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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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der verdammten Karre und nicht wegen der Schmerzen ächzte.
    Adam saß halb bewusstlos neben ihr und beschmierte das cognacfarbene Kalbsleder mit dem geronnenen Blut, mit dem er von Kopf bis Fuß bedeckt war. Den Kopf hatte er nach hinten gelegt, und sie betrachtete die lila geäderten Augenlider und den leicht offen stehenden Mund, aus dem der flache Atem stoßweise kam.Teils klebte Adam das Haar dunkel und nass am Kopf, teils stand es wirr ab. Lea verspürte das Bedürfnis, es glattzustreichen.
    Nicht alle Kugeln, die Macavity hintereinander weg abgefeuert hatte, hatten ihren Weg in Adams Körper gefunden. Aber er hatte ausreichend Treffer in Kopf und Brust hinnehmen müssen, um besinnungslos zusammenzubrechen.
    Noch immer schauderte Lea, wenn sie an das gerade Erlebte dachte.
    Kaum war der Lärm verklungen gewesen, da hatte Lea seinen Oberkörper auf ihren Schoß gezogen und versucht, sich einen Eindruck von den Verletzungen zu machen. Aber eine Wunde an der Schläfe tauchte innerhalb kürzester Zeit alles in klebriges Rot, und bei dem Anblick von so viel Blut wurde ihr schlecht. Würgend heftete sie den Blick an die Wand und zählte ihre Atemstöße, bis Adam sich in ihren Armen gerührt hatte.
    Sie mussten weg von diesem Ort. Früher oder später würde jemand auftauchen, um den Grund für all den Lärm herauszufinden. Ohne lange nachzudenken, beugte sich Lea dicht über Adams Mund und presste seine Lippen auf die Wunde am Hals, die Macavity ihr geschlagen hatte. Die Verletzung war da, und ihr Blut floss bereits - warum also sollte es nutzlos in der Kleidung versickern?, versuchte sie sich selbst zu beruhigen.
    Sie spürte, wie Adam schwach an der Wunde zu trinken begann, im selben Rhythmus, in dem ihr das Herz in der Kehle pochte. Mit jedem Zug, den er nahm, klang ein Echo durch ihren Körper. Es war, als wisperten Stimmen durch ihre Adern, riefen einen Namen. Das Herz verdoppelte seine Kraftanstrengungen, ließ frisches Blut zur Wunde hinaussprudeln: eine gern gemachte Gabe.
    Lea entspannte sich.Wie gut sichAdams Lippen an ihrem Pulsschlag anfühlten... Doch während sie in die lockende, samtene Dunkelheit abtauchen wollte, ließ Adam den Kopf zurückfallen. Einen Augenblick lang verharrte er mit geschlossenen Augen, als könne er sich nicht dazu durchringen, aus einem Traum aufzuwachen. Dann richtete er sich mühsam auf Hände und Knie, tunlichst darauf bedacht, Leas fieberhaften Blick zu meiden.
    Wortlos machten sie sich auf den Weg über leere Korridore, wobei Lea dem halb kriechenden, halb robbenden Adam mit ihrer schmerzenden Schulter keine große Hilfe war.
    Unterwegs legten sie eine Pause ein, weil die Braunüle in Leas Armbeuge zu einem brennenden Dorn geworden war. Es wollte ihr einfach nicht gelingen, die Nadel herauszuziehen. Bei jedem einzelnen Blick auf die Braunüle, die in dem geröteten Fleisch steckte, wurde ihr schummerig. Adam betrachtete sie missmutig, als nähme er es ihr übel, dass sie Zeit mit solch einer Kleinigkeit verschwendete. Schließlich streckte er die zitternde Hand nach ihr aus. Finger und Handrücken waren über und über mit geronnenem Blut verschmiert. Und ehe Lea einen klaren Gedanken fassen konnte, hatte sie die Braunüle selbst gezogen.
    Irgendwie war es ihnen gelungen, zum Aufzug zu gelangen. Trotz der kargen Notbeleuchtung in dieser verwaisten Tiefgarage entgingen Lea die beiden zusammengesunkenen Körper in der Nähe des Aufzugs nicht. Das mussten zwei von Pis Wachmännern gewesen sein. Sie überlegte kurz, ob diese Männer Adams Bekanntschaft gemacht hatten oder von einem rachsüchtigen Chef für ihr Versagen abgestraft worden waren.
    Mit enormer Kraftanstrengung war es ihr schließlich gelungen, Adam auf den Beifahrersitz seines Wagens zu helfen. Aber diesen englischen Wagen aus der Parklücke zu fahren wollte einfach nicht klappen. Mit starrer Miene machte sie sich erneut am Zünder zu schaffen und biss die Zähne fest zusammen, als sie die Gaszufuhr so zu dosieren versuchte, dass der Motor nicht gleich wieder absoff. Warum war es den Kerlen bloß so ungemein wichtig, dass unter einer Nobelkarosse derart viele PS lauerten, dass sich das Baby von Normalsterblichen kaum bezwingen ließ?
    Lea hatte nur noch einen Versuch, dann würde der Wagen mit der Schnauze gegen die Wand knallen. Wenn es nach ihrem Frustpegel Schrammen abzubekommen. Allerdings dürfte es sich bestimmt als wenig hilfreich erweisen, mit einem demolierten Luxuswagen herumzufahren, wenn neben einem

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