Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
Vom Netzwerk:
auf den Nachttisch gestellt hatte. Gleich würde sie denArm ausstrecken und sich ein Glas eingießen.Aber imAugenblick sah sie sich außerstande, sich auch nur einen Millimeter zu rühren. Sie dämmerte noch eine Zeit lang vor sich hin, bis schließlich die Tür aufschwang, und Adam mit einem Duft nach Gras und nassen Blättern den Raum betrat.
    Wie lange auch immer Lea in diesem komatösen Zustand verbracht haben mochte, es hatte ausgereicht, um Adam vollends wiederherzustellen: nicht mal eine Ahnung von Schatten unter den Augen, die Gesichtszüge entspannt. Sie glaubte sogar einen Hauch von erster Sonnenbräune zu erkennen, und die Sommersprossen auf der Nase und den Wangen verliehen ihm einen unverschämt munteren Ausdruck. In diesem Augenblick hätte sie viel dafür gegeben, wenn sein Aussehen der allgemeinen Folklore seine Art betreffend entsprochen hätte. Aber wahrscheinlich hätten diesen Kerl nicht einmal blutunterlaufene Augen und kalkweiße Haut entstellt.
    Obwohl Adam immer noch in den gleichen Sachen steckte, die Lea ihm im Hotel gegeben hatte, hätte er in diesem Aufzug jede von Türstehern abgeschirmte Clubtür passiert. Bestimmt hatte er inzwischen einen gesunden Streifzug durch die Natur unternommen und unterwegs einen Jogger gefrühstückt, dachte Lea biestig.
    Ohne Adams Lächeln zu beachten, zog Lea sich die Bettdecke, die nun mit einem Blümchenmuster überzogen war, bis zur Nasenspitze. Siewar der festen Überzeugung, dass ihr Gesicht ein einziges Katastrophengebiet war, während ihre Frisur bestimmt einer Perserkatze glich, die sich selbst aus ihrem Grab freigebuddelt hatte.
    »Na, wieder von den Toten auferstanden?«, fragte Adam voller Unschuld und raschelte mit einer braunen Papiertüte.
    »Wenn du glaubst, mit dieser Gute-Laune-Nummer punkten zu können, hast du dich geirrt«, zischte Lea. Allerdings büßten ihre Worte etwas an Wirkung ein, da sie von der Decke gedämpft wurden.
    Adam hielt überrascht inne, dann setzte er sich auf die Bettkante und breitete seine Beute vor ihr aus. Frisch duftende Backwaren. In diesem Raum duftete scheinbar alles frisch - bis auf sie selbst.
    »Ich habe einfach das genommen, was am besten aussah«, sagte er versöhnlich.
    Es gelang ihr, mit einigen Verrenkungen einen nackten Arm unter der Decke hervorzuholen, ohne zu viel Luft entweichen zu lassen. Den Blick hielt sie habichtartig auf Adams Nasenflügel gerichtet, jeden Moment ein pikiertes Rümpfen erwartend. Sie schnappte sich einen Donut und kratzte mit spitzen Fingern den Zuckerguss ab.
    »Das, was am besten schmeckt, wäre mir eigentlich lieber gewesen.«
    Sobald die Worte ausgesprochen waren, ärgerte sie sich über ihr zickiges Verhalten. Aber die Ungerechtigkeit dieses Morgens wog schwerer, so dass sie nicht einmal versuchte, etwas Beschwichtigendes hinterherzuschicken. Vielleicht wäre sie dazu imstande gewesen, wenn sie ein Beauty-Wochenende der Spitzenklasse hinter sich gehabt hätte.
    Stirnrunzelnd stand Adam auf. »Ich sehe mich draußen mal nach Brennholz um.« Und schon zog er die Tür hinter sich zu - eine Lea zurücklassend, die sich am liebsten selbst mit dem Daunenkissen erstickt hätte.
    Ein schüchterner Blick in den Spiegel im kleinen Bad bestätigte ihr, dass sie so schlimm aussah, wie sie es befürchtet hatte. Abgekämpft und mit jeder Menge Spuren ihrer Entführung übersät: Eine aufgeschlagene Augenbraue, der Hals ein einziges blutiges Schlachtfeld, und auf der Hüfte prangte ein hässlicher Schnitt von ihrem Sturz durch das zerbrochene Schlafzimmerfenster.
    Nach einer endlos langen Dusche, die wenigstens die schlimmstenVerspannungen abmilderte, und einigen dürftigen Aufhübschversuchen vor dem Spiegel fühlte sich Lea immer noch nicht in der Lage, Adam unter die Augen zu treten. Sie hörte ihn in der Wohnstube rumoren, während sie auf dem Bett hockte und Backwaren mit schalem Wasser hinunterspülte.
    Sie fühlte sich ausgebrannt und übellaunig. Nicht etwa, als sei sie Wahnsinn und Todesangst ausgesetzt gewesen, sondern leide lediglich unter einer prämenstruellen Phase. Oder war nur sie so eine mürrische Trantüte, der es niemals gelingen würde herauszufinden, an welchen Körperstellen Adam weitere Sommersprossen versteckte?
    Angeregt von dieser Vorstellung, sprang Lea vom Bett auf und stürmte zur Tür, um zunächst einmal vorsichtig durch den Türspalt zu linsen. Sie erhaschte einen Blick auf den Kamin, in dem ein Feuer brannte, sowie auf Adams besockte Füße, die sich

Weitere Kostenlose Bücher