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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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einem derartig komplexen Thema kommt man mit einer einzigen Sichtweise nicht besonders weit. Da muss man schon offen sein und neue Wege beschreiten. Demut vor dem Objekt. Der Mensch war ja schon immer mein Steckenpferd, wie Sie vielleicht wissen, und da lernt man ja bekanntlich nie aus. Darum ist dies ein besonderes Werk ... gehört zum Kanon, regelrecht empfehlenswert, wenn nicht sogar zwingend, wenn man sich dem Menschen in seiner brillanten Komplexität annähern will. Da muss man auf Scheuklappen verzichten und darf nicht immer nur geradeaus schauen ...«
    Allmählich versiegte der Redefluss, und Professor Carriere schaute sie mit einem Ausdruck an, als habe er den roten Faden verloren und hoffte, dass sie ihm wieder auf die Sprünge helfen würde.
    Einen Moment lang versuchte Lea, aus dem eben Gehörten schlau zu werden. »Wie lautet denn der Titel dieses herausragenden Werkes?«
    Mit zwei Fingerspitzen tippte Professor Carriere kurz gegen seine Unterlippe, dann griff er nach dem Buch und hielt es hoch, damit sie den Umschlag sehen konnte: Ein Mann mit Cape. Eine vor Ekstase fast besinnungslose Frau. Ein Garten im Mondschein. Professor Carriere dozierte über einen Liebesroman, einen sogenannten »Nackenbeißer« ... wie passend, befand Lea, während ein kleiner Schwall hysterischen Kicherns ihre Lippen passierte.
    »Bemerkenswerter Lesestoff, wenn man ihn richtig zu handhaben weiß! Ich besitze noch weitere Werke der Autorin«, sagte der Professor im Ton eines stolzen Sammlers.
    »Und sogar jeweils mehrere Exemplare«, erwiderte Lea matt.
    »Sie nutzen sich rasch ab.«
    Sie warf ihm einen prüfenden Blick zu. Dieses Gespräch konnte er unmöglich ernst meinen. Aber so sehr sie auch danach suchte, sie konnte nirgends das verräterische Aufflackern in Professor Carrieres Augen erkennen, dass er sich innerlich ausschüttete vor Lachen. Sie dachte an die Kamera, die ihr durch den Raum gefolgt war, und stellte sich Adalbert vor, der sich am Anblick eines völlig verwirrten Etienne Carrieres ergötzte.
    »Und was treiben Sie zurzeit?«, fragte der Professor. Seine Hände machten Anstalten, die leere Teetasse zu umfassen.
    Leas Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: »Ich nehme mir gerade eine kleine Auszeit von Adam, der kurz davor ist, den Kampf gegen den Dämon zu verlieren.«
    Professor Carrieres Finger wanderten zurück zu seiner Unterlippe, den Blick unstet auf die Glühlampe im Kamin gerichtet.
    »Dämon«, wiederholte er sanft.
    In dem Augenblick wusste Lea, dass sie einen Fehler begangen hatte. Eigentlich hatte sie den Professor lediglich reizen wollen, damit er die verdammte Teetasse in Ruhe ließ. Gleichzeitig war die Provokation ein Versuch gewesen, ihn aus seiner Versenkung hervorzulocken. Professor Carrieres Gesichtsausdruck zufolge war ihr das auch durchaus gelungen ... Sie hatte Dornröschen wach geküsst, nur dass Dornröschen sich gerade als böse Fee entpuppte.
    Mit einem Mal waren Professor Carrieres Züge von einer Härte überzogen, die Lea nur allzu gut von Adam kannte: Der Dämon gab sich die Ehre. Die feinen Augenbrauen zurrten mittig zusammen, die Nasenflügel blähten sich auf, die Kiefermuskeln sprangen scharf hervor. Obschon der Professor sie nicht direkt ansah, war sie sich sicher, dass alles Verträumte aus seinen Augen mit einem Schlag verschwunden war. Stattdessen würde eine Klarheit Einzug gehalten haben, die ihr Ziel vor sich wusste.
    In einem Moment dachte Lea noch über Flucht nach, im nächsten umfing sie der Sog des Dämons. Es schien, als werde sie magnetisch angezogen. Unweigerlich. Einem Naturgesetz folgend, das besagte: Gegenwehr ist sinnlos.
    Lea keuchte. Als der Professor sie schließlich ansah, blinkten schlagartig alle Warnlichter gleichzeitig auf. Das innere Alarmsystem fackelte ein Feuerwerk ab, Leas Körper reagierte sofort: Mit einem Handschlag wischte sie das Teeservice vom Tisch. Die Kanne und die Tassen knallten gegen die Wand, zersprangen in Bruchstücke. Zwei kleine Blechlöffel flogen hinterher, und einer davon zerschlug die niühlamnp im Kamin wip sip mit Gpnuatiiun0 fpststpllfp
    Das eben noch hoheitlich erstrahlte Antlitz des Dämons zuckte vor Raserei, um augenblicklich verbannt zu werden. Ein bekümmert dreinschauender Professor Carriere wandte sich dem Chaos aus Porzellan zu, als hätte es die Sekunden der Machtübernahme durch den Dämon nicht gegeben.
    »Meine Liebe, wie konnte das denn nur geschehen?« Er schüttelte den Kopf und hob einige der

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