Morgenrötes Krieger
Kondensstreifen am Zenit erkannt und fernes Grollen gehört zu haben. Aber selbst das war unsicher. Was es auch gewesen sein mochte, es stand fest, daß es auf Eisen und Metall Einfluß hatte. Seit dem Angriff hatte kein einziger Kompaß mehr richtig funktioniert. Und dieser Effekt wurde in der Näher der Krater um so stärker. Magnetbomben, um Computer lahmzulegen? Man hatte schon von solchen Dingen gehört; allerdings wäre ein derart aufwendiges Waffensystem höchst unangemessen für einen Ort, wo es außer ein paar Rechenstäben keinen einzigen Computer gab. Chalcedon war eine Grenzwelt: Man brauchte sich um die Auswüchse der Datenverarbeitung nicht zu kümmern.
Mehr als das war in dieser Nacht des Feilschens und Handelns nicht in Erfahrung zu bringen. Und als letztlich jeder von ihnen erschöpft und nervlich am Ende war, brachen Han und Liszendir die Verkaufsverhandlungen ab, unterzeichneten jene Verträge, die zu einem Abschluß gekommen waren und versprachen, am nächsten Morgen umgehend zu liefern, falls Wagen und Transporter bereitstünden, um die Waren vom Raumschiff abzuholen. Die Termine wurden abgesprochen, dann verabschiedeten sich die einheimischen Händler und Kaufleute. Han und Liszendir sanken erschöpft auf das nächstbeste Gestell, das wie ein Bett aussah und schliefen auf der Stelle ein.
Klar und rein wie das Wasser einer alten Dorfquelle brach der Morgen herein. Der Federbaum stand auf der Ostseite des Hauses, und dennoch wurden sie von dem hereinfließenden Licht geweckt. Nach kurzem Frühstück gingen sie zu jenem Feld zurück, wo sie mit dem Schiff gelandet waren und wo sich inzwischen eine buntgemischte Menge versammelt hatte. Den größten Teil des langen Chalcedon-Vormittags beaufsichtigten Han und Liszendir das Be- und Entladen der Handelsgüter: ihre eigenen und jene, die sie dafür eingetauscht hatten.
Gegen Mittag war das meiste geschafft. Sie blieben allein zurück, inmitten eines gewaltigen Durcheinanders aus Bergen von Kisten, Kartons und anderem Plunder. Das Feld war aufgewühlt von Räderspuren, Hufen und Kufen. Die Pallenber war mit einer feinen Patina aus Staub und Dreck bedeckt.
Hath’ingar kam mit der letzten Wagenladung. Wie die anderen war auch er völlig verdreckt und verschmutzt, schien aber quicklebendig und voller Neugier.
„Ah, alles erledigt – den Profit eingestrichen, und jetzt nichts wie weg von diesem arg lädierten Planeten. Was ist denn das? Waffenkammern?“ fragte er überrascht, indem er auf einige verdächtig gewölbte Ausbuchtungen in der sonst glatten Außenhaut des Schiffbugs zeigte.
„Ja, Waffen“, antwortete Han. „Wir hielten es für angebracht, auf das Schlimmste vorbereitet zu sein. Wäre ja möglich, daß uns die Krieger über den Weg laufen – oder andere gewöhnliche Wegelagerer. Kommt schon noch vor – selbst in unserem Zeitalter. Angeblich soll das auch der Grund gewesen sein, warum Efrem so überstürzt abreiste: Er fürchtete um seine Haut.“
„So wird’s gewesen sein“, antwortete Hath’ingar zustimmend. „Dennoch war es nicht zu seinem Vorteil, stimmt’s? Jeder stirbt zu seiner Zeit, bei unterschiedlicher Musik: einige bei leichten Liebestönen, andere bei Heldenmärschen und Trara, wieder andere bei Grabgesängen – aber alle sterben!“
Dies klang merkwürdig fremd in Hans Ohren. Aber noch fremdartiger war Liszendirs Antwort, die sie stockend in ihrer eigenen Sprache formulierte: „Si-tasi maharalo al-tenzh-idh.“ Dann übersetzte sie für Han: „Das ist der Gang der Welt.“ Hath’ingar blieb die Antwort schuldig.
Es entstand eine Pause, als wüßte niemand so recht, was er jetzt sagen sollte. Dann ergriff Hath’ingar das Wort: „Was ist euer nächstes Ziel?“
Han entgegnete: „Ich denke, wir fliegen hinüber zur Westküste des Kontinents. Unsere Karten sind wahrscheinlich nicht ganz auf dem neuesten Stand, aber es soll dort angeblich eine größere Stadt geben. Bestimmt wurde sie ebenfalls stark getroffen; deshalb wird man auch dort einige Güter gut gebrauchen können.“
„Ja. Das wird Libreville sein. Sie leiden dort großen Mangel. Ich hörte, daß sie völlig ausgebombt wurden und die Stadt verlassen haben. Ich kenne noch andere Siedlungsplätze, die eure Ware ebenso nötig hätten. Glaubt mir, ich will mich nicht aufdrängen, aber ich könnte euch zeigen, wo diese Orte liegen. Ihr wäret hier schneller fertig und könntet euch sofort auf den Weg machen.“
Liszendir war schon ins Raumschiff
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