Morgenrot
mit einem Krachen herausbrechen. Sofort ergoss sich ein Schwall dunklen Wassers in das überflutete Flussbett. Ein Anblick, der Lea überhaupt nicht gefiel und sie augenblicklich ihre Erschöpfung vergessen ließ.
»Adam!«, rief sie, woraufhin dieser aufhörte, Maiberg durchzuschütteln. »Wir sollten den Aufzug nehmen, ehe Adalbert oder der Kollektor hier auftauchen oder wir unter einer Steinlawine begraben werden.«
Mit dem Kinn deutete Adam auf Maiberg und hob dabei fragend die Augenbrauen.
»Maiberg kommt mit«, entschied sie. »Er kennt den Weg aus diesem Höhlenlabyrinth. Oder ziehst du es vor, hier unten abzusaufen?«, fragte sie den schmächtigen Mann, woraufhin dieser eifrig den Kopf schüttelte.
Adam ließ seine Hand in Maibergs Hosentaschen wandern, der sich verlegen wand und rote Wangen bekam. Mit einem verächtlichen Schnaufen zog er schließlich ein Taschentuch hervor und knebelte ihn damit. Dann wateten die drei durch das inzwischen knöcheltiefe Wasser zum Aufzug. Oben angekommen, gab Lea dem verwaisten Regiestuhl des Kollektors einen Stoß, so dass er über die Kante des Vorsprungs kippte. Bevor er unten ins schnell ansteigende Wasser schlug, war sie den anderen schon um die Ecke gefolgt.
Der Tunnel, der von der Höhle wegführte, war so niedrig, dass Adam den Kopf einziehen musste. Beim Anblick der ungewöhnlich ebenmäßigen Oberfläche der Wände fragte Lea sich, auf welche Art und Weise das Höhlensystem einst erschlossen worden war. Die Gänge verliefen oftmals sehr gerade, als hätte man sich einen Weg frei gesprengt. Die Höhle, in der Adam und sie gefangen gewesen waren, schien abseits der restlichen Gefängniszellen zu liegen: Alles war provisorisch hergerichtet, notdürftig zusammengeschustert -vom Aufzug über die Stromversorgung bis hin zum Beobachtungsposten auf dem Vorsprung. Da trug Etienne Carrieres Kerker schon eine ganz andere Handschrift. Wahrscheinlich war es reines Glück gewesen, dass die andere Höhle, von der Randolf gesprochen hatte, nicht mehr von Nutzen war. Denn hier gab es weder eine Sicherheitstür noch Kameras. Die Flucht war das reinste Kinderspiel.
Mit einer Stabtaschenlampe beleuchtete Lea den mit Geröll übersäten Boden, der zu ihrem Unwohlsein abwärts und somit tiefer ins Erdreich hineinführte. Wasser folgt der Schwerkraft, dachte sie bedrückt.Was, wenn die Höhle in ihrem Rücken beim nächsten Riss in der Felswand vollief? Dieser niedrige Tunnel, durch den sie nur mühsam vorankamen, würde sich im Handumdrehen in ein nasses Grab verwandeln zumindest für die Sterblichen unter ihnen.
Schließlich gelangten sie an eine Weggabelung. Auf der einen Seite setzte sich der rohe Tunnel fort, auf der anderen endete der Gang vor einer raumfüllenden Betonwand, in die eine doppelflügelige Metalltür eingelassen war. Dahinter vermutete Lea das Gangsystem, dass ein künstlich geschaffenes Innenleben in einer oder mehreren Höhlen bot. Ein Stück weit über der Tür klaffte eine Lücke in der Wand, wahrscheinlich von einem der vielen Einstürze. Dahinter verbare sich ein Hohlraum, schwarze Leere.
»Na los, Maiberg! Mach dich nützlich«, forderte Adam Maiberg auf, dessen Finger sogleich über das Display neben der Tür tanzten.
Lea blinzelte in den vom Notlicht trübe beleuchteten Gang, der nach einigen Metern eine scharfe Linkskurve machte. Entmutigt wich sie einen Schritt zurück und senkte den Blick, als Adam sie fragend anschaute.
»Welcher Weg führt nach draußen?«, fragte Adam deshalb den hysterisch blinzelnden Maiberg und nahm ihm den Knebel ab.
»Beide«, erwiderte Maiberg, wobei er sich vor Eifer beinahe überschlug. »Wenn man dem Tunnel folgt, kommt man irgendwann zu einem Senkschacht. Allerdings funktioniert der Aufzug nur, wenn man den Sicherheitsschlüssel hat, und den besitzt nur der Kollektor. Die einzige Kopie ist beim ersten großen Erdbeben verschüttet worden. Ohne Aufzug kommt man aber nicht hoch, weil die Wände zu steil zum Klettern sind.Wir müssen durch das Kabinett durch - ich meine, durch die verschiedenen Zellentrakte.« Maiberg kicherte aufgelöst. Es klang so, als büße er gerade ein Stück seines Verstandes ein. »Wir müssen zur Garage, zu einem der Wagen. Uns bleibt nur der lange Weg.«
»Bist du dir sicher, dass die Sache mit den Fledermausflügeln auch wirklich reine Folklore ist? Die Idee mit dem Senkschacht gefällt mir nämlich besser«, sagte Lea, einen beklommenen Blick in den Betongang werfend. Sie dachte an die
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