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Morgenrot

Morgenrot

Titel: Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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wiederkommen?«, fragte sie und ärgerte sich sogleich über den flehenden Unterton in ihrer Stimme.
    Adam nickte zögernd. »Ist heute Abend zu früh?«
    »Nein!«
    »Dann komme ich zu dir.«
    Leas Augen folgten ihm, bis er um die Ecke des Hausflurs gebogen war. Dann schloss sie mit tauben Fingern die Tür auf und genoss die entgegenströmende Hitze. Sie behielt die Kleidung an, kochte sich einen Tee und setzte sich dann mit dem einzigen Stuhl dicht ans Fenster, um in den aufklarenden Himmel zu blicken. Als das Zittern ihres Körpers endlich nachließ, schälte sie sich umständlich aus Adams Mantel und legte ihn über das Waschbecken. Während sie sich nach und nach bis auf die Wäsche auszog, behielt sie den Mantel stets im Auge. Ein eindringlicher metallischer Geruch ging von ihm aus, der den ältesten Teil ihres Gehirns in kurzen Intervallen das Wort »Gefahr« senden ließ.
    Das hätte dir auch früher einfallen können, dachte Lea gereizt. Nun ist es zu spät. Mit einem Schlag, als wäre Adams Bann durch seine Abwesenheit aufgehoben worden, erkannte sie die ganze Wahrheit, die in seinem Geständnis lag: Sie hatte sich unsterblich in einen Mann verliebt, der von einem Dämon beherrscht wurde. Von einem Dämon, der Lea um jeden Preis besitzen wollte. Warum glaubte sie bloß, dass Adams Interesse an ihr groß genug war, um dem Drängen des Dämons zu widerstehen?
     

4. Eiszeit
    Die folgenden Tage zogen wie im Traum an Lea vorbei. Seit dem verwirrenden Gespräch am Kanal hatten sie und Adam es peinlichst vermieden, das Thema erneut anzusprechen. Nach wie vor wachte sie jede Nacht auf, weil ihr Stammhirn Warnrufe sandte und das Herz ihr vor Panik aus der Brust zu springen drohte. Doch ehe sie die Augen öffnete, spürte sie stets, wer dort in der Dunkelheit saß und mit seinem ganz persönlichen Dämon kämpfte.
    Am Tage tauchte ein schweigsamer, bis an die Schmerzgrenze distanzierter Adam bei ihr auf, wann immer ihm der Sinn danach stand.Wenn sie vom Einkauf nach Hause kam, fand sie ihn neben ihrer Zimmertür vor, einmal stand er plötzlich während eines Stromausfalls in der Bibliothek hinter ihr. Er fing sie nach den Vorlesungen vor dem Hörsaal ab, wobei er nur Augen für sie hatte und die anderen Studenten und ihre neugierigen Blicke unbemerkt an ihm abprallten.
    Lea bemerkte diese Blicke umso mehr. Sie wusste nicht so recht, was sie von der Aufmerksamkeit halten sollte, die Adam unentwegt auf sich zog. Die meisten Menschen schienen sich von ihm angezogen zu fühlen, wagten es allerdings nicht, sich ihm zu nähern. Was nun seiner Schönheit oder was dem Wirken des Dämons zugeschrieben werden konnte, blieb ihr ein Rätsel.
    Als Adam an einem Vormittag wartend in der Halle des Universitätsgebäudes stand, packte Jazna sie am Ellbogen, während sie gemeinsam die Treppe hinuntergingen. Da Jazna die letzten Tage wegen eines Familienproblems nicht in der Universität gewesen war, hatte sie noch nichts von den Gerüchten gehört, die von Lea und ihrem geheimnisvollen Schatten erzählten.
    »Schau mal, da ist dieser geheimnisvolle Kerl wieder, der bei Professor Carriere lebt«, flüsterte sie nun Lea ins Ohr, und in ihrer Stimme lag eine Mischung aus Erregung und Misstrauen. »Ich steh total drauf, wie der sich bewegt. Da möchte man doch glatt...« Jazna lachte laut auf und machte eine eindeutige Bewegung mit der Hüfte.
    Lea zuckte zusammen.
    In den letzten Tagen hatte sie immer wieder mit dem Gedanken gespielt, sich Jazna anzuvertrauen, zumindest was ihre Zuneigung für Adam betraf. Sie fühlte sich vom Leben abgekapselt, und selbst wenn Adam bei ihr war, nagte zunehmend die Einsamkeit an ihr. Obwohl Lea es nach dem frühen Tod ihrer Mutter und der zeitraubenden akademischen Karriere des Vaters gewohnt war, auf sich allein gestellt zu sein, flackerte das Bedürfnis nach Freundschaft und Verständnis immer öfter auf.
    Nun betrachtete sie Jazna prüfend von der Seite und spürte Unsicherheit aufsteigen. »Wahrscheinlich will er mich abholen«, sagte sie deshalb zaghaft.
    Jaznas Kopf flog herum und in ihrem Gesicht spiegelte sich pure Ungläubigkeit. »Dich?«
    Angesichts ihres verächtlichen Schmollmunds verwarf Lea den Gedanken, ihr von ihrer Verliebtheit zu erzählen. Offensichtlich war ihre Beziehung zu Adam in so mancher Hinsicht viel zu fantastisch.
    Während Adam ihnen auf der Treppe entgegenkam, sagte Jazna leise: »Mit welchem Trick hast du dir denn den geangelt? Leitet dein Vater irgendeinen

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