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Morgenroetes Krieger

Morgenroetes Krieger

Titel: Morgenroetes Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Anthony Foster
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der Musik paßte, besonders dann, wenn einige von ihnen die Tempi zeitweise erhöhten.
    Etwas fesselte Hans Aufmerksamkeit ganz besonders: alle Musiker schienen Menschen zu sein, was er au f grund der Hände leicht erkennen konnte. Aber dennoch hatten sie allesamt eine derart auffällige äußere Ähnlic h keit, daß man sie für Mitglieder einer einzigen Familie hätte halten können. Er schaute genauer hin. Nein, keine Familie – irgendwie anders. Er hatte schon Veranstaltu n gen gesehen, die von einer einzigen Künstlerfamilie bestritten wurden. Familienmitglieder haben ein Äußeres, das sich graduell unterscheidet, doch im wesentlichen die Verwandtschaft deutlich werden läßt. Diese hier sahen sich wohl ziemlich ähnlich, aber gerade die ungeheure Ähnlichkeit war es, die durch eine Vielfalt des Au s drucks und des Verhaltens der einzelnen Individuen g e stört und verzerrt wurde. Der Eindruck war so stark, daß man sie unmöglich für eine Familie halten konnte.
    Der zynische Haushofmeister, der sie hereingeführt hatte, betrat den Saal mit einer Geste, die zugleich Übe r heblichkeit und Unterwürfigkeit signalisierte. Dann baute er sich am Ende des Tisches auf und verkündete mit gr a vitätisch-sonorer Stimme: „Der Lord von Aving Hold und sein verehrter Gast!“
    Dann verschwand er wieder. Han erhob sich, und Li s zendir tal desgleichen.
    Zwei Gestalten kamen hinter dem Vorhang hervor und schritten lächelnd und ganz offensichtlich mit sich selbst zufrieden an den Tisch. Beide waren Ler, im Gegensatz zu den Dienern, und für Han und Liszendir vertraute B e kannte. Der kleine Kahlgeschorene war Hath’ingar, der größere jener ältere Ler, der sich Han in Boomtown mit dem Namen „Alphabet“ vorgestellt hatte. Er trug eine schwarze, mit Silberstreifen besetzte Robe, darunter ein einfaches, am Hals geschlossenes Hemd. Hath’ingar e r griff als erster das Wort, der andere wartete respektvoll. Er war hier trotz seines Titels und Ranges als „ Lord von Aving Hold“ dem Krieger Hath’ingar untergeordnet. Für Han und Liszendir war dies eine unangenehme Wende, und alles, was sie im Augenblick tun konnten, war, sich erstaunt anzuschauen, nachdem sie ihre Gastgeber e r kannt hatten.

8.
     
    Sinn und Zweck der Evolution ist die Schaffung von a u tonomen Lebewesen, die in der Lage sind, ihre Struktur der Umwelt anzupassen, um sie dann durch eine bewußt gefällte Entscheidung weiterzugeben: homo metamo r phose. Eine Gattung, so wie wir sie definieren, sei es Mensch oder Ler, ist bis auf den heutigen Tag durch di e se Umweltsbeziehung vermittelt. Wir sind nicht weise genug, um uns vorstellen zu können, wie ein Lebewesen diese Art von Entscheidung fällt oder wie es sich im Rahmen unserer Entscheidungsmaßstäbe verhalten wü r de.
     
    A l Tvanskorosi – Das Buch des Jüngsten Tages, Pe n dermnav Tlanh
     
    „So trifft man sich also wieder – aller guten Dinge sind drei!“ rief Hath’ingar mit jovialer Herzlichkeit. „Setzt euch, eßt und laßt es euch gut schmecken! Avings Köche sind die besten auf dieser Seite von Morgenröte, wie mir Reisende und andere Schurken berichtet haben. In Or d nung? Also vorwärts, langt zu! Ganz ohne Tricks und doppelten Boden.“ Er selbst setzte sich und begann mit großem Appetit und dem Ausdruck höchster Zufriede n heit und Wertschätzung zu essen. Der größere, Aving, gab den Musikern ein Zeichen, und sie begannen auge n blicklich eine entspannende Weise zu intonieren.
    Han und Liszendir waren wie vor den Kopf geschl a gen. Han schaute hinüber zu dem Ler-Mädchen. Es saß unbeweglich, wie paralysiert, und starrte auf das Paar am anderen Tischende. Er lehnte sich zu ihm hinüber und sagte: „Iß, Liszendir. Wir haben lange genug diesen Kle i ster ertragen müssen, den sie auf dem Schiff als Na h rungskonzentrat verwenden; wegen diesem Dreck wären wir beinahe verreckt. Also greif zu!“ Sie schaute auf i h ren Teller wie auf etwas völlig Fremdes, von dem sie nichts wußte und auch nichts wissen wollte. Dann bli n zelte sie und begann zu essen.
    „Ausgezeichnet, wirklich ein ausgezeichneter Rat. Warum hungrig in die Zukunft schauen – egal, wie sie auch aussehen mag? Wir alle brauchen wohlgenährte Bäuche gegen die Kälte und die Widrigkeiten des Schic k sals. Und außerdem haben wir uns viel zu erzählen – ein freundliches Essen kommt da gerade gelegen.“ Hath’ingar war die Ungezwungenheit in Person, ein M u sterbeispiel des perfekten

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