie gut. Und Himmel, er konnte jetzt ein bisschen davon brauchen.
Sie wehrte sich nicht, sondern schaute ihn nur lächelnd an.
»Ich habe gedacht, wir zwei haben eine kleine Belohnung verdient«, sagte er.
»Und das bedeutet, dass wir uns nackt in Cals Garten wälzen?«
»Du kannsr ja Gedanken lesen.«
»Aber es wird nicht passieren.«
»Okay. Sag mir Bescheid.«
Sein Mund senkte sich auf ihren, und ihre Leidenschaft entzündete sich wie ein Fieber. Ihr Körper wand sich unter ihm, und er hatte das Gefühl, von Energie überflutet zu werden.
Keine Verführung, dachte sie, keine Überredung, und doch reagierte ihr
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