Morgenrot
gegen den rustikalen Couchtisch stemmten.
Das alte Cordsofa und der aus grob behauenem Stein gefertigte Kamin bildeten das Herz der Hütte. Auf dem Sims stand eine Sammlung von Erinnerungsstücken: verdorrte Kastanienmännchen, Familienfotos, selbst getöpferte Aschenbecher mit Sprüngen. Die Dielen des Bodens schimmerten golden im Feuerschein, wo sie nicht von rotund braunfarbenen Läufern bedeckt wurden. Das Knistern, wenn die Feuerzungen über das trockene Brennholz leckten, glich einer beruhigenden Melodie. Alles schien die Einladung auszusprechen, die Trübsal abzuschütteln und die heimelige Wohnhöhle zu betreten.
Stell dich nicht so an, versuchte sie sich selbst anzuspornen. Bestimmt hat Adam bereits mitbekommen, dass du dich bei der Tür versteckst, anstatt zu ihm zu gehen und um Versöhnung und Zuneigung zu betteln.
Als schiebe sie jemand von hinten an, tapste Lea zum Sofa, auf dem Adam es sich gemütlich gemacht hatte und eine vergilbte Anglerzeitschrift las. Neben ihm lag zusammengerollt die schnurrende Katze.
»Hat Minou denn keine Lust, sich draußen ein wenig umzuschauen?«, fragte sie mit dünner Stimme, nachdem sie mit einem Sicherheitsabstand vor Adam stehen geblieben war. Dabei rang sie die Hände, als könnte sie damit ihre Verlegenheit strangulieren.
»Sie war schon die ganze Nacht und den Tag über unterwegs. Jetzt braucht sie wahrscheinlich mal eine Pause«, sagte er unverbindlich, ohne jedoch den Blick von der Zeitschrift zu heben.
Sie ließ den Blick zu den Fenstern über der offenen Küchenzeile wandern und stellte fest, dass es bereits wieder dämmerte. Sie hatte eine halbe Ewigkeit geschlafen, nachdem sie gesternAbend ins Bett gefallen war.
»Sie hat eine Maus gefangen und mir halb angefressen vor die Füße gespuckt. Ihr Frauen habt eine seltsame Art, Zuneigung unter Beweis zu stellen«, meinte er dann und sah sie endlich an. Die Mischung aus Wärme und Belustigung, die in seinen Augen funkelte, brach den Bann, und bevor sie sich versah, hüpfte sie auf das Sofa und kuschelte sich an Adams freie Seite.
Mit einem Seufzen ließ er die Zeitschrift sinken und legte einen Arm um ihre Schultern. Dann vergrub er das Gesicht in ihren Haaren. Als er wieder auftauchte, wischte er die Strähnen zurück und presste zärtlich die Lippen gegen ihre Schläfe, als wolle er ihren aufgebrachten Puls fühlen. Dabei verstärkte er den Griff um ihre heile Schulter, streichelte sie zuerst vorsichtig, dann deutlich.
Plötzlich wurde Lea sich Adams warmen und drängenden Körpers bewusst. Doch ganz gleich, wie sehr sie sich immer nach seiner erregenden Nähe gesehnt hatte, in diesem Augenblick konnte sie seine Zärtlichkeiten nicht ertragen. Sie fühlte sich zu ausgebrannt, um sich ihrer Lust zu überlassen und seinen Körper zu erforschen. Noch immer dröhnten ihr die Schüsse in den Ohren, und die Bilder von Nadines geschundenem Körper und dem widerlichen Grinsen in Macavitys Gesicht waren viel zu frisch.
Sie stöhnte frustriert auf, als eine Zungenspitze ihren Hals entlangstrich, und wie auf Kommando zog Adam sich zurück.Aber anstatt beleidigt zur Anglerzeitschrift zu greifen, wie sie in einem Anflug von Panik befürchtete, sah er sie nur prüfend an. Dann stand er so geschmeidig auf, dass nicht einmal die Katze sich gestört fühlte, und machte sich beim Küchenregal zu schaffen. Er kehrte mit einer geöffneten Weinflasche und zwei Gläsern zurück. Als er sich wieder auf seinen Platz setzte und den Arm um sie legte, hatte die Geste etwas beruhigend Vertrautes.
»Wir könnten uns ein paar alte Folgen von Buffy, the Vampire Slayer anschauen«, schlug Lea vor, wobei sie ungewollt kläglich klang. Aber sie brauchte eine Pause, um sich zu erholen, ehe sie sich Adams ungewohnt offener Zuneigung und den dazugehörigen Konsequenzen stellen konnte. »Ich muss mich dringend entspannen, einfach abschalten. Mit Buffy geht das am besten ...«
Zuerst sah Adam sie scheel aus den Augenwinkeln an, als suche er nach einem Beweis dafür, dass sie ihn lediglich auf den Arm nehmen wollte. Doch dann zuckte er mit der Schulter. »Meinetwegen.«
Im Laufe des Abends ließ sie die rasche Abfolge von Bildern auf sich einrieseln, trank Rotwein, ohne beduselt zu werden, und vermied es, auch nur einen Fühler in Richtung Innenleben auszustrecken. Sie war zufrieden, Adam neben sich zu spüren, ohne sich weiter Gedanken darum machen zu müssen. Er war bei ihr und zeigte keinerlei Fluchtreflexe oder Abwehrverhalten. Mehr
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