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Morgenlied - Roman

Morgenlied - Roman

Titel: Morgenlied - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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wohnten, solange Gage denken konnte, stand jedoch ihr Auto. Die ebenso hübsche, gepflegte Dame des Hauses kniete im Vorgarten auf einer rosa Schaumstoffmatte und jätete Unkraut.
    Die glänzenden blonden Haare waren von einem breitkrempigen Strohhut bedeckt, und an den Händen trug sie braune Gartenhandschuhe. Ihre marineblaue Hose und ihr rosa T-Shirt waren für sie wahrscheinlich Arbeitskleidung, dachte Gage. Sie wandte den Kopf, als sie seinen Wagen hörte, und lächelte, als sie Gage sah.
    Das war für ihn immer schon wie ein kleines Wunder gewesen. Ihr Lächeln war echt, und es galt ihm. Sie zog
die Handschuhe aus und stand auf. »Was für eine nette Überraschung. Und was für schöne Blumen!«
    Sie streichelte ihm über die Wange und nahm den Strauß entgegen. »Blumen kann man nie genug haben. Komm, lass uns hineingehen, damit ich sie ins Wasser stellen kann.«
    »Störe ich dich?«
    »Gartenarbeit hört niemals auf. Ich kann es einfach nicht lassen.«
    Im Haus war es genauso. Sie polsterte, nähte, malte, machte hübsche kleine Arrangements. Das Haus war immer warm und einladend, nie steif und abweisend.
    Sie führte ihn durch die Küche in die Waschküche, wo ihre Blumenvasen standen. »Ich stelle sie nur rasch ins Wasser, dann bekommst du etwas Kaltes zu trinken.«
    »Ich will dich nicht aufhalten.«
    »Gage.« Sie wehrte seinen Protest ab. »Setz dich draußen auf die Terrasse. Das Wetter ist viel zu schön, um sich drinnen aufzuhalten. Ich hole uns einen Eistee.«
    Er gehorchte und ging nach draußen, weil er dann schon mal überlegen konnte, was er ihr sagen wollte und wie er es am besten formulierte. Der Garten hinter dem Haus war ebenso gepflegt wie der Vorgarten. Er wirkte perfekt, dabei aber völlig natürlich. Dahinter steckte viel Arbeit. Er wusste, dass sie routinemäßig jedes Jahr Pläne für ihre Beete und Kübel zeichnete, bevor sie mit dem Pflanzen begann.
    Sie trat auf die Terrasse. Auf einem Tablett standen ein grüner Glaskrug mit Eistee, die dazu passenden
Gläser und ein Teller mit Plätzchen. Sie setzten sich an den Tisch im Schatten und blickten über den Rasen und die Blumenbeete.
    »Diesen Garten werde ich nie vergessen«, sagte er. »Bei Fox auf der Farm war es wie im Abenteuerland, aber hier...«
    Sie lachte. »Was? Die Obsession von Cals Mom?«
    »Nein, eine Mischung zwischen Märchenland und Heiligtum.«
    Sie lächelte ihn warm an. »Das hast du aber hübsch gesagt.«
    Jetzt wusste er, was er sagen wollte. »Du hast mich immer hier aufgenommen. Ich habe heute darüber nachgedacht. Du und Fox’ Mutter, ihr habt mich immer aufgenommen. Ihr habt mich nicht ein einziges Mal weggeschickt.«
    »Warum um Himmels willen hätte ich das tun sollen?«
    Er blickte in ihre schönen blauen Augen. »Mein Vater war ein Trinker, und ich habe nur Probleme gemacht.«
    »Gage.«
    »Wenn Cal oder Fox irgendeinen Unsinn anstellten, habe ich sie meistens angestiftet.«
    »Nein, ich glaube, sie konnten das ganz gut von sich aus und haben dich oft mit hineingezogen.«
    »Du und Jim, ihr habt immer dafür gesorgt, dass ich ein Dach über dem Kopf hatte, und ihr habt mir zu verstehen gegeben, dass ich jederzeit zu euch kommen könnte. Ihr habt meinem Vater Arbeit gegeben, und das habt ihr nur für mich gemacht. Aber ihr habt mir nie das Gefühl vermittelt,
dass es aus Wohltätigkeit geschah. Ihr und Fox’ Eltern, ihr habt dafür gesorgt, dass ich Kleider, Schuhe und einen Job hatte, damit ich eigenes Geld besaß. Und ihr habt nie zu erkennen gegeben, dass ihr das nur aus Mitleid mit dem armen Turner-Jungen tut.«
    »So habe ich dich auch nie gesehen, und ich glaube, Jo Barry auch nicht. Du warst und bist der Sohn meiner Freundin. Deine Mutter war meine Freundin, Gage.«
    »Ich weiß. Aber du hättest Cal auch verbieten können, mit mir umzugehen. Ich bin immerhin derjenige, der an jenem Abend die Idee hatte, im Wald zu übernachten.«
    Sie blickte ihn an wie eine Mutter. »Und die beiden anderen hatten überhaupt nichts damit zu tun?«
    »Doch, klar, aber es war meine Idee, und das hast du vor zwanzig Jahren wahrscheinlich auch schon gewusst. Doch ich konnte trotzdem noch jederzeit zu dir kommen.«
    »Nichts von alledem war deine Schuld. Ich weiß nicht, was ihr sechs vorhabt, was ihr entdeckt habt und plant. Cal redet nicht mit mir darüber. Aber eins weiß ich mit Gewissheit: Was damals am Heidenstein passiert ist, war nicht deine Schuld. Und ohne euch drei, ohne all das, was ihr riskiert und getan

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