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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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putzte sich erneut die Nase, die seit der Nacht am Kanal nicht mehr aufhören wollte zu laufen. Dann hämmerte sie das Schlusswort nieder, wobei Meißel und Stein eigentlich passender gewesen wären als ihr altersschwacher Laptop.
    Nun hatte sie eine beschämend durchschnittliche Arbeit abgegeben, sich eine tot stellende Kreatur der Nacht angelacht und beim Rendezvous am Kanal eine hartnäckige Erkältung eingefangen.War das Leben nicht schön?
    Später sah Adam ihr regungslos dabei zu, wie sie andächtig über die blaue Tinte seiner Anmerkungen strich. In diesem Moment hätte Lea viel dafür gegeben, wenn er ihr dasselbe abfällige Lächeln wie bei ihrer ersten Begegnung geschenkt hätte. Spott und Hohn wären allemal besser zu ertragen gewesen als diese gleichgültige Maske, die er nicht mehr abnahm.
    Eine erneute Welle der Enttäuschung überkam sie und kitzelte ihre ansonsten tief schlummernde Rachsucht wach: Ob er in seiner Starre verharren würde, wenn sie ihm kurzerhand auf den Schoß kletterte und ausprobierte, ob der leichte Bartschatten an seiner Kehle auch wirklich kratzte? Oder ob ihre Lippen auf dem Weg zu seinem Mund nur eine leichte Rauheit spüren würden, während sich die Wärme und der Duft seiner Haut unwiderstehlich vermischten und jede Beherrschung vergessen ließen? Sie wollte das sich im Nacken leicht wellende Haar berühren, herausfinden, wie es sich anfühlte. Dicht? Geschmeidig? Sie sehnte sich danach, zu erforschen, ob die blassen Sommersprossen, die Nase und Wangen bedeckten, auch auf den Schultern und weiter darunter zu finden waren.
    Was konnte schon passieren? Dass er sie beiseitestieß? Wütend wurde? Sich angewidert von ihr abwendete? Mittlerweile war Lea jede Reaktion lieber als gar keine. Sie würde es kaum länger ertragen, dass Adam stoisch die Lea-Show genoss. Wenn man in Anbetracht seines dauerhaft freudlosen Gesichtsausdrucks überhaupt von Genießen sprechen konnte.
    Selbst wenn er sich bei ihrem Überfall weiterhin regungslos stellen würde, dann käme wenigstens sie auf ihre Kosten. Auf eine ziemlich erniedrigende Weise, mahnte der gut erzogene Teil in Lea mit empörter Stimme. Ruhe!, hielt sie dagegen, aber nicht sonderlich entschieden, denn sie musste sich erneut die Nase putzen.
    Niedergeschlagen gestand Lea sich ein, dass sie sich zu schwach fühlte, um Adam wie eine wehrhafte Festung zu erobern. Stattdessen warf sie das gerade benutzte Taschentuch nach ihm. Strafe muss sein, sagte sie sich. Das Taschentuch landete vor seinen Füßen, und Adam warf ihr einen prüfenden Blick zu, den sie nicht recht zu deuten wusste. Allmählich verlor sie das Interesse daran, sich den Kopf zu zermartern. Sie war müde und erschöpft und deprimiert und fühlte sich gar nicht gut.
    Adam verschwand kurz hinter der Küchenzeile und kehrte mit einem dampfenden Becher in den Händen zurück. Obwohl der Tee verführerisch nach Fürsorge duftete, konnte Lea sich kaum dazu aufraffen, ihn entgegenzunehmen. Ihre Glieder klebten hartnäckig an der Matratze fest, der Druck hinter ihren Augen war nicht auszuhalten.
    Erneut stellte sie fest, dass Adam sie beobachtete, als sei sie das Ergebnis eines interessanten Experiments. Aber für eine Beschwerde fühlte sie sich zu betäubt. Selbst das Werfen vollgeschnupfter Taschentücher war ihr mittlerweile zu mühsam.
    Schließlich wickelte Adam sie wie ein kleines Kind in Decke und Mantel, nahm sie in seine Arme und verließ mit ihr die Wohnung. Sie schnaubte nur kurz, um ihren Protest zum Ausdruck zu bringen. Ehe er sie auf die Rückbank seines Wagens legen konnte, war sie bereits in einen traumlosen Schlaf gefallen.
    Etienne hatte versucht, ihn zu beruhigen. Aber was wusste Etienne schon von der Verletzlichkeit des menschlichen Körpers, wo er sich seit einer schieren Ewigkeit nur mit den Werken des Geistes beschäftigte? Adam hatte ihn wütend angeblickt und ohne ein weiteres Wort dif> Villa verlassen
    Er hatte es kaum ertragen können, Leas leblosen Körper zu betrachten, sie all jener Energie beraubt zu sehen, die ihn magisch anzog. Ihm fehlte ihre lebendige Mimik, die stets mehr von ihren Gefühlen verriet, als ihr lieb sein mochte. Ihre klare Stimme, die Unvorhersehbarkeit ihrer Worte. Und nun lag sie einfach nur da, die Wangen schimmerten unnatürlich rot im blassen Gesicht, das Haar nass geschwitzt von Fieber.
    Unwillkürlich drehte sich Adam der Magen um, und er lehnte sich atemlos gegen eine Häuserwand. Eine ältere Dame, die mit Einkäufen

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